Bei dem Kuhhirtenturm, welcher südlich des Michelfeldturms II liegt, handelt es sich um den dritten rechteckigen Schalenturm auf dem Michelfeld. Der Kuhhirtenturm liegt im Stadtgraben bzw. in einer Geländesenke und weist als einziger Turm sechs Stockwerke auf, sodass er sich in besonderem Maße als Wachturm eignet. Deshalb wird der Kuhhirtenturm auch als Wächterturm bezeichnet.
Der Name des Turmes „Kuhhirtenturm“ soll als Erinnerung dienen, dass die Stadt Oberwesel bis ins 19. Jahrhundert hinein eine Ackerbürgerstadt war. Im sechsten Stock wohnte einst der Kuhhirte, der morgens alle Kühe der Landwirte einsammelte und sie bis zum Abend auf Brachfelder am Stadtrand zum Grasen führte. Da der Kuhhirte vom sechsten Stock aus einen guten Überblick über die Stadt hatte, übernahm er auch die Funktion des Brandwächters.
Zu diesem Zweck lässt sich im sechsten Stock ein zur Stadt hin vorkragender Erker mit Fenstern zu allen Seiten ausmachen. In der darüber liegenden Dachgaube hing eine Feuerglocke, um Alarm zu schlagen. Damals verfügte der Kuhhirtenturm über keine Treppen, sodass die Geschosse nur mittels einer Leiter überwunden werden konnten. Auf allen Ebenen des Turmes lassen sich an den drei massiven Wänden des Turmes Schießscharten ausmachen. Die zur Stadt gewandete Seite des Turmes verfügte über eine Art Wetterschutz. Das oberste Geschoss wurde durch Bretter geschlossen und das zweite bis vierte Geschoss wies eine Verschieferung auf. In allen Geschossen wurden Fensteröffnungen ausgespart. Das vierte Obergeschoss verfügte als Besonderheit über einen Rechteckerker mit Pultdach. Das pyramidenförmige Dach des gesamten Turmes verfügte an der stadtzugewandten Seite über zwei übereinanderliegende Gauben. Die untere Gaube war trapezförmig und wies eine breite Schallöffnung für die dahinter hängende Brandglocke auf.
Seit 1904 wird der Kuhhirtenturm von der Stadtseite aus durch zusätzliche Strebepfeiler gestützt. Zwischen 1954 und 1956 wurde zudem zur Stabilisierung die Stahlbetondecke im unteren Teil ausgebessert bzw. weiter hoch gemauert. Grund für die Stabilisierungsmaßnahmen ist die ständige Erhöhung der an den Turm angrenzenden Stadtmauer. Seit 1984 ist der Kuhhirtenturm verpachtet. Der Pächter hat den Kuhhirtenturm nach Plänen des Architekten Herbert Jäckel zu einem Wohnhaus umgebaut und vollständig saniert. Da der Kuhhirtenturm in Privatbesitz ist, sind dieser sowie der im Westen angrenzende Stadtgraben heute nicht mehr frei zugänglich. Nach Westen hin verfügt der Kuhhirtenturm heute über eine Zugbrücke, die über den Stadtgraben verläuft, und den Zugang zum Turm bildet.
(Anne Gasper, Universität Koblenz-Landau, 2016)
Literatur
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (1997)
Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises. Teil 2.2: Ehemaliger Kreis St. Goar. Stadt Oberwesel. S. 872-880, München u. Berlin.
Schwarz, Anton (2000)
Eine Zeitreise durch Oberwesel. Historischer Stadtführer. S. 48, Dielheim.
Schwarz, Anton; Monschauer, Winfried (2012)
Bürger im Schutz ihrer Mauern. S. 51f., S. 247, Bingen am Rhein.
Schwarz, Anton; Pohl, Dorit (2006)
Oberwesel am romantischen Rhein. Ein Stadtführer. S. 50, Weiler bei Bingen.
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