Sankt Anna-Kapelle in Burrweiler

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege, Architekturgeschichte
Gemeinde(n): Burrweiler
Kreis(e): Südliche Weinstraße
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 15′ 1,55″ N: 8° 03′ 53,47″ O 49,25043°N: 8,06485°O
Koordinate UTM 32.431.944,92 m: 5.455.716,42 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.431.993,17 m: 5.457.459,71 m
  • St. Annakapelle Burrweiler (2020)

    St. Annakapelle Burrweiler (2020)

    Copyright-Hinweis:
    Bernhard Wingerter; Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler)
    Fotograf/Urheber:
    Bernhard Wingerter
    Medientyp:
    Bild
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  • St. Annakapelle Burrweiler (2020)

    St. Annakapelle Burrweiler (2020)

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Die Sankt Anna-Kapelle ist eine katholische Wallfahrtskapelle in der Gemeinde Burrweiler. Die Kapelle steht auf dem Annaberg in 423 Metern Höhe, etwa 170 Meter oberhalb der Ortslage. Der Annaberg ist ein Ausläufer des Teufelsberges am Haardtrand.

Historischer Hintergrund
Die katholische Sankt Anna-Kapelle ist in den Jahren 1895 und 1896 durch die Kirchengemeinde Burrweiler erbaut worden. Wesentliche Förderer und Antreiber für den Kapellenneubau waren der damalige Pfarrer Michael Hendel sowie der Pfarrer von Gleisweiler, Jakob Philipp (Lamm 2005, S. 18). Die beiden Pfarrer wollten mit dem Bau die Sankt-Anna-Wallfahrt fördern und aufwerten (Lamm 2005, S. 32). Im Jahre 1884 wurde der St. Anna-Verein gegründet, der den Neubau unterstützen sollte.

Die Verehrung der Anna, Mutter Marias, erreichte im 15. und 16. Jahrhundert ihren Höhenpunkt. Papst Sixtus IV. richtete den Annatag im Jahre 1481 ein. Papst Gregor XIII. führte im Jahre 1584 das Annafest ein. Die maßgeblichen katholischen Orden (Kapuziner, Karmeliter, Benediktiner und Augustiner) förderten die Verehrung und sorgten für eine weite Verbreitung des Andenkens an Anna. So auch im vorderpfälzischen Raum. Zu den großen Förderern der Wallfahrt im 20. Jahrhundert zählte Ernst Niebergall, der die Pfarrstelle in Burrweiler im Jahre 1927 übernahm (Lamm 2005, S. 19).

Der Annaberg gilt in der Diözese Speyer als das Zentrum der Annaverehrung. Eine weitere Kapelle gleichen Namens befindet sich in Niederschlettenbach. Eine Verbindung der Anna-Verehrung zum Geschlecht der „von Talheim“ wird angenommen, ist aber nicht urkundlich belegt. Dies gilt auch für die Vermutung, das Geschlecht sei Stifter einer ersten Kapelle in Burrweiler im 16. Jahrhundert gewesen. Spuren für einen derart frühen Kapellenbau am Teufelsberg, wonach Kurfürst Ludwig V. bereits im Jahre 1514 eine Sammlung erlaubte, um einen Kirchenbau zu vollenden (Weinmann 1975, S.115) können urkundlich nicht belegt werden.
Gegen ein Bauwerk im 16. Jahrhundert spricht die Besonderheit des Bauplatzes. Er ist aus der den Orten Burrweiler und Gleisweiler gemeinsam gehörenden Haingeraide (Genossenschaftlicher Wald) ausgemarkt worden. Die Steine tragen die Initialen der Grafen von der Leyen (,,GVL„). “Wäre zuvor schon eine Kirche an diesem Platz gestanden, hätte der Besitzstand keiner Änderung bedurft.„ (Arnold 1979, S. 142).

Kapellenbau
An gleicher Stelle werden mehrere Vorgängerbauten angenommen. Für die heutige Kapelle wurde ein Bau aus dem Jahre 1765 beseitigt. Diese wiederum war nach einer Kapelle aus dem Jahr 1716 errichtet worden. Sie soll durch die damaligen Herren des Ortes Burrweiler, den Grafen von der Leyen, erbaut worden sein (Weinmann 1975, S. 115). Es könnte sich dabei um den ersten Kappellenbau gehandelt haben. Jedenfalls liegen über eine noch ältere Kapelle an diesem Standort für die Zeit vor dem Jahr 1716 keine Urkunden vor (Lamm 2005, S. 22).
Für die bestehende Kapelle aus dem Jahre 1765 befassten sich die Verantwortlichen zunächst mit einem Erweiterungsbau. Dazu wurde der Mainzer Dombaumeister Joseph Heinrich August Lucas (dort nachgewiesen 1879-1909) (Erweiterung der Rochuskapelle Hohenecken) um einen Entwurf gebeten. Aus unbekannten Gründen wurde der Plan der Erweiterung nicht verfolgt (Lamm 2005, S. 35).

Für den Neubau im 19. Jahrhundert konnte der Neustadter Architekt Wilhelm Schulte I (1858-1920) (Carl, 1998, 2. Auflage, S. 640) gewonnen werden (siehe auch: Pfarrkirche Sankt Martin). Er lieferte die Pläne für das Gebäude wie für die Inneneinrichtung. Schulte hatte sich bereits ein Ansehen als Architekt für Kirchenbauten erworben (Dreifaltigkeitskirche in Ludwigshafen am Rhein, Pfarrkirchen in Ramsen, Mörzheim und Kapuzinerkirche in St. Ingbert). Seine Erfahrung im Sakralbau und seine guten Beziehungen zu fähigen Handwerkern mögen ausschlaggebend für seine Beauftragung gewesen sein (Lamm 2005, S. 34).

Das Gotteshaus ist im Stil der Neugotik (Historismus) errichtet worden. Das Richtfest fand am 28. September 1895 unter großer Anteilnahme aus der Bevölkerung statt. Am 30. Juni 1896 erfolgte die Weihe der St. Anna-Kapelle (Lamm 2005). In den 1930er Jahren wurde an der Ostseite die Beichtkapelle angefügt. Im Jahre 1984 wurde der Vorbau ergänzt.
Erste Sanierungsmaßnahmen an der Kapelle waren bereits im Jahre 1911 fällig. Die Fassade wurde neu verputzt und gestrichen. Zwar wurde das Dach im Jahr 1926 erneuert, war aber bereits im Jahr 1931 erneut einzudecken. Ein Sturm hatte großen Schaden angerichtet. Im Jahr 1938 wurde die Fassade nochmals erneuert.

Innenraum
Die Gestaltung des Innenraums erfolgte ebenfalls durch den Architekten Wilhelm Schulte, als künstlerischem Leiter. Die Ausmalung des Innenbereichs geschah, dem Geschmack der Zeit folgend, im Nazarenerstil (eine romantisch-religiöse Kunstrichtung). Allerdings befindet sich lediglich noch der Chorraum im Originalanstrich. Große Teile der Wandbemalungen sind bei Renovierungsarbeiten entfernt worden. Ein Hochaltar und zwei Seitenaltäre stehen in der Kapelle. Die beiden Querhäuser sind mit Fresken ausgestaltet.

Architekt
Die Anna-Kapelle in Burrweiler zählt zu den zahlreichen Kirchenbauten des Historismus (neugotischer Stil) in der heutigen Diözese Speyer. Einer der am meisten beschäftigten Architekten der Zeit war der Kirchenbaumeister Wilhelm Schulte senior. 37 Werke sollen auf ihn zurückgehen (Carl 1994, S. 640). Seine Ausbildung genoß Schulte unter anderem in der Kölner Dombauhütte. Sie gilt als Vorbild und leitende Ausbildungsstelle für den Kirchenbaustil dieser Zeit. In ihrem Umfeld wurde ein Großteil der damaligen bedeutenden Architekten geschult. Dies wiederum wirkte über Wilhelm Schulte auf die gesamte Kirchenarchitektur in der Pfalz.

Merkmale der Bauten von Wilhelm Schulte I sind die massehaltigen Baukörper sowie eher “gedrungene„ Türme. Dies wird an St. Pirmin in Pirmasens, den Pfarrkirchen Münchweiler, Contwig, Fehrbach und Maßweiler besonders deutlich. Heute wird diese Bauart dem hannoveranischen Zweig der Kölner Schule zugeordnet. Kollegen Schultes bevorzugten eher eine stärker an der ursprünglichen Gotik orientierten Leichtigkeit. So auch der Architekt Ferdinand Bernatz (Stadtpfarrkirche St. Ludwig in Edenkoben). Diese Gebäude sind am rheinischen Zweig der Kölner Schule ausgerichtet. Auch im Innenbereich sind stilistische Ähnlichkeiten festzustellen. Einen schönen Vergleich bieten die Kirchen in Maßweiler (Südwestpfalz) und in Ingenheim (Südliche Weinstraße).

“Erst spät verließ er die Gotikrezeption mit dem Plan der Herz-Jesu-Kirche in Niedersimten ( 1915-1918), wo die Kirche im Außenbau barocke Elemente aufweist.„ “Romanische Formen stellt man bei ihm an der Kirche in Enkenbach fest. Sein Sohn, Wilhelm Schulte II, seines Zeichens Diözesanbaurat, veränderte von der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Pirminius-Kirche in Pirmasens die äußere Form…„ (Heimatschutz-Stil) (Paulus 2021, In: www.pfarrei-klingenmuenster.de).

Umfeld
Die Kapelle ist eine Wallfahrtsstätte. Jedes Jahr im Sommer finden verschiedene Wallfahrten zur Kapelle der heiligen Anna statt. Zur Kapelle führt ein Kreuzweg (1880 eingerichtet). In der Nähe der Kapelle steht eine Kreuzigungsgruppe. Oberhalb der Kapelle am 598 Meter hohen Teufelsberg erhebt sich das Wetterkreuz (Bischofskreuz). In der Nähe der Kapelle ist die St. Anna-Hütte des Pfälzerwald-Vereins gelegen.

Das Bauwerk wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Südliche Weinstraße geführt. Der Eintrag lautet: “Kath. St. Anna-Kapelle Kappenbusch Wallfahrtskapelle, neugotischer Putzbau, 1895/96, Architekt Wilhelm Schulte I, Speyer„ (GDKE 2017, S. 21).

Trivia
Die Wallfahrten zur St. Anna-Kapelle sind in der Gemeinde Burrweiler tief verwurzelt. Das folgende Gedicht bringt dies zum Ausdruck (Arnold 1979, S. 143):

,,'s Kapellche uff'm Annaberg / bewacht die Burer G'män.
Zum 1. Mai ziecht alles nuff, / was gein kann, grouß und klän.“

(Benjamin Gehrt, Matthias C.S. Dreyer, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, 2021)

Internet
www.burrweiler.de: Sehenswürdigkeiten in Burrweiler und Historisches (abgerufen 27.09.2017 und 08.01.2021)
www.annakapelle.de: St. Anna-Kapelle Burrweiler (abgerufen 27.09.2017)
www.pfarrei-klingenmuenster.de: Paulus, Christian, Abschnitt zu Wilhelm Schulte senior (abgerufen 20.01.2021)

Literatur

Arnold, Hermann / Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (Hrsg.) (1979)
Landschaft und Geschichte im Umkreis des Teufelberges (1. Teil). In: Pfälzer Heimat, 30, S. 138-143. Speyer.
Carl, Viktor (1998)
Lexikon Pfälzer Persönlichkeiten. Edenkoben (2. Auflage).
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2023)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Südliche Weinstraße. Denkmalverzeichnis Kreis Südliche Weinstraße, 23. Mai 2023. S. 21, Mainz. Online verfügbar: http://denkmallisten.gdke-rlp.de/Suedliche Weinstrasse, abgerufen am 16.06.2023
Lamm, Markus Lothar (2005)
Die St.-Annakapelle zu Burrweiler. Eine Wallfahrt im Spiegel der Jahrhunderte (1716-1945). Speyer.
Weinmann, Fred (1975)
Kapellen im Bistum Speyer. S. 115f., Speyer.

Sankt Anna-Kapelle in Burrweiler

Schlagwörter
Ort
76835 Burrweiler
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Denkmalpflege, Architekturgeschichte
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1895 bis 1896

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
„Sankt Anna-Kapelle in Burrweiler”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-272317 (Abgerufen: 23. April 2024)
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