Im Tal des Emsbaches südlich von Camberg, im Goldenen Grund, liegt Walsdorf auf einem langgestreckten Hügel. Eine Siedlung Walchesdorph und die Wallehetorpher Mark werden erstmals in Schenkungsurkunden an das Kloster Lorsch 774 und 778 erwähnt.
Das Kloster Benediktinermönche (nach einigen Berichten Gottfried von Beselich) gründeten auf dem Hügel zwischen Färber- und Emsbach ein Kloster. Nach einer Urkunde von 1156 unterstand es dem Schutz des Erzbistums Mainz. Vielleicht noch vor 1250 vollzog sich die Umwandlung in das erste adlige Benediktinerinnen-Nonnenkloster in Nassau. Ein Vertrag von 1350 regelte Schutz und Vormundschaft über das Kloster durch die Grafen von Nassau-Idstein. Friedrich III. erklärte in einem kaiserlichen Schutzbrief 1471 dessen Reichsunmittelbarkeit. In der Folgezeit mehrten sich Güter und Besitzungen, bis zu 25 Nonnen lebten in Walsdorf. Nach der Reformation bestand das Kloster als adliges Damenstift bis etwa 1634.
Aus der Beschreibung von Deissmann 1863: „...nur einige Nebengebäude des Klosters, sein Brauhaus und Backhaus, stehen noch trauernd und altersschwach“„. Nach mündlicher Überlieferung “ein dreistöckiges steinernes Gebäude, 80 Schuh lang und 40 tief und stand an derselben Stelle, wo das heutige Schulhaus steht. In der vorderen und hinteren Front führten zwei Kreuzgewölbe zu der Kapelle, die sich in der Mitte des Hauses befand. Dieselbe hatte drei Altäre, die in Schenkungen oft erwähnt werden, einen dem heiligen Kreuz, den andern der heiligen Katharine geweiht und in der Mitte einen wertvollen Hochaltar mit schöner Malerei und Schnitzwerk, dem Patron des Klosters, dem Martinus von Tours geweiht, der in schönem Schnitzwerk hier zu sehen war, wie er auf seinem Rösslein unter dem Thore von Tours einem vor ihm knieenden Bettler ein Stück von seinem Mantel abschnitt. Dieser schöne Hochaltar, aus der Blütezeit der Sculptur und Malerei stammend, war nach Aufhebung des Klosters lange Zeit eine Zierde der Kirche zu Walsdorf, bis er dann vor etwa dreissig Jahren bei einer Renovation der Kirche von unverständigen Händen angeblich wegen seiner Grösse dort entfernt, und für wenige Gulden verkauft wurde, zur gerechten Entrüstung aller Walsdorfer.„ Um das Kloster befand sich der Friedhof mit zahlreichen Gedenksteinen; einige sollen später als Treppensteine an Wohnhäusern verbaut worden sein. “An den das Kloster umgebenden Friedhof reihten sich seine Oeconomiegebäude: das Brauhaus, Backhaus und Waschhaus, die teilweise heute noch bewohnt werden. An diese Oeconomie-Gebäude grenzten des Klosters Gärten und Ländereien, auf denen das heutige Walsdorf steht und um das ganze zog sich eine Mauer mit 2 Thoren und 5 hohen Türmen.„ “Nach Vermessung 1669 betrugen die Klostergüter 292 1/2 Morgen Acker, 64 Morgen Wiese und 5 1/2 Morgen Gärten, die an die Einwohner verkauft oder verpachtet wurden. Der Klosterbau wurde von den Walsdorfern als Backhaus und Rathhaus benutzt.„
“Der Freiflecken Walsdorf Das erste Dorf lag wahrscheinlich jenseits des Färberbaches auf dem Gebiet der Grafschaft Diez; der genaue Standort ist nicht bekannt. Es bestanden Bindungen nach Camberg, zu dessen Amt es 1301 gerechnet wurde. Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts mehrte sich der Einfluss der Nassau-Idsteinischen Grafen in diesem Gebiet. Um 1300 ließen sie bei Wörsdorf und im Emsbachtal Landwehren mit Gebück und einer Warte südlich des heutigen Walsdorf anlegen, um die in Idstein 1255 errichtete Residenz mit ihrem relativ kleinen Territorium zu schützen. Unter der Regierung des Grafen Adolf I. wurde der Bau einer neuen Stadt mit einer Befestigung durch Wall, Graben, Mauern, Türme und zwei Tore auf dem Klosterhügel betrieben; dazu wurden die Bewohner von Walsdorf und einiger umliegender Orte durch Nutzungsprivilegien von Weide und Wald gewonnen. In 1358, 1375 und 1393 verliehenen Freibriefen wurden die Rechte und Freiheiten der Bürger geregelt. Daraufhin hieß der Flecken im 14. und 15. Jahrhundert Walstat (1359-1436), danach aber wieder Walstroff und Walsdorf. Die Freibriefe wurden zwar bis ins Jahr 1803 immer wieder bestätigt, führten jedoch nicht zu einer städtischen Entwicklung. Auch ein zeitweise abgehaltener Markt hatte keinen dauernden Bestand.
Seit 1393 ist eine Kapelle als Filiale von Camberg erwähnt, um 1440 wurde die dem hl. Vincentius geweihte Kirche erbaut. Nach der Reformation erhielt der Ort eine eigene Pfarrei. Die erste Einwohnerliste von 1563 nennt 61 Männer. Um 1590 wurde die erste Schule eingerichtet. Nach einem Schatzungsregister von 1622 lebten 88 Bürger, insgesamt etwa 600 Einwohner, in relativem Wohlstand; es gab Bauern, Winzer (Weinbau ist bis 1790 urkundlich nachgewiesen) und eine Tuchmacherzunft. Ein Schulhaus wurde 1623 gestiftet. Nach dem Dreißigjährigen Krieg mit seinen Zerstörungen verblieben noch 22 Bürger. Die 1644 niedergebrannte Kirche wurde zwischen 1652 und 1660 unter Verwendung von Material der 1655 abgebrochenen Hühnerkirche wieder aufgebaut, ebenso 1673-76 die Fleckenmauer. 1692 zerstörte erneut ein Brand den Ort fast gänzlich. 1698 waren noch 30 Bürger ansässig, 1824 zählte man 620 Einwohner. 1824 wurde die Schule anstelle der nun abgetragenen Ruine des ehemaligen Nonnenklosters neu errichtet. 1870 lag die Einwohnerzahl bei etwa 800 und hatte sich 1992 mit fast 1600 etwa verdoppelt.
Die heute vorhandene Baustruktur innerhalb der Befestigungsmauer geht im Wesentlichen auf den planmäßigen Wiederaufbau des 1692 durch Brand weitgehend zerstörten Fleckens zurück. 1730 entstand das erste Haus außerhalb der Ringmauer; eine erste Erweiterungsphase ist an der südlichen Hainstraße anzunehmen. 1760 wurden 70 Häuser (70 Familien) mit 50 Scheunen registriert. Im 19. Jahrhundert fanden Erweiterungen an Bruderbergstraße, Bergstraße und Idsteiner Straße statt, 1820 wurden die Tore abgebrochen. Weitere Brände (1831 Verlust von 17 Scheunen und Nebengebäuden, 1835: 20 Gebäude) führten zu Erneuerungen der Bausubstanz ohne Änderung der vorhandenen Ortsstruktur. 1837 wurde der um 1500 um die Kirche angelegte Friedhof ausgelagert. Die Alte Schule bei der Kirche, eine Stiftung, die ein früheres kleines Häuschen auf dem Kirchhof ersetzte, war 1863 noch vorhanden. Aus Deissmanns Beschreibung von 1863: „Die übrigen Thürme (der Ortsbefestigung) sind bis auf einen geschwunden. Im Jahre 1859 wurden die Fundamente des rechts vom Unterthor stehenden bei Erweiterung eines Gartens abgebrochen und im Schutt viele Brandüberreste und Trümmer eines Kachelofens nebst anderer schöner Töpferarbeit aus der Zeit des 30jährigen Krieges gefunden.“
Alte Flurnamen geben Auskunft über die frühe Geschichte des Ortes. Im Emsbachgrund bezeichnet Zollgasse die ehemalige Dorf- oder auch Landstraße, in der ein Zoll erhoben wurde. Bruderberg soll sich auf den anfangs von Mönchen bewohnten Berg beziehen. Auf der Warth südlich des Ortes nennt den Standort einer (angeblich vor 1358) hier vorhandenen Warte (Aussichtspunkt) zur Überwachung des Gebücks an der ehemaligen Grenze der Grafschaft. Die Morcher-Mühle war bereits um 1250 zum Kloster gehörig und wurde 1359 zur Bannmühle erklärt; 1740 folgte die Aufhebung des Mühlenbannes nach einem Prozeß mit der Escher Mühle (jetzt Hirtese-Mühle)
(Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2003)
Literatur
Söder, Dagmar / Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.) (2003)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Rheingau-Taunus-Kreis II. Altkreis Untertaunus. S. 410f., Wiesbaden.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.