Die Kohlenwäsche entstand 1930-32. Ursprünglich als reiner Stahlfachwerkbau gedacht, entwickelten Schupp und Kremmer das gewaltige Bauwerk (Länge 91 Meter, Breite = 34 Meter, Höhe = 37 Meter) als Kombination von Bauteilen aus Beton für die Bunker und Stahlfachwerk für die Maschinenstockwerke. Der Entschluss, die Betonbauteile unverkleidet zu lassen, hatte für die angestrebte harmonische Gesamtwirkung der Anlage zur Folge, dass ein weiterer Baustoff gestalterisch zu integrieren war. Dieses Gestaltungsziel ist für die Wäsche von Zollverein 12 in besonders glücklicher, vorbildhafter Weise eingelöst worden. Das gesamte Bauwerk erhebt sich über Stahlbetonstützen (6 Reihen mit je 16 Stützen), so dass es vollständig von Eisenbahnwaggons auf 5 Gleisen unterfahren werden konnte. Die Stützen tragen in Stahlbeton ausgeführte Bunker, die sich bis in einer Höhe von 17,3 Meter als unverkleidete Unterkonstruktion unter den Maschinengeschossen erstrecken. Für die im nördlichen Gebäudeteil angeordneten Rohkohlebunker, die Pufferfunktion bei Betriebsstörungen in der Wäsche erfüllten, entwickeln sich die Betonbauteile turmartig in die Höhe. Um einen werkgerechten Übergang zu der in Stahlfachwerk ausgeführten schrägen Transportbrücke der Rohkohlenbänder zu erreichen und wohl auch, um die Dominanz der Betonbauteile hier herabzumildern, wurde das obere Mittelfeld der Nordansicht in Stahlfachwerk ausgebildet. Die nördliche Giebelseite präsentiert sich somit als elegante Zweiturmfront, indem die beiden äußeren Taschen des Rohkohlebunkers bis über das Dach hinausgeführt wurden. Dies war eine vorwiegend gestalterische Maßnahme, da die beiden sich über 31,3 Meter erhebenden „Hochbehälter“ nur eine untergeordnete Funktion als Wasserspeicher aus der Dachentwässerung übernahmen. Beide Hochbehälter sind eingebunden in einen deutlich überhöht ausgebildeten Gebäudeteil, in dem sich neben den Kohlebunkern die Aufgabevorrichtung und Vorklassierung befindet. Ähnlich wie die Betonbauteile im nördlichen Gebäudebereich in die Stahlfachwerkkonstruktion hineingeführt werden, wird im Süden das Stahlfachwerk nach unten herabgezogen. Einerseits ergibt sich dadurch auch hier ein weicher Übergang zu der Transportbrücke, die über einen Eckturm zum Kokskohlenturm führt. Andererseits wird dadurch das Thema der vielgestaltig ineinander verschränkten Bauteile aus Beton und Stahlfachwerk konsequent fortgeführt. Zur Belichtung der Wäsche sind horizontale Rechteckfenster in den Betonbauteilen (0,6 Meter Bühne für Nusskohlenklassierung und -verladung, sowie den Feinkohlenbändern unter den Bunkern) und Fensterbänder in den Stahlfachwerkbauteilen für die Maschinengeschosse eingefügt. Die Erschließung erfolgt über eine offene Brücke, die zwischen Wäsche und Wagenumlauf angeordnet ist und zu einem zweiläufigen Treppenhaus mit Fahrstuhl führt. Zwei weitere Treppenhäuser, mit Treppenläufen, die um großzügige Treppenaugen (Montageöffnung) herumgeführt sind, befinden sich auf der diagonal gegenüberliegenden Gebäudeseite. Das schon in den Außenansichten erkennbare Ziel zur Gliederung des gewaltigen Gebäudekörpers, setzt sich fort in seiner inneren konstruktiv-/funktionalen Aufteilung. Das 91 Meter lange Gebäude ist geteilt in drei gleiche, etwa 30,0 Meter lange Abschnitte. Der erste, nördliche Abschnitt, der sich im äußeren Erscheinungsbild schon durch seine um ca. 8,0 Meter größere Gebäudehöhe vom übrigen Gebäude absetzt, besteht in seiner Primärkonstruktion aus quer zur Hauptachse angeordneten Rahmen. In der von diesen Rahmen gebildeten Halle mit einer Spannweite von 25,0 Meter befinden sich im Wesentlichen Aufgabevorrichtungen und Vorklassierung, sowie teilweise Entstaubungseinrichtungen. Der zweite, mittlere Abschnitt wird konstruktiv durch parallel zur Hauptachse angeordnete Rahmen mit einer Spannweite von 30,0 Meter überspannt. Es ist neben der Wipperhalle der weiteste Raum der Schachtanlage, der allerdings im Inneren unterteilt wird durch eine mittig angeordnete zweite Rahmenkonstruktion zur Aufnahme der Setzmaschinen. Mit diesen Setzmaschinen beherbergt dieser mittlere Gebäudeteil das Herzstück der gesamten Aufbereitungsanlage. Der dritte und letzte Gebäudeabschnitt ist im inneren durch mehrere schlanke Rahmenkonstruktionen geprägt, die zur Lastabtragung für die auf dem Dach untergebrachten Eindicker dienen. Dieser dritte Abschnitt nimmt im wesentlichen die Einrichtungen der Schlammwäsche mit Eindickern, Flotation und Scheibentrocknern, sowie zugehörige Hilfseinrichtungen auf. Die erhaltenswerte technische und maschinelle Ausstattung soll analog zu diesen drei Funktions- und Gebäudeabschnitten behandelt werden. Ein vierter Ausstattungsbereich erstreckt sich unter den Bunkern auf der Ebene 6,0 Meter unter dem gesamten Gebäudekörper.
Ausstattung: Aufgabevorrichtungen, Vorklassierung, Staubabscheidung. Die Rohkohle gelangte von den Förderbändern des Rohkohlenbandes in zwei Aufgabebunker aus Stahlbeton von je 60 Tonnen Fassungsvermögen. Übersteigt die Kohle in den Aufgabebunkern eine bestimmte Höhe, rutscht sie über geschlossene Rinnen in die Rohkohlebunker. Unter den Rohkohlenbunkern schaffen zwei Gurtbänder die Verbindung zum Rückkohlenband.
Die zur Weiterverarbeitung bestimmte Rohkohle wurde von Dosierbandwaagen (nicht erhalten) zu zwei Siebtrommeln (Firma Schüchtermann & Kremmer-Baum = SKB, 1930) transportiert. In den Siebtrommeln erfolgte die Vorklassierung in Rohfeinkohle (0-10 Millimeter) und Rohgrobkohle (10-80 Millimeter, seit 1960er Jahre 10-120 Millimeter). Die Grobkohle gelangte über Gurtförderbänder in die Setzmaschinen. Die Feinkohle wurde von drei Becherwerken auf eine Verarbeitungsebene über den Setzmaschinen gehoben. Den Becherwerken waren Einrichtungen zur Staubabscheidung vor- und nachgeschaltet. Die ursprünglichen Entstaubungseinrichtungen (Jalousie-Sichter, Vibro-Sichter) sind nicht erhalten. Sie wurden 1983 durch Windsichter (Firma SKB) ersetzt, von denen zwei erhalten sind. Die Staubabscheidung über den Setzmaschinen hatte den Sinn, dass die entstaubte Feinkohle mit natürlichem Gefälle in die Setzmaschinen rutschen konnte. Der in den Sichtern gewonnene Staub wurde in einer Einkammer-Elektrofilteranlage (Firma Siemens-Schuckert, 1932) niedergeschlagen und gelangte von hier in die Staubbunker. Ein zweiter benachbarter Elektrofilter (Firma Siemens-Schuckert, 1930) diente zur Staubgewinnung aus dem an den Übergabestellen der Transportbänder und der generellen Raumentstaubung gewonnenen Staub. Über den Siebtrommeln und Becherwerken läuft ein Doppelbrückenkran in genieteter Fachwerkkonstruktion mit elektrisch betriebener Laufkatze.
Setzmaschinenwäsche In den Setzmaschinen wurde die hauptsächliche Sortierarbeit der Aufbereitung geleistet. Die Setzkästen sind in zwei parallel angeordneten Reihen aufgestellt. Zur Aufnahme der enormen Gewichte sind die Setzkästen in eine separate Rahmenkonstruktion eingebaut, die auf der Betonkonstruktion der Bunker ruht. Jede der beiden Reihen beginnt mit den Grobkornsetzmaschinen, die direkt über die bereits erwähnten Gurtbänder mit den Vorklassier-Siebtrommeln verbunden sind. Es folgen die Feinkornsetzmaschinen, die über Rinnen mit den Sichtern verbunden sind. Zur Weiterbearbeitung des Mittelguts ist der westlichen Reihe eine Nachwaschsetzmaschine angeschlossen. Trotz Nachbesserungen und leichten Veränderungen entsprechen die fünf mit Druckluft zur Erzeugung der wellenförmigen Wasserbewegung betriebenen Setzmaschinen noch weitgehend dem Originalzustand (Firma SKB, um 1955). Seitlich den Setzmaschinen zugeordnet befinden sich zwölf Becherwerke für die aus den Setzmaschinen ausgeschiedenen Berge und das Zwischen- und Mittelgut. Es handelt sich um Entwässerungsbecherwerke, in denen das Fördergut über die gelochten Becher weitgehend entwässert werden konnte. Die Berge gelangten auf Bergebänder, die parallel hinter den Setzmaschinen angeordnet sind. Der ursprüngliche Weg der Waschberge mit einem quer-laufenden Gurtband zur Transportbrücke, die zum Bergebunkergebäude führt, ist noch nachvollziehbar, wurde jedoch seit den 1960er Jahren nicht mehr genutzt. Die Berge wanderten seither in die umgewidmeten Feinkohlebunker, wurden auf der 6,0 Meter Bühne mit Gurtbändern abgezogen, um über eine offene Transportbrücke Anschluss an den alten Weg in das Bergebunkergebäude zu gewinnen. Das aus den Grobkornsetzmaschinen gewonnene Mittelgut wurde mit Doppelwalzenbrechern (nicht erhalten) zerkleinert und mit dem Zwischengut der Feinkornsetzmaschine über Schleppbänder der Nachwaschsetzmaschine zugeführt und dort verarbeitet. Das aus diesem Waschvorgang gewonnene Mittelgut wurde nach Vorentwässerung in den vier Mittelgutbunkern gelagert und gelangte von dort mit Eisenbahnwaggons zum Kesselhaus. Aus allen Setzmaschinen wird als Fertigprodukt Kohle in unterschiedlichen Korngrößen gewonnen. Die aus den Grobkornsetzmaschinen resultierende Nusskohle rutscht über Rinnen zu den jeder Setzmaschinenreihe zugeordneten Nachklassiersieben. Diese beiden Siebe sind seitlich unterhalb der Setzmaschinenbühne angeordnet und stehen direkt über den Bunkern für die Nusskohle. Es handelt sich um Resonanz-Schwingsiebe (Firma Krupp, 1955), mit denen die Grobkohle in sechs Korngrößen sortiert wurde. Auf der gleichen Ebene stehen die Spaltsiebe (Firma Siebtechnik, ca. 1960) zur Vorentwässerung der Feinkohle. Von dort gelangte die Feinkohle auf ein Aufgabeband und konnte über einen fahrbaren Bandabwurfwagen in die elf Feinkohlebunker verteilt werden. Diese Bunker hatten zugleich Entwässerungsfunktion, um der noch feuchten Feinkohle weiterhin das Wasser entziehen zu können. Seit den 1960er Jahren wurde die Entwässerungsfunktion der Feinkohlebunker auf Entwässerungsschleudern (Bühne 6,0 Meter) übertragen, denen zwei Siebhorden zur Vorentwässerung vorgeschaltet sind. Die funktionslosen Feinkohlebunker wurden zur Lagerung der Berge verwendet. Zur Setzmaschinenwäsche gehört ein zentraler Steuerstand und ein Labor.
Schlammwäsche In diesem Funktions- und Gebäudebereich wurde das noch mit Kohleresten durchsetzte Waschwasser aus den Setzmaschinen aufbereitet. Dazu wurde das gesammelte Wasser aus zwei Waschwasser-Vorratsbehältern, die in die Reihe der Bunker einbezogen sind, durch Hauptwaschwasserpumpen (3 Pumpen, von denen zwei ständig in Betrieb waren; Firma SKB, 1930) zu den drei Dorr-Eindickern auf dem Dach der Wäsche gepumpt. In den drei kreisrunden Beton-Becken (Firma Westfalia-Dinnendahl-Gröppel AG, 1930) lagerte sich der Schlamm ab. Der Feinschlamm gelangte in drei Hardinge-Eindicker (zwei erhalten); Firma Westf.-Dinnendahl-Gröppel AG, 1930). Die Separation von Kohle und Berge erfolgte in der Flotation, von der zwei Anlagen aus jüngerer Zeit (Firma Wemco und Firma Krupp) erhalten sind. Der Kohleschlamm aus der Flotation wurde in Scheibenfiltern (Firma SKB, 1941) getrocknet und fiel in die darunter stehenden Bunker. Im Bereich der Schlammwäsche ist ein Aufenthaltsraum und ein Meisterbüro untergebracht.
Verladung und Weitertransport Auf einem Geschoss, das sich unter den Bunkern nahezu durchgängig über die gesamte Grundfläche des Gebäudes erstreckt, sind alle Anlagen zur Vorbereitung der Fertigprodukte für Verladung und Weitertransport untergebracht. Unter den Nusskohlebunkern sind Nusskohleverladesiebe (Firma Krupp, 1955) aufgestellt, mit denen am Ende der Grobkornaufbereitung die Abgabe nur der tatsächlich vom Verbraucher gewünschten Korngröße sichergestellt werden soll. Unter den Feinkohlebunkern stehen in zwei Reihen Transportbänder, die quer durch das ganze Gebäude reichen. Am nördlichen Ende konnte der dort gewonnene Staub und im Mittelbereich die Feinkohle aufgegeben werden. Am südlichen Bandende wurden Staub und Feinkohle auf die quer dazu angeordneten Kokskohlebänder entladen. Parallel dazu steht ein Erko-Mischer (Firma Besta, 1987), in dem der getrocknete Schlamm aus der Schlammwäsche in feinste Teilchen zerschleudert und ebenfalls auf die Kokskohlebänder gegeben wurde. Die Kokskohle gelangte über Transportbandbrücken in den Kokskohleturm. Ebenfalls auf dieser Geschoßebene sind zwei Rangierwinden (SKB, 1930) zur kontrollierten Fortbewegung der Eisenbahnwaggons sowie Wiegeeinrichtungen untergebracht. Die Kohlenwäsche wurde 2007 bis 2010 umgebaut für das Ruhrmuseum und ein Besucherzentrum der Route der Industriekultur. Für die Nutzungsansprüche besonders des Ruhrmuseums wurde die Ausstattung stark reduziert. Der Restbestand ist durch den Denkmalpfad Zollverein erschlossen und kann vollständig im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Die Fassaden mussten zur Erfüllung klimatischer Anforderungen mit der entsprechenden Wärmedämmung erneuert werden.
(Walter Buschmann, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2010)
Literatur
Buschmann, Walter (1998)
Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau.. Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes 1.) Berlin.
Geschichtswerkstatt Zollverein (Hrsg.) (1996)
Zeche Zollverein. Einblicke in die Geschichte eines großen Bergwerks. Essen.
Großmann, Joachim (1999)
Wanderungen durch Zollverein. Das Bergwerk und seine industrielle Landschaft. Essen.
Mainzer, Udo (2006)
Zeche und Kokerei Zollverein. Das Weltkulturerbe. Worms.
Stiftung Zollverein (Hrsg.) (2008)
Welterbe Zollverein. Geschichte und Gegenwart der Zeche und Kokerei Zollverein. Essen.
Vereinigte Stahlwerke (Hrsg.) (1934)
Die Steinkohlenbergwerke der Vereinigte Stahlwerke. Die Schachtanlage Zollverein in Essen-Katernberg, 2 Bände. Essen.
Kohlenwäsche der Zeche Zollverein 12 in Katernberg
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