Gebäude des Staatsministers für Bundesangelegenheiten und des Bevollmächtigten des Freistaates Bayern beim Bund, Vertretung der Bayerischen Wirtschaft, „weissblaue Botschaft“
Die ursprüngliche Bezeichnung der Landesvertretung Bayern lautete „Gebäude des Staatsministers für Bundesangelegenheiten und des Bevollmächtigten des Freistaates Bayern beim Bund, Vertretung der Bayerischen Wirtschaft“, sie wurde auch „weissblaue Botschaft“ genannt. Als Architekt zeichnete Sep Ruf (1908-1982). Mit Sep Ruf wählte das Land einen ausgewiesenen Architekten der Moderne in Bayern. Die bayerische Landesvertretung war nicht die erste Begegnung Sep Rufs mit Bonn. Bereits 1949 trat er mit einer Siedlung des Immobilienunternehmens Gagfah in Bad Godesberg auf. Es folgten die Amerikanische Botschaft (damals noch High Commission of Germany - HICOG) in der Deichmannsaue (1950-52) und die amerikanischen Siedlungen in Tannenbusch, Muffendorf und Plittersdorf (1951-52).
Der langgestreckte dreigeschossige Baukörper ist ein Stahlskelettbau, bei dem das zweite Obergeschoss mit umlaufender Dachterrasse zurückgesetzt ist. Der Stahlskelettbau wird ausschließlich von den im Inneren liegenden zierlichen Rundstützen getragen. Die Decken sind aus massivem Beton. Die Wände des Hauptgebäudes sind frei vor die Stahlstützen gehängt und waren in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild als durchgehende Glaswände wahrnehmbar, die nur durch zierliche weiße Stahlprofile im Abstand von 2,20 Meter gegliedert waren. Die Fenster waren als horizontale Drehflügel in Holz gearbeitet, wobei die seitlichen Glaselemente fest waren. Heute ist dies umgekehrt. Diese Fensterkonstruktion, die dem Gebäude ein Höchstmaß an Transparenz verlieh, wandte Ruf mehrfach an, so bei der Bayerischen Staatsbank in Erlangen oder dem Haus der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn. Die Durchsichtigkeit setzte sich im zweiten Obergeschoss fort und die gläserne Brüstung nahm den Rhythmus der Fensterelemente auf. Das Flachdach ist mit weitem Überstand um das Gebäude herumgeführt. Als Sonnenschutz dienten orangerote ausfahrbare Markisen, die eine luftige Leichtigkeit und einen farblichen Akzent darstellten. Die Brüstungsfelder sind in schwarzem Kunsteinputzplatten ausgefacht. Der Eingang wird durch eine weit vorkragende Platte auf zierlichen Stützen betont. Das Vordergebäude ergänzte zur Linken ein massiver weiß verputzter Bauteil, der ursprünglich die Hausmeisterwohnung und die darüber gelegene Registratur aufnahm.
Die Eingangshalle ist raumhoch verglast; zur Straßenseite befanden sich die Referentenzimmer. An der linken Stirnseite führt eine Treppe mit zierlichem durchgehenden Gestänge ins Obergeschoss. Zur Rechten befand sich ein eingeschossiger Garderobentrakt mit Teeküche und Nasszellen. Nicht unerwähnt bleiben darf hier der legendäre Bierkeller, von Sep Ruf noch liebevoll als „Bierstübl“ bezeichnet. Hier wurden Feste, Anlässe heftig und deftig nach bayerischer Art gefeiert und Politik geschrieben. Keine Prominenz, die hier nicht zu Gast gewesen war. Im rückwärtigen Garten befindet sich ein eingeschossiges Pavillongebäude, das vom überdachten Eingang axial durch die Eingangshalle erreichbar ist, durch die durchgehende abgehängte anthrazitfarbene Decke und den Bodenbelag gleichsam Richtung weisend. Hier befanden sich ursprünglich die Arbeitszimmer des Bevollmächtigten, seines Stellvertreters und der große und kleine Sitzungssaal, durch einen mittigen Flur geteilt. Nach außen sind die Wände raumhoch verglast, die Säulen wie beim Hauptgebäude tragend im Innern vor die Glaswand gesetzt, mit weitem Dachüberstand von zierlichen Stäben gestützt. Die originalen Markisen sind hier noch erhalten. Das gesamte Gebäude war ursprünglich außen und innen im repräsentativen Bereich mit unregelmäßigem Plattenbelag (heller Jura-Travertin) versehen. Im gartenseitigen Bereich ist der Plattenboden erhalten. Die Gartengestaltung auf relativ kleiner Fläche trägt einem intimen Innenhofcharakter Rechnung und ist wesentlich durch Rasenfläche bestimmt mit Baumbepflanzung am Rand, einer Wasserschale und einem Findling mit Reliefs von Josef Henselmann (1898-1987). Die Mauer an der Stirnseite des Pavillons ziert ein Keramikrelief von Karl Knappe (1884-1970).
Der Bau hat im Laufe seiner Geschichte einige erhebliche Veränderungen erfahren. Der ursprüngliche Zustand lässt sich noch am besten in der Eingangshalle und im gartenseitigen Pavillon (Repräsentationstrakt) ablesen. 1975 und 1980-82 wurde das Gebäude teilweise umgebaut, die Raumaufteilung verändert und erweitert (Planungsgruppe Stieldorf). Zu den wesentlichen Veränderungen zählen die Aufstockung des Garderobentraktes an der rechten Seite, die durchgängige Fensterveränderung mit Ausnahme des Pavillons, Entfernung der Markisen am Hauptgebäude einhergehend mit einem neuen Sonnenschutzsystem, die Farbgebung innen und außen, die Aufdoppelung der Eingangskragplatte. 2009 erwarb die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Haus zur eigenen Nutzung als Geschäftsstelle. Am 04. Oktober 2010 fand die feierliche Eröffnung statt.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat bei der Renovierung des Gebäudes den früheren Veränderungen Rechnung tragen müssen. Die original erhaltenen Teile wurden behutsam erhalten und dort wo möglich, der Urzustand wiederhergestellt, wie bei den aus Brandschutzgründen ummantelten Innenstützen oder der Farbgebung, die durch Befund belegt werden konnte. Die Renovierung wurde vom Büro Michael Deiseroth geleitet mit Unterstützung der Architekten Annette Liebeskind und Rainer Mertesacker von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Der bekannte Bierkeller musste dem Archiv der Stiftung weichen.
Das Objekt „ehemalige Bayerische Landesvertretung“, Schlegelstraße 1, ist ein eingetragenes Baudenkmal (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Nr. 34523, Denkmalliste der Stadt Bonn, Lfd. Nr. A 3811).
(Angelika Schyma, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2013)
Literatur
Bredenbeck, Martin; Moneke, Constanze; Neubacher, Martin (2011)
Bauen für die Bundeshauptstadt. (Edition Kritische Ausgabe, Band 2.) S. 95-101, Bonn.
Nerdinger, Winfried (2008)
Sep Ruf 1908-1982. Moderne mit Tradition, Ausstellungskatalog Architekturmuseum München. München.
Schmid, Walter (1976)
Die weissblaue Botschaft. Bornheim.
Schyma, Angelika (2009)
Sep Ruf in Bonn. In: Sep Ruf – Planungen und Bauten für Bonn. Ausstellungskatalog Gesellschaft für Kunst und Gestaltung, S. 7-17. Bonn.
Stadt Bonn, Amt 61-02, Untere Denkmalbehörde (Hrsg.) (2012)
Liste der gem. § 3 DSchG NW in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmäler, Bodendenkmäler, beweglichen Denkmäler und Denkmalbereiche der Stadt Bonn (Stand: 01.01.2012). S. 50, Bonn.
(1958)
Das Werk von Sep Ruf. In: Baukunst und Werkform, Heft 4, S. 183-240. o. O.
(1958)
Dienstgebäude des Bevollmächtigten des Landes Bayern in Bonn. In: Baukunst und Werkform, Heft 4, S. 198-200. o. O.
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