Das Seesperrwerk bei Reesholm wurde im 8. Jahrhundert errichtet und war Teil des Danewerks. Es sollte wohl den Übergang über die Schlei an dieser Engstelle kontrollieren. Die Wassertiefe war zur damaligen Zeit um 1 m geringer als heute und begünstigte eine Querung hier. Das bis zu 1,6 km lange hölzerne Befestigungswerk könnte auch als Sperrwerk und Kontrolle des Schiffsverkehrs fungiert haben. Das Seesperrwerk schloss die Lücke zwischen den Wällen des Danewerks westlich der Schlei und dem Osterwall am Übergang zur dänisch besiedelten Halbinsel Schwansen im Osten.
Geschichtlicher Hintergrund Das Danewerk wurde am stärksten in der Mitte des 8. Jahrhundert (737/740) ausgebaut, als gerade das Fränkische Reich Kriegszüge gegen die Sachsen südlich der Elbe führte und die slawischen Stämme den südöstlichen Teil der jütischen Halbinsel zu besetzen begannen. Beide Entwicklungen könnten von den dänischen Eliten als mögliche Bedrohung Dänemarks betrachtet worden sein. In dieser Zeit wird der Hauptwall des Danewerks verstärkt und entlang der Landenge an möglichen Passagen durch den 7,5 km langen Krummwall im Westen, den 1,5 km langen Nordwall im Osten, das Seesperrwerk in der Schlei sowie wahrscheinlich zeitgleich durch den 4 km langen Osterwall im Osten verlängert. So entsteht die größte Wall- und Befestigungsstruktur in Nordeuropa bis zu dieser Zeit. Damit kann der massive Ausbau des Danewerks als ein deutliches und frühes archäologisches Zeugnis der territorialen Machtausdehnung des dänischen Königreichs gedeutet werden.
Nicht überall an der Schleswiger Landenge konnte das Danewerk mit Erdwällen oder Steinbauten befestigt werden. An diesen Stellen wurde Holz, wie massive Palisaden, verwendet. Der Bau des Sperrwerks benötigte Unmengen an Holz und einen hohen organisatorischen Aufwand. Obwohl der Wasserstand um 1 m niedriger war als heutzutage, ist es wahrscheinlich, dass das Sperrwerk mithilfe von Flößen, Booten oder vom Eis aus errichtet wurde.
Identifizierung und Sichtbarkeit Das Seesperrwerk erstreckt sich möglicherweise über einer Gesamtlänge von 1.600 Meter von der westlichen Spitze der Halbinsel Reesholm bis zum Kockbarg, einer Erhebung im Seeboden östlich der Halbinsel. Von der Gesamtkonstruktion sind bislang nur einzelne Abschnitte bekannt, die seit ihrer Entdeckung 1925 immer wieder Ziel von unterwasserarchäologischen Untersuchungen waren, zuletzt 2015. Vorwiegend konnten Pfahlsetzungen und Holzkästen nachgewiesen werden, die möglicherweise als Substruktion eines bisher unbekannten hölzernen Überbaus wie einer Palisade dienten. Besonders prägnant ist eine ca. 365 Meter lange Reihe intakter Senkkästen in Blockbautechnik mit einer Größe von ca. 4,5 m (Länge) x 5 m (Breite) an der östlichen Spitze von Reesholm, die sich in einer Wassertiefe von 2,5 m befinden. 2015 wurden an der westlichen Spitze von Reesholm ebenfalls Kastenhölzer unter Wasser gefunden, die das Sperrwerk auf eine Länge von 670 Meter anwachsen ließ. Im Zuge der gleichen Grabung wurden Überreste der rechteckigen Holzkastenbauwerke in 4 m Tiefe an der Ostspitze des Kockbargs entdeckt. Diese befinden sich 970 m östlich von den gut erhaltenen Kästen bei Reesholm.
Von der Spitze der Insel Reesholm ist außerdem anhand von historischen Karten und Beschreibungen ein in der Verlängerung des Seesperrwerks liegender Erdwall mit Graben bekannt, der heute zwar eingeebnet ist, aber im 19. Jahrhundert noch zu erkennen war und 2015 noch mit geomagnetischen Methoden nachgewiesen werden konnte.
Erhaltungszustand Weite Teile des Seesperrwerks sind nach derzeitigem Erkenntnisstand gut erhalten und können in situ erhalten werden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass im Rahmen der Unterwasser-Baggerarbeiten beim Fahrrinnenausbau 1925 das Seesperrwerk stellenweise beschädigt oder geschleift wurde. Eine wichtige Voraussetzung für den guten Erhaltungszustand des Seesperrwerks sind die anaeroben Bedingungen der Schlei. Dessen ungeachtet stellt die Schiffsbohrmuschel (Teredo navalis) eine akute Bedrohung des Gesamtobjektes dar. Durch den steigenden Salzgehalt des Brackwassers wandert sie von der äußeren Schlei im Osten in Richtung innere Schlei im Westen.
(Christian Weltecke, Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein, finanziert vom Förderverein des Amtes Haddeby in Zusammenarbeit mit dem Verein für Busdorfer Geschichte, 2017)
Quelle Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein, Denkmalarchiv, Gesamtbeschreibung von Haithabu-Danewerk nach Andersen, H.H.
Internet www.alsh.de: Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein - Welterbeantrag Haithabu und Danewerk (Abgerufen: 31.05.2017) www.haithabu-danewerk.de: Haithabu und Danewerk (Abgerufen: 17.09.2017)
Literatur
Carnap-Bornheim, Claus von; Segschneider, Martin (Hrsg.) (2012)
Die Schleiregion. Land - Wasser - Geschichte. (Ausflüge zu Archäologie, Geschichte und Kultur in Deutschland 49.) Stuttgart.
Kramer, W. (1995)
Das Seesperrwerk beim Reesholm in der Schlei. In: Archäologische Nachrichten Schleswig-Holstein, S. 42-53. o. O.
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