Denkmalbereich „Stolberg - Breinig“

Alt Breinig

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Stolberg (Rhld.)
Kreis(e): Städteregion Aachen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 43′ 47,24″ N: 6° 13′ 14,92″ O 50,72979°N: 6,22081°O
Koordinate UTM 32.303.870,14 m: 5.623.460,86 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.515.634,32 m: 5.621.610,01 m
  • Historischer Straßenzug in Alt-Breinig in Stolberg mit Bauernhäusern aus Bruchstein, teilweise mit Fachwerkelementen (2014).

    Historischer Straßenzug in Alt-Breinig in Stolberg mit Bauernhäusern aus Bruchstein, teilweise mit Fachwerkelementen (2014).

    Fotograf/Urheber:
    Fine Tonhauser
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Der historische Ortskern Breinig umschließt den Bereich der ehemaligen Hauptstraße, die heute den Namen „Alt Breinig“ trägt, zu der noch im nordöstlichen Verlauf ein Abschnitt der heutigen Winterstraße gehört.

Regelmäßige, aneinandergereihte Hofanlagen, auf gestreckten Streifenfluren kennzeichnen die Struktur dieser Waldhufensiedlung. Kleine Hofgebilde auf kurzen Grundstücken lassen vermuten, dass die Siedlung und ihre Bewohner ihre Existenz nicht ausschließlich auf den Ertrag aus der Landwirtschaft gründeten.

Blei- und Galmeivorkommen in unmittelbarer Nähe des Ortes, die schon zur Zeit der römischen Besiedlung abgebaut wurden, mögen Ursache für die Gründung der Anlage Britanuacum gewesen sein. Die Entwicklungsgeschichte von Breinig wurde seit dem Mittelalter durch die Zugehörigkeit zur Abtei Kornelimünster bestimmt. Neben den Gewerken, die der Abtei mit den Reichsregalien unterstellt wurden, der Bergbau, der Steinbruchbetrieb, die Kalkbrennerei sowie der Bau und Betrieb von Mühlen und Hämmern, nahm auch die Landwirtschaft seit der Gründung der Abtei einen spürbaren Aufschwung. Beides wurde in Form von Lehen weitergegeben. Daneben war die Eigenwirtschaft in Fronhöfe aufgeteilt. Ausweis dieser Zeit ist der noch heute erhaltene, außerhalb liegende Stockemer Hof mit seinen ausgedehnten Ländereien. Im Gegensatz zu den wenigen großen, weitläufigen Fronhöfen steht eine Vielzahl von Kleinsthöfen auf schmalen Parzellen. Die Ursachen, die zu dieser Dorfstruktur geführt haben, sind bis heute nicht eindeutig belegt, mit Hilfe von zwei Hypothesen wird jedoch versucht, eine Erklärung für diesen charakteristischen Dorfgrundriss zu geben: Entweder bewirtschafteten die Bauern ihre hofnahen Parzellen weiter im Nebenerwerb auch nach der Aufgabe der Fronhofverwaltung im 14. Jahrhundert und verdingten sich als Lohnarbeiter auf den benachbarten größeren Höfen, oder die hier planmäßig angelegte Siedlung war für Arbeiter im Erzbergbau, in den Steinbrüchen oder Kalköfen bestimmt, denen hier Grundstücke zum Bau ihrer Häuser und Anbau von landwirtschaftlichen Produkten zur Deckung des Eigenbedarfs zur Verfügung gestellt wurden. Demnach würde dieser Ort nur Lebensraum für Menschen gewesen sein, die im wesentlichen außerhalb ihres Landbesitzes ihren Lebensunterhalt verdient haben.

Der heutige Baubestand entstand nach 1600, oft auf Kellern und Grundmauern des Vorgängers, so dass die ursprüngliche Parzellenstruktur trotz späterer Hoferweiterungen bis heute erhalten blieb. Vergrößerungen z.B. zu Winkelhöfen sind bereits im 17. Jahrhundert nachweisbar. Grundlegende Hoferweiterungen einhergehend mit zusätzlichem Landerwerb und Umwandlung in Vollbauernstellen kennzeichnen die Zeit nach der Französischen Besetzung des Rheinlandes. Klöster und Herrschaften wurden aufgelöst, ihre Ländereien verkauft.

Die derzeitige Situation in der Landwirtschaft führt nunmehr zur Rückführung der ursprünglichen Sozialstruktur, d.h. die Bewohner gehen heute weitestgehend in den benachbarten Industriestädten ihrem Lebensunterhalt nach.

Weißgraue, giebelständige Häuser mit schwarzen Dächern dicht aneinandergereiht prägen den geschlossenen Straßenraum. In ihrer Grundform spiegeln diese Kleinsthöfe das „Aachener Bauernhaus“ wieder, ein einraumtiefes Wohnstallhaus mit drei bis vier hintereinander folgenden Räumen. Straßenseitig, erhöht auf gemauertem Keller liegt die Stube, dahinter in der zweiten oder Mittelachse der Herdraum, es folgen je nach Größe entweder Kammern und Stall oder gleich an die Küche gelehnt der Stallraum. Im Obergeschoss lagen über der Stube und dem Herdraum die Kammern, alle übrigen Räume wurden zum Bergen der Feldfrucht genutzt. In der Nachfolgezeit wurde der Baubestand auf verschiedene Weise erweitert: entweder durch Anbau weiterer Stall- und Bergeräume in Längsachse des Hauses oder durch Anlegen eines Winkels - sofern die Breite des Grundstücks dies zuließ. Diese Winkelform entspricht dem Charakteristikum des sog. Eifelhauses. Keller und Umfassungsmauern der Häuser in - Alt Breinig - bestanden und bestehen noch heute aus sichtbar belassenem Bruchsteinmauerwerk, einem weiß-grauen Kalkstein aus umliegenden Brüchen. Die Obergeschosse waren oft aus Fachwerk, einige Beispiele dafür finden sich noch im Ort. Die Werksteinteile, wie Eckquader, Fenster- und Türgewände, Treppenstufen und Beläge wurden aus dem sog. Blaustein (Kalkstein mit besonderer Dichte) geschlagen. An zahlreichen Gebäuden dokumentieren die Werksteinfassungen der Gebäudeecken, die sich wie Wachstumsringe um das Bauwerk legen, seine genaue Entwicklungsgeschichte. An der Bearbeitung, der Gestalt und dem Dekor der Werksteine, vor allem an Fenstern und Türen, lassen sich die Formenvielfalt der einzelnen Bauphasen und deren charakteristische Merkmale ablesen. Schwarz gedeckte Satteldächer begrenzen den Straßenraum, konturierende Ortgangbretter heben den pittoresken Fassadenverlauf hervor. Unter dem Satteldach verbirgt sich der hier typische, liegende Stuhl mit gebogenen Stuhlsäulen, die durch einen Spannriegel ausgesteift sind. Das so gebildete Gebinde ist in die jeweiligen Deckenbalken eingezapft und bildet die Tragekonstruktion für Fuß- und Mittelpfette, über die in engem Abstand Sparren laufen, die im First paarweise gezapft sind. Dieser stützenfreie Dachraum bot eine optimale Ausnutzung zum Lagern und Speichern der Feldfrucht.

Gewissermaßen im Scheitelpunkt der kreisbogig geformten Dorfstraße von „Alt Breinig“ liegt dominierend die katholische Pfarrkirche St. Barbara. Sie wurde 1855 nach Plänen des Preußischen Baumeisters Johann Peter Cremer fertiggestellt. Nur wenigen rheinischen Dörfern ist das Schicksal der Zerstörung im letzten Weltkrieg und der darauffolgenden Wiederaufbauwelle, die abermals Abriss und Zerstörung von Altsubstanz mit sich brachte, erspart geblieben. So lässt sich in Breinig auch heute noch die Orts- und Baugeschichte von mehr als 300 Jahren an seinen Baudenkmälern ablesen.

Am 11.9.1984 hat der Rat der Stadt Stolberg den historischen Straßenzug „Alt Breinig-Winterstraße“ durch Satzung gem. § 5 DSchG NW als Denkmalbereich unter Schutz gestellt.

Von der Bevölkerung wurde dieser Schritt in vollem Umfang mitgetragen.

(Oktavia Zanger, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, LVR, aus: Mainzer (Hrsg.) 1996)

Literatur

Clasen, Carl-Wilhelm; Hansmann, Wilfried; Osteneck, Volker / Landeskonservator Rheinland (Hrsg.) (1975)
Ensembles 1. (Arbeitsheft 4.) Köln.
Franz Pesch; et al. / Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr (Hrsg.) (1994)
Historische Stadt- und Ortskerne in Nordrhein-Westfalen. Duisburg.
Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 49.) S. 205-207, Köln.
Schild, Ingeborg (1987)
Stolberg-Breinig. (Rheinische Kunststätten, Heft 320.) Neuss.

Denkmalbereich „Stolberg - Breinig“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Alt Breinig
Ort
52223 Stolberg (Rhld.) - Breinig
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung

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„Denkmalbereich „Stolberg - Breinig“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59352-14042017-266678 (Abgerufen: 24. April 2024)
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