Beruhend auf Forschungen aus den 1910er Jahren gab es seit 1928 Versuche zur fabrikmäßigen Herstellung von PVC, die in der Entwicklung der Pe-Ce-Faser 1934 mündeten. In den 1930er und 1940er Jahren wurde die Rüstungsproduktion, unter Einsatz von Zwangsarbeit wie in allen I.G. Farben-Werken, erneut sehr intensiviert. Leichtmetalle für Flugzeuge, Boote oder Bomben, Schwermetalle und verschiedene chemische Produkte wie Chemikalien, Kunststoffe, Düngemittel wurden produziert. Der hohe Strombedarf wurde u.a. mit dem eigenem Braunkohlenkraftwerk gedeckt.
Nach Kriegsende 1945 hatten die Bitterfelder Braunkohlenwerke und Chemiebetriebe im Gegensatz zum Geiseltal und Leuna kaum Schäden zu verzeichnen. Die Produktion kam aber zum völligen Erliegen, vor allem durch die Befreiung der Zwangsarbeiterschaft. 1946 bis 1952 wurde als Teil der SAG „Kaustik“ zu ca. 50 Prozent für die Leistung der Reparationen produziert. Mit Verabschiedung des DDR-Chemieprogramms 1958 wurde die Bitterfelder Elektrolysechemie besonders auf die Chlor- und PVC-Produktion konzentriert. Hier stand bis zu einem Unfall 1968 mit über 40 Toten die größte PVC-Produktionsanlage der DDR, die danach komplett nach Schkopau in Form eines kompletten Neubaus in die VEB Chemische Werke Buna verlagert wurde
. Das 1969 unter Vereinigung des VEB Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld (EKB; war nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron hervorgegangen) mit der Wolfener Farbenproduktion gegründete VEB Chemiekombinat Bitterfeld (CKB) hatte große Bedeutung für die DDR-Wirtschaft als Produzent für Grund- und Haushaltschemikalien, Aluminium, Farbstoffe und Lacke, Pflanzenschutz-, Schädlingsbekämpfungs- und Düngemittel, Waschmittel, pharmazeutische Grundsubstanzen, Kunststoffe und Weiteres. Häftlinge wurden auch in dieser Epoche zu extrem gesundheitsschädlicher, teils sogar tödlicher Arbeit, beispielsweise in der Nähe der quecksilberhaltigen Elektrolysezellen gezwungen (siehe Objekt 45000360).
1990 konnte der Standort nicht als Ganzes privatisiert werden. Zur Erhaltung wurde ein Chemiepark-Konzept entwickelt, bei dem über Ausgliederung von Bereichen, Neuansiedlung von Firmen und Bereitstellung bzw. Nachnutzung der baulichen und verkehrlichen Infrastruktur die weiträumigen Industriestandorte in Wolfen und Bitterfeld wirtschaftlich erfolgreich verwaltet werden. Seit 2021 wird am Standort mittels überschüssiger Solar- und Windenergie der erste grüne Wasserstoff aus Chloralkali-Elektrolyse in Deutschland produziert.
Datierung:
- 1893/4 - bis dato
- Bauphase(n):
Quellen/Literaturangaben:
- Hackenholz, Dirk: Die elektrochemischen Werke in Bitterfeld 1914-1945. Ein Standort der IG-Farbenindustrie AG, in: Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg(Hrsg.): Forschungen zur Neuesten Geschichte, Band 3, Münster, 2004.
- Heinz Peter Brogiato/Luise Grundmann: Mitteldeutschland in frühen Luftbildern, Leipzig 2005
https://www.chemiepark.de/der-chemiepark/historie/, abgerufen am 9.8.2023.
- Lang, Wilhelm: 18.Oktober 1894 - Die erste Chloralkalielektrolyse geht in Bitterfeld in Betrieb, In: Verein der Freunde und Förderer des Kreismuseums Bitterfeld e.V.(Hrsg.): Zur Industriegeschichte der Bitterfelder Region, Heft 3, Bitterfeld 1996.
- Schmidt, Jürgen: Das Volksbad in Roitzsch. Geschichte und Geschichten. Leipzig, 2008.
- Vesting, Justus: Zwangsarbeit im Chemiedreieck. Strafgefangene und Bausoldaten in der Industrie der DDR, Berlin 2012.
- Vorstand der Chemie-AG Bitterfeld-Wolfen (Hrsg.): Bitterfelder Chronik.100 Jahre Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen. Bitterfeld, 1993.
- https://www.chemiepark.de/der-chemiepark/historie/, abgerufen am 9.8.2023.
BKM-Nummer: 45000341