Der repräsentative Kaiserbahnhof in Brühl-Kierberg wurde 1874 von der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft an der Eifelstrecke Köln – Euskirchen – Trier gebaut. Die ersten Züge konnten Kierberg am 1. Oktober 1875 anfahren. Seinen Namen verdankt der Bahnhof Kaiser Wilhelm I., der den Bahnhof während seiner Residenz im Brühler Schloss Augustusburg nutzte, um zu seinen Truppen in die Eifel zu gelangen. Das herrschaftliche Empfangsgebäude steht heute unter Denkmalschutz und beheimatet unter anderem einen Gastronomiebetrieb.
Bau der Eifelstrecke Der Bahnhof Brühl-Kierberg ist heute ein Haltepunkt der „Eifelbahn“, welche die Städte Köln, Euskirchen und Trier verbindet und von der Regionalbahn RB 24 befahren wird. Die von der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft geplante Linie sollte die vorhandenen Eisenerzgruben in der Eifel bei Schleiden besser erschließen. Daher forderte der Kölner Regierungspräsident die in der Bürgermeisterei Brühl liegenden Gemeinden Vochem und Kierberg auf, das für den Streckenbau erforderliche Terrain unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. 1864 begann der Bau der Eifelstrecke, ein Jahr später konnte der erste Streckenabschnitt Euskirchen – Mechernich eröffnet werden. In den folgenden Jahren fand ein weiterer Ausbau bis nach Trier statt. Nach der Fertigstellung des Abschnitts Hürth-Kalscheuren – Euskirchen rollten ab dem 01. Oktober 1875 auch die ersten Züge durch den Bahnhof Kierberg.
Der Bahnhof Kierberg Nach dem Willen der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft wurde in Kierberg eine repräsentative Bahnhofsanlage gebaut, welche die glänzende Wirtschaftslage und die wichtige Stellung der Streckenführung innerhalb des westdeutschen Eisenbahnnetzes dokumentieren sollte. Sie wurde aufwendiger als alle anderen Bahnhöfe an der Strecke von Köln nach Trier errichtet. 1874 war der Bahnhof inklusive eines herrschaftlichen Empfangsgebäudes aus Backstein im Stil des Historismus mit Terrassenanlagen, eines nördlich anschließenden Trafohauses und einer großzügigen Parkanlage fertig gestellt. Die Eröffnung des Bahnhofs erfolgte 1875.
Umbenennung in Kaiserbahnhof Seinen Ruhm und auch den Namen verdankt der Bahnhof Kaiser Wilhelm I. Der König der Preußen wählte zusammen mit seiner Frau Augusta in den Jahren 1877 und 1884 das Schloss Augustusburg zur Residenz während der im Herbst stattfindenden militärischen Manöver. Um zu den Truppen in der Nähe von Lommersum in der Eifel zu gelangen, nutzten die Majestäten den Hofzug ab dem Bahnhof Kierberg, für die extra ein von der Strecke abzweigendes Abstellgleis gebaut wurde. Die Bahnanlage wurde somit zum Repräsentationsbahnhof des deutschen Kaisers und von der Brühler Bevölkerung in „Kaiserbahnhof“ umbenannt. Eigens für das Kaiserpaar ließ die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft zudem eine 19 Meter breite Kastanienallee anlegen, die den Bahnhof Kierberg mit der Stadt Brühl verband und heute die Bezeichnung Kaiserstraße trägt.
Der Bahnhof als Vergnügungsstation Der Kierberger Bahnhof entwickelte sich als gastronomisches Ausflugsziel und in landschaftlich reizvoller Lage am Hang des Vorgebirges schnell zu einem beliebten Treffpunkt. Wenn das Kaiserpaar nicht in Brühl residierte, bevölkerte die Kölner und Brühler Bürgerschaft den Kaiserbahnhof. Sowohl im 19. Jahrhundert als auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt die Bahnhofsanlage wegen seiner Laubengänge und Terrassen, des Aussichtsturms, der Musikhalle und der großzügig angelegten Parkanlage rasch als „Vergnügungsstation“.
Anbindung der Braunkohlegruben Von großer Bedeutung war die Eifelstrecke auch für die Braunkohlen- und Brikettindustrie. Als am 1. März 1877 auf der Roddergrube das erste Brikett im rheinischen Braunkohlenrevier gepresst wurde, konnte der Transport direkt über die Eisenbahn erfolgen. Bis zum Jahr 1892 lagen über 70 Prozent der frühen Brikettfabriken im Südrevier aufgereiht an der Eifelbahn zwischen Köln und Liblar. Damit die Braunkohlezüge aus den Gruben westlich von Brühl einen Bahnanschluss erhielten, wurde Anfang der 1890er Jahre der Übergabebahnhof Kierberg errichtet und die Bahnanlage auf sieben Gleise erweitert.
Der Kaiserbahnhof verliert an Bedeutung Zur Zeit des Ersten Weltkriegs (1914-1918) passierten zahlreiche Truppenzüge den Bahnhof Kierberg, um Soldaten zum Stellungskrieg nach Frankreich und Verwundete zurück in die Heimat zu transportieren. Sowohl den Ersten als auch den Zweiten Weltkrieg überstand der Kaiserbahnhof glücklicherweise weitestgehend unbeschadet.
Mit dem Ende der wilhelminischen Ära und mit dem fortschreitenden Siegeszug des Automobils verlor der Kaiserbahnhof Kierberg jedoch zusehends an Bedeutung. Nachdem die Tagebaugruben zwischen Brühl und Liblar in den 1960er Jahren ausgekohlt waren, begann die Deutsche Bahn neben dem Übergabebahnhof Kierberg auch die Überhol- und Gleisanlagen nach deren Stilllegung abzubauen. Damit wurde aus dem einst bedeutenden Kaiserbahnhof Kierberg ein einfacher Haltepunkt. Die Gebäude verfielen und der Park verwildete zusehends. Anstelle der alten Schalteranlagen im herrschaftlichen Bahnhofsgebäude errichtete die Deutsche Bundesbahn einen kleinen Bungalow-Bau neben den Bahngleisen, aus dem heraus die Zugfahrkarten verkauft wurden.
Im Jahr 1977 konnte schließlich ein privater Nutzer gefunden werden, der die Anlage vor dem endgültigen Verfall rettete und im ehemaligen Empfangsgebäude eine Gastronomie eröffnete. Seit dem 02. Februar 1984 steht das Empfangsgebäude des Kaiserbahnhofs unter Denkmalschutz.
Der alte Kaiserbahnhof im neuen Glanz Zwischen 2006 und 2008 fanden verschiedene Umbaumaßnahmen am Haltepunkt Kierberg statt: Der Bahnsteig wurde angehoben, ein Mittelbahnsteig errichetet, eine behindertengerechte Unterführung mit Fahrstuhl geschaffen und Wartehäuser mit Fahrkartenautomaten gebaut. Nach einem mehrfachen Eigentümerwechsel begann Ende 2008 die umfangreiche Kernsanierung des Empfangsgebäudes. Im Juni 2010 öffnete das Restaurant im Kaiserbahnhof mit angrenzendem Biergarten seine Türen.
Hinweise Das Objekt „Kaiserbahnhof Kierberg“ mit seinen Nebengebäuden ist ein eingetragenes Baudenkmal (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Nr. 71972 / Denkmalliste der Stadt Brühl, laufende Nr. 31). Der Kaiserbahnhof Kierberg in Brühl war KuLaDig-Objekt des Monats im Februar 2015.
(Anne Stollenwerk, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2014, mit freundlicher Unterstützung der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat und Kulturpflege)
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Kretzschmar, Frank (2004)
Mühlen, Bauten und versteckte Winkel im Rhein-Erft-Kreis. Köln.
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (2007)
Jakobswege. Wege der Jakobspilger im Rheinland. Band 2: In 13 Etappen von Köln und Bonn über Trier nach Perl/Schengen am Dreiländereck von Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Köln (3. Auflage).
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