Analog zu der bereits vorhandenen Anlage wurde 1971 eine weitere Phenol-Destillationsanlage zur Herstellung von Harzen eingebaut. Dort wurde Rohsäure destillativ in Phenol, Kresol und Phenol-Kresol-Gemisch zerlegt. Verarbeitet wurden dabei Koppers-Rohphenole des VEB Kombinat Espenhain und Phenosolvanextrakt des Kombinats Lauchhammer sowie Natronlauge. Bei der destillativen Aufarbeitung des Rohphenols blieben etwa 25 Prozent des eingesetzten Rohphenols als Destillationsrückstand (Abfallprodukt) zurück. Die Lagerung der Rohstoffe und Zwischenprodukte erfolgte im vorhandenen Phenoltanklager. Der innerbetriebliche Transport erfolgte über ein Rohrleistungssystem.
Der viergeschossige Fabrikbau mit flachem Satteldach und entlang der Längsachse des Baukörpers ausgerichtetem, eingeschossigem Dachaufbau verfügt auf der Südseite über eine Rohrbrücke zum ehemaligen Phenoltanklager. Das Objekt wurde in der ersten Bauphase der Fabrikanlage errichtet, als Stahlbetonkonstruktion erbaut und mit dunklen Klinkersteinen verkleidet. Auf der Nordseite befindet sich fast über die gesamte Länge ein eingeschossiger Anbau, der in eine zum Teil überdachte Rampe übergeht, die sich wiederum über die gesamte Ostseite des Gebäudes zieht. Auf der Südseite des Objekts gibt es einen weiteren eingeschossigen Anbau, der jedoch von der östlichen Ecke nur bis auf die Höhe der Rohrbrücke reicht und an den sich fünf Toröffnungen anschließen, von denen vier jedoch mit weißen Wellblech-Platten verschlossen wurden. Lediglich ein Tor ist mit einem Metall-Rolladen versehen.
Die ursprünglichen Doppelkreuz-Fenster vom ersten bis zum vierten Geschoss sind ebenso wie die Doppelfenster im Dachaufbau zum größten Teil erhalten. Lediglich einige wenige Original-Fenster existieren nicht mehr und deren Öffnungen wurden zugemauert. Die Fenstergläser sind jedoch vielfach zerbrochen. In den Anbauten und an den Rampen befinden sich grüne Doppeltüren aus Metall, über die das Objekt betreten werden kann. Besonders prägnant und weit sichtbar ist der auf der Südseite des Dachaufbaus mit grüner Farbe auf weißem Hintergrund angebrachte Schriftzug »Raschig«.
Für die 1971 errichtete Destillationsanlage wurden ein Teil des damals vorhandenen Fußbodens und Fundaments, einschließlich einer Rampenmauer und Treppenstufen abgebrochen sowie Deckendurchbrüche im zweiten und dritten als auch im Dachgeschoss vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Stahlgerüst für einen Kühler und ein Dampfstrahl-Luftsauger-Aggregat im Dachgeschoss errichtet.
Das Objekt war Teil der ursprünglichen karbochemischen Fabrikanlage. Es diente bis zum Ende der DDR der Destillation von Karbolsäuren, die ein wichtiger Bestandteil für die Produktion von duroplastischen Formmassen darstellen. Es spielt damit eine zentrale Rolle innerhalb der Produktionsabläufe des Werks. Das Objekt ist dadurch wirtschafts- und technikhistorisch von Bedeutung. Darüber hinaus ist es eines der größten Gebäude innerhalb der Fabrikanlage und stellt zusätzlich durch die Aufschrift »Raschig« auf dem Dachaufbau, der aus der Ferne gut zu sehen ist, eine wichtige Landmarke dar.
(Christian Schmidt, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)
Datierung:
- Erbauung 1940
Quellen/Literaturangaben:
- Bauaktenarchiv Borna, Leipziger Straße 40.
- Firmenarchiv Raschig.
Bauherr / Auftraggeber:
- Bauherr: Dr. F. Raschig GmbH (GND: 74617-4)
- Eigentümer: Dr. F. Raschig GmbH (GND: 74617-4)
- Eigentümer: VEB Plasta Kunstharz- und Pressmassewerk Espenhain
- Eigentümer: Plasta GmbH
- Eigentümer: Raschig AG
- Eigentümer: Raschig GmbH
- Entwurf: Schittenhelm, Otto
- Ausführung: Brömme, C.
BKM-Nummer: 31200015