Denkmalbereich „Düren - Siedlung Grüngürtel“

Grüngürtel-Siedlung

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Düren
Kreis(e): Düren
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 48′ 46,59″ N: 6° 29′ 40,47″ O 50,81294°N: 6,49457°O
Koordinate UTM 32.323.500,58 m: 5.632.015,60 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.534.901,10 m: 5.630.953,74 m
  • Siedlung Grüngürtel (2015)

    Siedlung Grüngürtel (2015)

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    Annette Schwabe / Landschaftsverband Rheinland
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    Annette Schwabe
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Als Bindeglied auf dem Handelsweg zwischen den Städten Aachen und Köln verdankt die Stadt Düren ihre Bedeutung als Wirtschafts-, Handels- und Kulturzentrum in der Region der Voreifel vor allem der Wasserkraft und Wasserqualität der Rur. Eisenverarbeitung, Papier- und Tuchherstellung waren schon in vorindustrieller Zeit die bestimmenden Wirtschaftsfaktoren, die der Stadt zu Reichtum, Ansehen und zur Vormachtstellung im Herzogtum Jülich verhalfen.

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr Düren, begünstigt durch die Anbindung an den Schienenverkehr, einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung. Die traditionellen Manufakturen expandierten zu leistungsfähigen, erfolgreichen Industrieunternehmen. Die finanzielle Potenz der Stadt blieb nicht ohne Auswirkung auf die Stadtentwicklung, die zunächst eher planlos verlief. Erst ab 1892 lag ein vom Kölner Stadtbaumeister Stübben erarbeiteter Stadtentwicklungsplan vor, mit Hinweisen für eine gesamtstädtische Neuordnung und Erweiterung. In der Folge setzte eine enorme Bautätigkeit ein. Es entstanden zahlreiche kulturelle und soziale Einrichtungen sowie auch Wohnquartiere für die Dürener Bürgerschaft. Die Wohnverhältnisse, vor allem die der Industriearbeiter, waren jedoch überaus beklagenswert. Werkseigene Wohn- und Schlafhäuser standen zwar schon zum Ende des 19. Jahrhunderts zur Verfügung, reichten aber bei weitem nicht aus, die stetig ansteigende Nachfrage nach Wohnraum - gerade für Familien - zu befriedigen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlossen sich das städtische Wohnungsamt, der 1902 gegründete Dürener Bauverein und Siedlungsgenossenschaft für die Stadt und den Kreis Düren zu einer Interessengruppe zusammen, die dem Dürener Siedlungsbau starke Impulse gab und wegweisende städtebauliche, sowie architektonisch bemerkenswerte Großprojekte initiierte.
In dieser Zeit entstand die Siedlung „Grüngürtel“ auf der damals freien nordöstlichen Stadtseite, begrenzt von der Eisenbahntrasse Aachen-Köln, der Kölnstraße und der heutigen Schoellerstraße. Ihr städtebauliches Konzept verwirklicht im Ansatz die Idee der Gartenstadt und nimmt überdies die neuen Grundsätze moderner Stadtbaukunst vorweg, nämlich die räumliche Trennung städtischer Grundfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Handel, Verkehr und Freizeit; Grundsätze, die 1933 in der Charta von Athen europaweit ihren Niederschlag fanden.
Heinrich Dauer, Stadtbaumeister und Leiter des Hochbauamtes und später Beigeordneter der Stadt Düren, zeichnete verantwortlich für das konsequente städtebauliche Konzept der Siedlung, während die architektonische Umsetzung in den Händen von Architekt Ernst Schneiders lag.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg waren verschiedene Siedlungsbereiche im Grüngürtel bezugsfertig, jedoch zog sich der Abschluss der Siedlungsbaumaßnahme aufgrund ihres Bauvolumens bis in den Anfang der 1930er Jahre hin. Die Bauzeit von mehr als zwanzig Jahren mag Ursache für das Charakteristikum der Siedlung gewesen sein: Drei Baualterstufen, die sich durch zeittypische Architekturmerkmale auszeichnen, belegen die „Wachstumsperioden“ der Siedlungsanlage. Die konsequent durchgeführte Backsteinbauweise schuf jedoch ein geschlossenes, einheitliches Erscheinungsbild.
Um 1914 wurden entlang der Brücken- und Fröbelstraße und um den Freiheitsplatz die ersten Wohnkomplexe in der Formensprache des Traditionalismus fertiggestellt. Schmale eingeschossige Einfamilienreihenhäuser, ausgestattet mit gestaffelten Walm- und Mansarddächern, gestaltet durch kleinteilige Fenster- und Türanlagen, erinnern an die Stilmerkmale des Historismus und vermitteln den Eindruck von Solidität und Geborgenheit. Die in den Jahren 1924 bis 1929 erbauten Straßenzüge, zwei- bis dreigeschossige Mehrfamilienhausgruppen entlang der Meiring-, Freiheits- oder Werderstraße, zeigen Architekturmerkmale des Expressionismus. Scharfkantige geometrische Baukörper mit an Kristallstrukturen erinnernden Zierelementen beschreiben axial ausgerichtete Platzfiguren, die die Grundform von Trapez und Rhombus aufnehmen. Das durch Schrägstellung der Baukörper bewußt angewandte Prinzip der Scheinperspektive führte zu städtebaulich wirksamen Effekten.

Nach 1930 entstand der Straßenzug entlang der Blücherstraße aus schlichten, klaren Baukörpern des Funktionalismus. Das äußere Erscheinungsbild der Wohnbauten ist gekennzeichnet durch strenge horizontal angelegte Fensterreihen ohne Dekor; die Kubatur entspricht geometrischen Körpern wie Würfel oder Quader. Die natürlichen Eigenschaften des Materials Ziegel und die Einfachheit der Konstruktion spiegeln sich in der schlichten Eleganz der Bauwerke wider.
Die Anforderungen moderner stadtplanerischer und gestalterischer Grundsätze wurden von Heinrich Dauer bei der Projektierung der Siedlung Grüngürtel äußerst genau beachtet. Ausreichende Durchlüftungsachsen in Form von Freiflächen für die Allgemeinheit sowie angemessene private Gartenareale waren städtebauliche Vorgaben, die gesunde Wohnverhältnisse sicherten. Überdies legte Dauer in seiner Konzeption die eindeutige Trennung zwischen Wohn- und Verkehrsstraßen fest und gewährleistete somit einen weitgehend gefahrlosen Straßenraum für Fußgänger. Durch die geschickte Straßen- und Wegeführung, durch zahlreiche Platzbildungen, durch reizvolle Gruppierungen und Staffelungen der Wohngebäude, schuf er eine städtebaulich ansprechende, fortschrittliche Wohnsituation für die Dürener Arbeiterschaft.
Während die Innenstadt von Düren im Zweiten Weltkrieg fast zu 98% zerstört wurde, kam die Grüngürtelsiedlung vergleichsweise unbeschadet davon. Kleinere Kriegsschäden wurden unter Berücksichtigung der Vorkriegskonzeptionen behoben, jedoch deutlich ablesbar im Sinne des Wiederaufbaus. Erst in den 1970er und 1980er Jahren im Zuge der Energieeinsparwelle führten Veränderungen an der Außenhaut der Baukörper zu empfindlichen Beeinträchtigungen und Verunstaltungen des Gesamtcharakters der Siedlung. Die daraufhin in Angriff genommene Ausweisung als Denkmalbereich vollzog sich aufgrund des Widerstandes der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Düren - die neben der Stadt Düren die gewichtigste Eigentümerin der Siedlung ist - sehr schleppend.

Seit nunmehr Ende 1989 besteht eine rechtskräftige Denkmalbereichssatzung. Sie bezieht sich im wesentlichen auf die weitgehend durch den Krieg verschont gebliebenen Bereiche des Grüngürtels. Städtebauförderprogramme des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verbesserung und Belebung des Siedlungskomplexes stehen zur Verfügung.

(Oktavia Zanger, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, LVR, aus: Mainzer (Hrsg.) 1996)

Literatur

Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 49.) S. 72-74, Köln.

Denkmalbereich „Düren - Siedlung Grüngürtel“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Grüngürtel
Ort
52531 Düren
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1914 bis 1935

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„Denkmalbereich „Düren - Siedlung Grüngürtel“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59300-01122016-261957 (Abgerufen: 26. April 2024)
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