Ofenhaus (Braunkohlenwerk Kulkwitz)

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Markranstädt
Kreis(e): Leipzig
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 17′ 29,61″ N: 12° 14′ 17,92″ O 51,29156°N: 12,23831°O
Koordinate UTM 33.307.446,60 m: 5.685.870,51 m
Koordinate Gauss/Krüger 4.516.729,04 m: 5.684.106,92 m
  • ehem. Ofenshaus des Schwelwerks mit Blick Richtung Südwest

    ehem. Ofenshaus des Schwelwerks mit Blick Richtung Südwest

    Fotograf/Urheber:
    Isabell Schmock-Wieczoreck
    Medientyp:
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  • ehem. Ofenhaus des Schwelwerks aus westlicher Richtung

    ehem. Ofenhaus des Schwelwerks aus westlicher Richtung

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    Isabell Schmock-Wieczoreck
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Das heute als Hauptsitz einer im Bereich der Umweltmesstechnik tätigen Firma dienende Gebäude bildete in seiner ursprünglichen Funktion als Ofenhaus das Herzstück der Schwelerei des Kulkwitzer Braunkohlenwerkes. Neben dem Großraumbunker, dem Nass- sowie Trocken- und Pressdienst war dieses Gebäude zentraler Bestandteil des 1937 projektierten Ausbaus des hiesigen Braunkohlenwerkes im Kontext seiner Umstellung von Tief- auf Tagebaubetrieb. Die Ausweitung der Brikettproduktion sowie der Fokus auf synthetische Kraftstoffe wie Gasbenzin erfolgte auf Anweisung der Vierjahresplanbehörde (Hermann Göring), die wirtschaftliche Autarkie und Aufrüstung forcierte. Das 1939 nach den Plänen des Leipziger Ingenieur- und Architekturbüros Paul Ranft fertiggestellte Ofenhaus beherbergte die für den chemischen Prozess der Verschwelung benötigten Schwelöfen. Die 24 eingesetzten Borsig-Geißen-Öfen stellten sich jedoch als sehr wartungsaufwändig und reparaturanfällig heraus, sodass die erzeugte Teermenge bald schon drastisch absank. Überlegungen zur Versetzung von Lurgi-Spülöfen aus anderen Fabriken wurden nicht umgesetzt und im November 1948 folgte die endgültige Stilllegung der Schwelanlage. Neben Teer wurde in nachgeschalteten Kondensations- und Kühlanlagen sowie Vor- bzw. Nachwäschern auch Gasbenzin, Mittel- und Leichtöl gewonnen und in entsprechenden Behältern gelagert. Der übrig gebliebene Koks wurde zum gegenüberliegenden Kraftwerk über ein Förderband transportiert oder im benachbarten Gebäude für die Gaserzeugung (Generatoren- oder Stadtgas) weiterverwendet.
Seiner ursprünglichen Funktion entbunden, wurde in der Folge im Gebäude ein Versuchsstand des VEB Entstaubungstechnik „Edgar André“ Magdeburg etabliert, der in der Entwicklung neuer Filter für Industrieschornsteine in der DDR (Bau von Prototypen und deren Erprobung) tätig war. 1997/1998 erfolgten Sanierung und Umbau des ehemaligen Ofenhauses zum Firmenhauptsitz, wobei die Bausubstanz stark überformt wurde.
Das in Stahlfachwerkkonstruktion errichtete und mit Ziegelmauerwerk ausgefachte Gebäude erhebt sich über ein breiteres Sockelgeschoss. Ursprünglich waren auf dem hervorstehenden Sockel Maschinenteile montiert. Die nach Südosten orientierte Vorderseite war durch horizontal verlaufende Fensterbänder auf drei Ebenen sowie einen hervortretenden Mittelrisalit mit einem durchlaufenden vertikalen Fensterband gegliedert. Ein sich über die Seiten erhebender Aufbau in der Gebäudemitte nahm die Kohle auf, die im Gebäudeinneren in Behältern im oberen Bereich gesammelt und dann den weiter unten stehenden Öfen zugeführt wurde. Horizontal verlaufenden Fensterbänder waren auch für Gebäudeseiten sowie den schmaleren Gebäudeaufsatz bestimmend. Zahlreiche der ursprünglichen baulichen Elemente lassen sich auch im sanierten Gebäude ausmachen (Sockelgeschoss, Fensterbänder, Mittelrisalit), obgleich der Baukörper durch Angleichung der Geschosshöhen jetzt geschlossener erscheint. Die größte bauliche Veränderung stellt der Anbau eines gläsernen, rund gefassten Treppenhauses auf der nordwestlichen Gebäudeseite dar.
Das nur über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren in seiner ursprünglichen Funktion genutzte Ofenhaus trägt insbesondere wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung und verweist sowohl auf die intensivierten Kriegsvorbereitungen der Nationalsozialisten seit Mitte der 1930er Jahre als auch die Mangelwirtschaft der Nachkriegszeit, in der keine Ersatzteile zu beschaffen waren. Mit seiner zentralen Lage sowie überragenden Höhe bildet es das Zentrum des Betriebsgeländes und Firmensitzes.

(Isabell Schmock-Wieczorek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)

Datierung:
  • Erbauung 1938–1939

Quellen/Literaturangaben:
  • Frank Johannsen, Vom Bierholer zum Preisträger: Wie Holger Födisch Unternehmer des Jahres wurde, in: LVZ online, 11.05.2019. URL: https://www.lvz.de/Nachrichten/Wirtschaft/Wirtschaft-Regional/Vom-Bierholer-zum-Preistraeger-Wie-Holger-Foedisch-aus-Markranstaedt-Unternehmer-des-Jahres-wurde
  • Dr. Födisch Umweltmesstechnik AG (Hg.): 30 Jahre Kompetenz in Umwelt- und Prozessmesstechnik. URL: file:///C:/Users/SchmocIs/Downloads/Broschuere_30_Jahre_DrFoedisch.pdf (10.03.2022).
  • KRGrimma, B 1441.
  • Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40185, Nr. 398.
  • Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40064, Nr. 617.

Bauherr / Auftraggeber:
  • Bauherr: Leipziger Braunkohlenwerke AG (GND: 355106-4)
  • Entwurf: Fa. Paul Ranft (Ingeneur- und Architekturbureau), Inhaber Dipl.-Ing. Kind (Architekt/ Ingeneur)

BKM-Nummer: 30500046

Ofenhaus (Braunkohlenwerk Kulkwitz)

Schlagwörter
Ort
Kulkwitz
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank

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„Ofenhaus (Braunkohlenwerk Kulkwitz)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-30500046 (Abgerufen: 20. März 2025)
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