Wenige Kilometer nördlich von Odenthal an der Dhünn liegt die ehemalige Zisterzienserabtei Altenberg. Die Dhünn hat durch Überschwemmungen und Veränderungen im Lauf ebene Flächen geschaffen, die von steil aufsteigenden bewaldeten Hängen seitlich gefasst sind. Die Hänge sind in etwa gleichem Abstand durch Siefentäler gegliedert. Der Talboden an der Dhünn setzt sich überwiegend aus sandigem Schiefer, Sandsteinen und Tonschiefer zusammen, ist durchsetzt von Kalkbänken und bedeckt von Lehm. Dort, wo auf der linken Uferseite aus dem Bergischen Land der Pfengstbach in die Dhünn fließt, hatte sich im Mündungsbereich auf Felsgestein ein Delta mit festen Inseln herausgebildet. Genau diese Stellen wählten die Mönche zum Bau ihres Klosters.
Geschichte
Charakteristik der baulichen Anlagen in der Landschaft
Der heutige Bestand
Die denkmalpflegerische/kulturlandschaftliche Erfassung
Geschichte
Graf Adolf II. von Berg hatte den gräflichen Sitz von hier an der Dhünn zu Schloss Burg verlegt und überließ das gräfliche Stammschloss, Burg Berge an der Dhünn, im Jahr 1133 den Zisterziensern von Morimond zur Gründung eines Tochterklosters. Noch im selben Jahr zogen 12 Mönche aus Morimond zusammen mit dem 1. Abt hier ein. Graf Adolf stattete das Kloster mit einem ersten Landbesitz, der sogenannten „hereditas berge“ aus. Wenige Jahre später, 1145, verlegten die Mönche ihr Kloster „Maria von Berg“ direkt an den Fluss, denn hier im Tal konnten Glaube und Alltag den Ordensregeln entsprechend einfacher organisiert und gelebt werden. Bewaldetes Land wurde gerodet. Den Pfengstbach leiteten sie in einem Bogen am Talrand entlang zur Dhünn, sodass sie auf trockenem Untergrund einen Kirchenbau mit Kloster errichten konnten. Die Mönche widmeten ihr Leben der Arbeit, dem Ackerbau und der Viehzucht und nutzten das Wasser nicht nur als Trink- und Brauchwasser sondern auch zur Anlage von Fischteichen, zur Wiesenbewässerung und die Wasserkraft zum Antrieb von Mühlen.
Im Laufe der Jahrhunderte entstand eine Kernanlage des Klosters aus Kirchenbau, vierflügeligem Kreuzgang, Sakristei, Kapitelsaal, Refektorium, Dormitorium und Grablege der Stifterfamilie. Marienkapelle, Markuskapelle, ein Armenhospital/Krankenhaus, eine Kellerei, eine Mühle, ein Brau- und Backhaus, weitere Wirtschaftsgebäude, ein Winterrefektorium, Bibliothek und Abtskapelle erweiterten die Anlage mit der Zeit.
Zu den nachgeordneten Höfen, den Grangien, zählten ab 1157 der Bülsberger Hof, etwas später der Menrather Hof und der Grimberger Hof, drei Höfe, die in der unmittelbaren Umgebung auf den im Osten beginnenden Höhen des Bergischen Landes heute noch bestehen. Seit 1440 schützte ein Deich das Kloster gegen das Hochwasser der Dhünn, denn die Dhünn selbst war in ihrer Wassermenge unberechenbar. Über die Jahrhunderte sind regelmäßige Überflutungen, zum Teil mit erheblichen Schäden im Kloster, überliefert.
Während Ende des 12. Jahrhunderts 250 Mönche in Altenberg lebten, war ihre Zahl Anfang des 16. Jahrhunderts auf 30–40 Mönche zurückgegangen. Jedoch erlebte die Abtei im 17./18. Jahrhundert wiederum eine Blütezeit, die in der Architektur ihren Ausdruck fand: die Wirtschaftsgebäude, die Toranlage und der Küchenhof wurden fertig gestellt, Priorat und Krankenhaus neu errichtet. Mit der Säkularisation mussten 1803 der Abt und die verbliebenen 22 Mönche die Abtei verlassen. Das 19. Jahrhundert ist im Anschluss geprägt von wechselndem Besitz, damit einhergehend sich wandelnden Nutzungen (Tuchfabrik, chemische Fabrik, Seidenweberei), aber auch von Verlust: Einsturz und Zerstörung in Folge von Großbränden, Explosion und Plünderungen.
Der Ruine des Kirchenbaus verlieh in der Zeit der Romantik eine neue Bedeutungsebene, die in verschiedenen Darstellungen der Düsseldorfer Malerschule eindrucksvoll festgehalten ist. Nach zwei Besuchen des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm 1819 und 1833 stellte der damalige Besitzer Graf Franz Egon von Fürstenberg-Stammheim (1797-1859) den Kirchenbau dem preußischen Staat zur Verfügung, verbunden mit der Vereinbarung zur Wiederherstellung. Nach Restaurierung mit Kostenübernahme durch den preußischen Staat, jetzt unter der Auflage der simultanen Nutzung, fand 1857 nach dem Wiederaufbau 1836–47 die erste Gottesdienstfeier beider Konfessionen statt. Weitere bauliche Entwicklungen folgten. Doch zunächst hatte 1862 ein Brand noch einmal zu enormen Verlusten geführt. Ein Jahr später erfolgte der Bau der Erzbischöflichen Villa nach Plänen von Vinzenz Statz, ein Erholungshaus für Priester, später als Pfarrhaus genutzt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts zerschnitt eine Straße den ehemaligen Immunitätsbereich des Klosters. Auf Initiative von Maria Zanders, der Gattin des Papierfabrikanten Richard Zanders aus Bergisch Gladbach, erfolgte 1894 die Gründung des Altenberger Dom-Vereins, der die Erneuerung des Altenberger Domes bis 1910/1911 anstieß. Der Erlass der Verordnung zur Verhütung einer Verunstaltung des Altenberger Domes und seiner Umgebung aus dem Jahr 1909 zeigt, dass in die Bemühungen um den Erhalt des Domes von Beginn an auch sein Umfeld und die Wahrnehmung des Domes in seiner Umgebung im Blick hatte. Um 1900 setzte der Ausflugsbetrieb im Tal am Altenberger Dom ein und damit die gastronomische Nutzung ehemaliger Wirtschaftbauten. Das Tal war nun Wanderziel. Bauliche Zeugnisse dieser Zeit sind das Ausflugslokal „Felsenkeller“ aus dem Jahr 1909 und der im Ursprung 1931 angelegte Märchenwald. Mit der seit den 1920er Jahren in den Klosterbauten bestehenden Jugendbildungsstätte des Erzbistums Köln, dem Haus Altenberg, erweiterte sich das Nutzungsspektrum um den Aspekt der kirchlichen Bildung. Schließlich erhielt die seit 1950 eigenständige evangelische Pfarrei Altenberg 1962–63 einen Neubau und 1995 ein eigenes Gemeindehaus, das Martin-Luther-Haus, ein wenig abseits jenseits der Dhünn, jedoch im Talraum gelegen. Nach der Fertigstellung zweier Umgehungsstraßen 1966/67 und 1979 konnte der Klosterbereich 1978–83 insgesamt neu gestaltet werden. Große bauliche Maßnahmen im ehemaligen Klosterbereich erfolgten.
Charakteristik der baulichen Anlagen in der Landschaft
Eine Darstellung aus dem Jahr 1707 lässt die zu dieser Zeit bestehenden baulichen Anlagen erkennen und die Organisation des Klosters anschaulich nachvollziehen. Als Orientierungslinien in der mit Talfalten und Hochflächen für die Klostergründung gut geeigneten Topographie dienten sowohl die frühmittelalterlichen Verkehrswege auf den Höhen, als auch das bestehende grundherrschaftliche Besiedlungsnetz. Das Bergische Land war schon sehr früh in Form von Hofesverbänden, die einem Grundherren unterstanden, besiedelt. Die Zisterzienser passten ihr System der eigenen Arbeit statt feudaler Arbeit, der Handarbeit und Selbstversorgung auf agrarischer Grundlage in die bestehenden Strukturen ein. Sie rodeten Land zur Erarbeitung und Bearbeitung und gründeten Grangien, die von Konversen bewirtschaftet wurden, zum Teil wohl auch von Mönchen, wenn der Hof in Tagesentfernung vom Kloster entfernt lag und die Mönche abends ins Kloster zurückkehren konnten. Die Klosteranlage entwickelte sich und wuchs über Jahrhunderte und war von Beginn an wie ein eigenes Dorf weitgehend eigenständig organisiert. Die Anlage setzte sich als wirtschaftliche Funktionseinheit zusammen aus dem Dom, dem Altenberger Hof, der Markuskapelle, dem Küchenhof, der Marienkapelle, einer Öl- und einer Getreidemühle und außerdem diversen Werkstätten: Schreinerei, Schmiede, Spinnerei, Weberei, Gerberei, Schusterwerkstatt, Mühle, Bäckerei. In der Bauhütte arbeiteten Maurer, Steinmetze, auch Fuhrleute und im Skriptorium Schreiber. Zwischen den Bauten lagen Höfe und Gärten, an den Rändern Obstwiesen. Auch lassen sich der Verlauf der Wasserkanäle und die Lage der aufgestauten Teiche erkennen.
Außerdem führten vom Höhenweg westlich der Dhünn, einer wichtigen Handelsverbindung von Köln nach Berlin, am Schießberg und am Rösberg steile Wege in das Tal. Im Osten markierte ein Grenzwall den Klosterbesitz und hinderte fremdes Vieh und Wilderer am Eindringen in die klösterlichen Wälder. Den unmittelbaren inneren Klosterbesitz, den Immunitätsbezirk, schützte die umlaufende Klostermauer. Im Norden, oberhalb des Klosters, war die Dhünn aufgestaut. Ein Mühlengraben leitete das Wasser zum Kloster, um die verschiedenen Mühlen anzutreiben und Abfall zu entsorgen. Hinter der Marienkapelle lagen die Ölmühle und die Getreidemühle. 1640 gehörten zur Ausstattung des Klosters außerdem eine Malz- und eine Lohmühle. Der von Osten kommende Pfengstbach speiste 7 Fischteiche zur Karpfenzucht, die der lebensnotwendigen Versorgung dienten. Der letzte Teich dieser Reihe, der innerhalb der Klostermauer lag, bestand als touristisch genutzter Kahnweiher bis in die 1930er Jahre. Ein vermutetes System von Wasserleitungen aus einer Quelle, die möglicherweise am Schmerzberg nordöstlich der Klosterkirche entsprang, versorgte das Kloster mit sauberem Wasser, das als Trinkwasser und für rituelle Zwecke (wie Taufen) gebraucht wurde.
Der heutige Bestand
Im Vergleich zur Klosternutzung vor über 200 Jahren haben sich die Inhalte im Tal verschoben. Der Talraum ist durch spätere Nutzungen überprägt. Die Anlage besteht nach wie vor im Kern aus dem Dom und den ehemaligen Klosterbauten. Heute mit der Bildungseinrichtung und zugehöriger Geschäfts- und Verwaltungsnutzung.
Fünf Aspekte sind für die bauliche Prägung von Bedeutung:
- Die Zisterzienser nutzten und gestalteten das Tal vom 12. Jahrhundert bis 1803. Bauliche Zeugnisse sind die Motte von Burg Berge, der Dom mit Kloster, das ehemalige Brauhaus, der Küchenhof, der die Aue bewirtschaftete, wovon auch die Wiesen, ehemalige Weide-, Ackerflächen und die bewaldeten Hänge zeugen. Im Süden des Klosters steht inmitten der Auenwiesen das Gartenhaus des Klosters, die Orangerie aus dem 18. Jahrhundert. Die Waldgrenzen haben sich im Vergleich zur Klosterzeit leicht verändert. Außerdem sind als gebaute Elemente in der Landschaft historische Wege, Hohlwege, Furten durch die Dhünn, die Klostermauer, historische Geländekanten, terrassenförmige Absätze, die den Verlauf der Umgrenzung des klösterlichen Besitzes dokumentieren, Ackerraine, der Wall am Richarzberg, Fischteiche, Mulden ehemaliger Fischteiche, Gräben, der Mühlenteich, Rinnen, Staumauer- Fundamente, Steinbrüche, Gartenflächen, Wiesen, Weideflächen, der Damm am Pfengstbach, die Relikte des Wehres in der Dhünn, auch Hecken und Baumbestand erhalten.
- Die anschließenden gewerblichen Nutzungen 1803 bis 1887 zogen Veränderungen nach sich, Verluste und Abrisse.
- Mit der Sicherung und der Wiederherstellung erfuhr der Dom eine historische, architektonische, kunsthistorische und in der Nutzung bis heute eine religiöse Wertschätzung. Das führt zur Restaurierung, zur fortlaufenden Pflege und zur Nutzung als religiöser Ort.
- Mit der touristischen Erschließung des Tales erfolgten die Einrichtung von Gaststätten und die Schaffung von baulichen Anlagen wie dem Märchenwald. Ein gebautes Zeugnis der touristischen Nutzung ist auch die als Ruine errichtete Terrassenkulisse oberhalb der Gaststätte Felsenkeller mit dem inszenierten Blick auf den Dom.
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden zunehmend Flächen zur Außengastronomie eingerichtet, Wege befestigt, Parkplätze geschaffen und im nördlichen Klosterflügel befindet sich ein kleiner Buchladen.
- ab 1950 erhielten die ehemaligen Klosterbauten als Bildungseinrichtung eine neue übergreifende Funktion, die sich in die bestehende historische Substanz einfügte.
Insbesondere zwei dieser Aspekte haben die Landschaft mit materiellen Spuren als historische Kulturlandschaft großräumig und nachhaltig geformt: der Klosterbetrieb und der Tourismus.
Die denkmalpflegerische/kulturlandschaftliche Erfassung
Nach Auswertung von Literatur, historischem Kartenmaterial und Begehung erfolgte die Erfassung des Kulturlandschaftsraumes in einzelnen thematischen, übereinander geschichteten Ebenen, in jeweils einer eigenen Karte dargestellt:
- Die Auswertung der Urkatasteraufnahme aus dem frühen 19. Jahrhundert bestätigte in Abschnitten das heute noch vorhandene Wegesystem, insbesondere die Hohlwege im Wald und ließ weitere prägende Spuren in der Landschaft erwarten.
- Innerhalb des Tales sind Burg Berge und der Klosterbezirk als Bodendenkmal erfasst.
- Einzelne Objekte der aufgehenden baulichen Anlagen sind denkmalwert. Sie sind in ihrer Substanz als Denkmäler geschützt und ihre unmittelbare Umgebung unterliegt dem Umgebungsschutz.
- Weitere bauliche Anlagen weisen historische Substanz auf, sind jedoch selbst nicht denkmalwert. Dennoch tragen diese Bauten in ihrer Substanz zur historischen Gesamtaussage des Tales bei. Diese Objekte sind erhaltenswert im Sinne des §25 Denkmalschutzgesetz NW.
- Freiflächen und punktuelle Relikte wie Steinbrüche zeugen als Spuren in der Landschaft von ehemaligen klösterlichen Nutzungen.
- Schließlich geben ganz bestimmte optische Gesamteindrücke charakteristische Konstellationen, den Bezug des Klosters zum Naturraum, den Dom in der Landschaft in prägnanter Weise wieder. Hierzu zählt insbesondere der Blick vom „,Malerwinkel“ auf den Dom.
- Eine Ergebniskarte führt alle gesammelten und ausgewerteten Informationen zusammen.
Insgesamt erfüllt der unmittelbare Landschaftsraum um den Altenberger Dom die Voraussetzungen zur Ausweisung eines Denkmalbereiches gemäß Denkmalschutzgesetz NW. Die räumliche Ausdehnung umfasst den Kernbereich der „hereditas berge“, des ursprünglichen klösterlichen Landbesitzes, in dem sich die historischen Spuren verdichten. Ziel des Denkmalbereiches ist, die Landschaft in der vielschichtigen historischen Dimension zu erhalten. Der Dom beansprucht sowohl als ehemalige Klosterkirche,als auch als heutiger Kirchenbau und als touristischer Faktor in seiner Architektur aus sich heraus einen weiten Wirkungs- und Schutzraum. Der Talraum, die beinahe geschlossene Hohlform des Tales, war existentielle Grundlage, Schutz- und Distanzraum, ist heute optischer und dreidimensionaler Hintergrund für die baulichen Anlagen und für das Erleben der Zusammenhänge in markanten Bildern, Sichtwinkeln und in der Wahrnehmung des Wirkungsraumes. Die zahlreichen historischen Informationen sind auf den Dom konzentriert. Das geeignete Instrument zum Schutz der historischen Spuren um Dom und Klosterbauten ist die Ausweisung eines Denkmalbereiches gemäß Denkmalschutzgesetz NW.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2019)