Quellen am Niederrhein

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
  • Austrittspunkt einer Quelle (2021)

    Austrittspunkt einer Quelle (2021)

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    Durchnässter Boden nahe der Quelle (2021)

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    Teich an der Drususquelle an der Hees bei Xanten (2015)

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  • Quellbereich des Siegewinkelbachs (2021)

    Quellbereich des Siegewinkelbachs (2021)

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    Quellumgebung (2021)

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Der Niederrhein ist eine wasserreiche Landschaft, jedoch sind Quellen hier geologisch seltene und besondere Standorte. Im Projekt „Quellen am Niederrhein“ wurden Informationen zu Quellen in den Kreisen Kleve, Neuss, Viersen, Wesel sowie den kreisfreien Städten Krefeld und Mönchengladbach gesammelt.

1. Konzept des Projektes
2. Wasserwirtschaftliche Bedeutung
2.1. Schüttverfahren
2.2. Schüttverhalten während der Dürrejahre 2018 bis 2020

3. Geologie und Quellen
3.1.Geologie
3.2. Quellentypen
3.3. Gefasste Quellen

4. Biologie und Naturschutz
5. Balneologische und kulturgeschichtliche Bedeutung
5.1. Balneologische Bedeutung
5.2. Quellen als Kinderherkunftsort


1. Konzept des Projektes
Obwohl der Niederrhein geologisch als gut erforscht gilt und die hydrologische Literatur umfangreich ist, sind die meisten Quellen unbekannt oder wenig erforscht. Nur wenige Quellen sind umfänglich untersucht und beschrieben worden. Im Rahmen des LVR-Projektes „Quellen am Niederrhein“ wurden in zwei Projektabschnitten (2013-2014 und 2019-2022) die Kreise Kleve, Neuss, Viersen und Wesel sowie die kreisfreien Städte Krefeld und Mönchengladbach untersucht.
Bei den hier aufgeführten und zum Teil näher beschriebenen Quellen handelt es sich um solche, die aus dem hydrologischen, geologischen und landeskundlichen Schrifttum sowie aus den Karten und Kartenwerken ermittelt worden sind. Einige Quellen sind durch Hinweise und Befragungen der örtlichen Bevölkerung bekannt geworden. Gelegentlich wurde auch Archivgut ausgewertet (Atlas der deutschen Volkskunde (hier Frage 16), 5 x Rheinischer volkskundlicher Fragebogen (1930-1939), Archäologischer Fragebogen der Rheinprovinz 1925).
Es werden sowohl die rezent schüttenden als auch die ehemaligen Quellen behandelt. Wasseraustritte an künstlichen Aufgrabungen wie bspw. Bohrungen wurden, bis auf wenige Besonderheiten, nicht untersucht. Ebenso werden Brunnen in der Regel nicht erfasst; eine sachliche Trennung ist aber nicht immer möglich, da sich aus natürlichen Wasserstellen (Quellen) Brunnen entwickelt haben können. Auch hierbei wurde in Einzelfällen eine Ausnahme gemacht.
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2. Wasserwirtschaftliche Bedeutung
Während in der Zeit der Landnahme die natürliche Wasserversorgung in unmittelbarer Nähe für die Anlage einer Siedlung von existentieller Bedeutung war, ist die vergleichsweise geringe Höffigkeit der Quellen im Untersuchungsgebiet - zumindest seit der Zeit verbesserter Brunnenbautechnik - für die Versorgung größerer Siedlungseinheiten wasserwirtschaftlich ohne Bedeutung. Eine gewisse Bedeutung hatten vor allem die Wasserstellen (Quellen) auf der Bönninghardt, der Gocher Heide und im Reichswald für die Wasserversorgung von Mensch und Tier vor der Einführung der öffentlichen Wasserversorgung.
Einige Quellen dienen bzw. dienten mit ihrem Wasser der Speisung von Fischteichen, was für die Qualität der Wässer zeugt. Auch ist die Nutzung zur Trinkwasserversorgung belegt.

2.1. Schüttverhalten
Durch verschiedenste Veränderungen und menschliche Eingriffe wie Braun- oder Steinkohleabbau, Flurbereinigungen, etc. wurden die Grundwasserverhältnisse massiv verändert. Daher sind viele der ehemals vorhandenen Quellen versiegt und trockengefallen. Im Rhein-Kreis Neuss sind es 30 von 34 und im Kreis Viersen 70 von 80 Quellen. Manchmal bleibt die Quelle zumindest als Straßenname erhalten.

2.2. Schüttverhalten während der Dürrejahre 2018 bis 2020
Die Projektlaufzeit fiel bedauerlicherweise in eine Dürreperiode. Daher hatten auch schüttende Quellen ein geringeres oder kein Schüttverhalten. Dies betraf leider auch die Schutzgebiete, die den Namen „Quellen“ in der Gebietsbezeichnung tragen oder explizit die Quellen als Schutzziel haben. Da sich nach dem Dürremonitor (ufz.de) das Grundwasser bis zum Jahr 2022 in den tieferen Bodenschichten nicht erholt hatte, wurde auf eine zweite Untersuchung betroffener Quellstandorte verzichtet.
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3. Geologie und Quellen
Das Vorkommen von Quellen am Niederrhein ist ausschließlich an tertiär- und quartärzeitliche Schichten gebunden, wenn man von den artesischen Quellen - vor allem in Hünxe und Schermbeck - absieht. Die geologische Situation lässt in dieser Landschaft nur wenige Quellen erwarten, so dass die Anzahl der nachgewiesen Quellen mit 463 als auffallend hoch bewertet werden darf.

3.1.Geologie
Die Quellvorkommen sind im Wesentlichen an zwei geologische Situationen gebunden. Dies sind zum einen die Stauchmoränen des Niederrheinischen Höhenzuges, der das Untersuchungsgebiet im Osten und Norden von Krefeld-Hülser Berg bis Kleve durchzieht. Zum anderen finden sich Quellen an tektonisch bedingten Höhenzügen im Westen, nämlich dem Viersener Höhenzug.
In den Stauchmoränen befinden sich eingestauchte undurchlässige Schichten warmzeitlicher Tone des Quartärs sowie feine Meeressande des Tertiärs. Eine Quelle entsteht hier dann, wenn der Grundwasserspiegel die Erdoberfläche schneidet. Die Quellen an den Stauchmoränen sind zum überwiegenden Teil gletscherseitig ausgerichtet.
Im Kern des tektonisch entstandenen Viersener Höhenzuges befinden sich hingegen feine Meeressande des Tertiärs, die wasserstauend wirken. Das Grundwasser fließt nach Osten und Westen ab; im Westen des Höhenzuges verläuft der Viersener Sprung, an dessen Verwerfungslinie das Grundwasser als Quelle zu Tage treten kann. Aber auch an den Übergängen von der Mittelterrasse zur Niederterrasse, die durch den Schnittpunkt der Grundwasserlinien an der Terrassenkante mit der Erdoberfläche gekennzeichnet sind, finden sich Quellen. Eine Reihung von Quellen findet sich zum Beispiel in der Ilvericher Altrheinschlinge (Meerbusch).

3.2. Quellentypen
Innerhalb der Binnengewässerkunde (Limnologie) werden verschiedene Quelltypen unterschieden. Nach der gängigsten Quelltypologie werden diese in Teich- oder Tümpelquellen (Limnokrene), Sumpf- oder Sickerquellen (Helokrene) und Sturzquellen (Rheokrenen) unterteilt. Darüber hinaus werden auch Übergänge festgestellt, insbesondere zwischen den letzten beiden Typen. Manche Quellen werden als lineare Quellen beschrieben.
Bei den hier untersuchten Quellen muss zwischen schüttenden (fließenden) und nicht mehr schüttenden Quellen unterschieden werden. Bei den fließenden Quellen kann ferner zwischen gefassten und ungefassten Quellen differenziert werden. Mehr als die Hälfte der nachgewiesenen Quellen sind aktuell nicht schüttend.

3.3. Gefasste Quellen
Gefasste Quellen sind im Bearbeitungsgebiet eher die Ausnahme. Dies liegt sicherlich vor allem daran, dass an einer Fassung regelmäßig kaum wasserwirtschaftliches Interesse bestanden hat und auch nicht besteht, abgesehen von den Quellfassungen für die römische Wasserleitung. Bei Quellen, die sich in Kirchen befunden haben, ist wohl anzunehmen, dass sie gefasst waren.
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4. Biologie und Naturschutz
Quellen sind in der Kulturlandschaft in vielerlei Hinsicht als Besonderheit zu betrachten. Quellbiotope sind gesetzlich geschützte Biotope und sehr sensible Lebensräume mit spezialisierten Lebensgemeinschaften. Quellen zeichnen sich durch eine relativ hohe Konstanz ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften aus. Hervorzuheben ist insbesondere die Wassertemperatur, die nahezu unabhängig von der Umgebungstemperatur das ganze Jahr über weitgehend konstant bleibt. Viele Quellen sind heute durch menschliche Tätigkeit überprägt oder gar zerstört. Da es am Niederrhein wenige Quellen gibt, ist der ökologische Wert der wenigen noch schüttenden und halbwegs intakten Quellen nicht hoch genug einzuschätzen.

5. Balneologische und kulturgeschichtliche Bedeutung
Einige der im Verzeichnis beschriebenen Quellen sind in mancher Hinsicht mit balneologischen und kulturgeschichtlichen Erscheinungen verbunden, die es wert sind beschrieben zu werden. Allerdings wird hier keine umfassende Kulturgeschichte der Quellen des Untersuchungsraums vorgenommen.

5.1. Balneologische Bedeutung
Welche der bekanntgewordenen Quellen von Menschen zu Trink-, Heil- oder Kultzwecken genutzt worden sind, ist heute nur sehr unvollständig festzustellen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der vor- und frühgeschichtliche Mensch ein anderes, intensiveres Verhältnis zur Natur und damit zur Nutzung von Quellen hatte.
Die Heilfunktion der meisten dafür bekannten Quellen ist im Wesentlichen ein Ausdruck des Volksglaubens, wenngleich eine pharmakologische Wirkung auf Grund eines im Wasser vorhandenen Wirkstoffes nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Dieser Stoff kann möglicherweise früher im Wasser enthalten gewesen sein, zumal ein Großteil der bekannten heilkräftigen Quellen nicht mehr fließen und von daher in ihrem Chemismus nicht mehr bestimmbar ist. Es ist außerdem davon auszugehen, dass es aufgrund mangelnder hygienischer und medizinischer Verhältnisse vorteilhaft war, beispielsweise die Augen mit klarem (aseptischen) und kühlem Wasser zu behandeln und so manchmal einen Linderungseffekt zu erzielen, gerade die Augenheilquellen machen einen Großteil der Quellen mit Heilfunktion aus.
Darüber hinaus sind die Quellen in ihrer Namensgebung mit Personennamen - meist Namen von Heiligen - verbunden.

5.2. Quellen als Kinderherkunftsort
Es ist in der Volkskunde ein bekannter Sachverhalt, dass der Glaube an die Herkunft kleiner Kinder an bestimmte Örtlichkeiten gebunden ist. Im Untersuchungsgebiet treten als Kinderherkunftsorte neben den hier interessierenden Quellen auch Gewässer (z.B. Teiche), Bäume, bestimmte Gebäude und andere Örtlichkeiten auf. Der Atlas der deutschen Volkskunde (ADV) fragte 1930 in Frage 16 nach der Herkunft kleiner Kinder; die eingesandten Fragebögen aus dem Untersuchungsgebiet sind hier ausgewertet worden. Manche der darin genannten Kinderherkunftsorte sind in der Literatur nicht bekannt, sondern ausschließlich durch den ADV nachgewiesen.
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(Jana Wermeyer & Michael Stevens, Haus der Natur - Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e.V., 2023)

Internet:
ufz.de: Dürremonitor Deutschland (abgerufen am 10.01.2024)
de.wikipedia.org: Niederrheinischer Höhenzug (abgerufen am 12.01.2024)

Quellen am Niederrhein

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Jana Wermeyer & Michael Stevens (2023), „Quellen am Niederrhein”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-345957 (Abgerufen: 29. April 2024)
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