Beim ehemaligen Rathaus in Oberlahnstein handelt es sich um einen Fachwerkbau aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die Außenwand des Erdgeschosses besteht aus Bruchsteinen. Die oberen Stockwerke haben eine rheinische Fachwerkfassade. Auf dem Dach des Gebäudes ist noch der alte Glockenreiter mit Feuerglocke zu sehen. Das Rathaus, 1507 als gemeyn hus erstmals erwähnt, wurde zentral am Marktplatz errichtet. Die offene Halle im Erdgeschoss diente als Markt- und Gerichtslaube. Nachträglich eingebaute Räume dienten dem Nachtwächter und später der Polizeiwache mit Arrestzelle („Bulles“). Das Obergeschoss stammt nachweislich aus dem Jahr 1537. Der imposante Bau zeigt eindrucksvoll die Bedeutung der Stadt im ausgehenden Mittelalter. In der gotischen Halle im Erdgeschoss sind Krönung und Absetzung des Königs Wenzel von Böhmen durch die vier Kurfürsten von Mainz, Trier, Köln und Pfalz, gemalt 1966 von Erich Senz. Vor den Malereien stehen alte Feuerwehrgeräte sowie ein Eckpfeiler eines römischen Grabmals. Bis 2015 befand sich im ehemaligen Rathaus das Stadtarchiv. Derzeit steht für das leerstehende Gebäude eine umfangreiche Sanierung an.
Diskussion um Erhaltung bereits 1893 Das ehemalige Rathaus in der Hochstraße war Gegenstand der Diskussion, als ein neues, moderneres im Jahr 1888 errichtet wurde. Über Abriss oder Sanierung stritten Magistrat und Stadtverordnetenversammlung heftig, doch dann schaltete sich der Denkmalschutz ein. In einem Artikel des Kreisblattes wurde die Bevölkerung über das weitere Vorgehen wie folgt informiert: „Oberlahnstein freue Dich, Du wirst jetzt fein gemacht - tausende werden kommen, um Dich zu sehen, nämlich das alte Rathhaus, über welches beschlossen war, daß es abgerissen werden soll, wird jetzt stehen bleiben. Am Montag war eine Commission, bestehend aus mehreren Herren von Berlin und Wiesbaden, hier anwesend. welche das alte Gebäude besichtigte, und sich aussprach, daß es nicht abgerissen werden darf, es soll wieder in den alten Styl umgewandelt werden (…) wie es im 16. Jahrhundert war“ (Kreisblatt vom 26.10.1893).
Darüber hinaus ist anzumerken, dass der Bürgermeister beabsichtigte, an der Stelle, an der heute noch das alte Rathaus steht, die Hochstraße zu erweitern, um dort eine Markthalle zu errichten (vgl. ebd.). Das alte Rathaus sahen manche als ein Verkehrshindernis an. Da sich an dieser Stelle ein Radbruch ereignete, berichtete darüber das Lahnsteiner Tagesblatt: „Der Verkehr lag für Fuhrwerke für 2 h lahm“ (Lahnsteiner Tagesblatt vom 06.04.1897). Nachdem im Jahr 1900 der endgültige Entschluss gefallen war, das Gebäude zu erhalten, wurde der Architekt A. Fischer aus Barmen für die Renovierung beauftragt. Nur durch diesen Entschluss blieb das Rathaus für die zukünftigen Generationen erhalten.
Das Objekt „Ehemaliges Rathaus in Oberlahnstein“ ist ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalverzeichnis für den Kreis Mayen-Koblenz 2015, S. 54).
(Milena Bagic, Universität Koblenz-Landau, 2016; Bernd Geil, Stadtarchiv Lahnstein, 2020)
Quellen Kreisblatt vom 26.10.1893. Lahnsteiner Tagesblatt vom 06.04.1897.
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Rhein-Lahn-Kreis. Denkmalverzeichnis Rhein-Lahn-Kreis, 4. Mai 2016. S. 54, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Rhein-Lahn-Kreis, abgerufen am 20.10.2016
Roth, Herbert (1999)
Oberlahnstein in preußischer Zeit (1866-1914). Der Übergang in die neue Herrschaft.. In: Seibert, Hubertus (Hrsg.): Vom Kurfürstlichen Ort zur großen kreisangehörigen Stadt. Die Geschichte Lahnsteins im 19. und 20. Jahrhundert, S. 83-97. S. 83-93, Lahnstein.
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