Älter als die Siedlung Heftrich dürfte der Marktplatz Alteburg sein, dessen Ursprung auf das am Kreuzungspunkt zwischen Limes, Alter Mainzer Straße und Hoher Straße gelegene Römerkastell Alteburg zurückgeführt wird. Es entstand wahrscheinlich um 122 n. Chr. in Nachfolge eines kleineren Holzkastells und wurde um 260 aufgegeben. Ausgrabungen der Reichslimeskommission 1893 erbrachten Hinweise auf einen bedeutenden Handelsplatz schon zu römischer Zeit. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wurde aus den Resten des Steinkastells eine Kapelle mit Klause errichtet, deren Einweihung 1178 beurkundet ist. Die im Besitz des Mainzer St. Albansstiftes stehende Kilianskapelle, die bald Bedeutung als Wallfahrtsort gewann, wird bis in das 16. Jahrhundert erwähnt. Wahrscheinlich wurde sie im dreißigjährigen Krieg zerstört; ihre Steine fanden später Wiederverwendung beim Bau der Heftricher Pfarrkirche. Ruinenreste sollen auf der Alteburg noch bis ins 19. Jahrhundert sichtbar gewesen sein. Aus der Wallfahrt entwickelte sich vielleicht schon im Mittelalter ein Markt, der nach dem Dreißigjährigen Krieg als überregional bedeutender Viehmarkt bekannt wurde. 1783 ließ der Heftricher Schultheiß Konrad Klapper 24 von der Idsteiner Herrschaft gespendete Linden auf dem Gelände pflanzen, die heute noch vorhanden sind. Der Markt findet hier dreimal jährlich statt.
Heftrich Wenig nördlich der Alteburg, in Hanglage über dem Schlabachtal, entstand die Siedlung Heftrich. Bereits 1234 ist in Heftercho eine Pfarrkirche erwähnt, zu deren Kirchspiel Bermbach, Kröftel und Oberems gehörten. Die Grenzlage zwischen der Grafschaft Nassau- Idstein und dem Gebiet der Herren von Eppstein veranlasste Graf Adolf I. von Nassau-Idstein, die Befestigungserlaubnis für den Ort zu beantragen. Die damit verbundenen Stadtrechte mit Markterlaubnis und Gerichtsbarkeit wurden durch Kaiser Karl IV. 1367 - gleichzeitig auch für Adolfseck und Steckenroth - verliehen. Sie wurden 1404 durch Adolf II. von Nassau und noch mehrfach bis ins 18. Jahrhundert bestätigt. Die Vollendung der Stadtmauer ist um 1400 anzunehmen. Das alte Gerichtssiegel von 1650 und das Ortswappen zeigen symbolisch das „Feste Haus“„. Eine Ortsordnung von 1629 enthält 23 Bestimmungen zur Regelung der Rechte und Pflichten der Bürger. Trotz der Privilegien kam es (wie in den oben erwähnten beiden anderen Orten) aufgrund des Bedeutungsschwundes der alten Handelswege nicht zu einer nennenswerten wirtschaftlichen Entwicklung. Bis um 1800 blieb die Bebauung innerhalb der Mauergrenzen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden zehn Familien gezählt, 1900 gehörte Heftrich mit 650 Einwohnern zu den größeren Untertaunusgemeinden. Der 1912 aufgenommene Bergbau zur Gewinnung von Blei- und Kupfererz wurde 1925 wieder eingestellt. Noch 1958 lag die Einwohnerzahl unter 800, bis 1992 stieg sie auf rund 1600 Einwohner.
Deutlich lassen sich anhand der Parzellenstruktur der ins Mittelalter zurückreichende Ortskern, der umgebende Gartenring, das erste Erweiterungsgebiet nach 1800 und neuere Ortsteile ablesen. Vor dem 12. Jahrhundert dürfte die Siedlung aus wenigen Höfen und dem höhergelegenen Wehrkirchhof bestanden haben. Die Struktur innerhalb des um 1400 vollendeten Mauerrings hat sich bis in unsere Zeit kaum verändert. Noch 1788 zeigt der Katasterplan die Ringmauer mit fünf Türmen, Unter- und Obertor. Die gewundene Langgasse ist zentraler Verkehrsweg; andere, radial und konzentrisch verlaufende Gassen sind untergeordnet. Die Neubesiedlung nach dem Dreißigjährigen Krieg führte zu einer stark verdichteten Bebauungsstruktur mit einigen Sonderformen der Ackerbürger-Hofreiten, etwa Wohnspeicherbauten (Langgasse 34) oder einer engen Reihung kleiner Höfe mit Wegerecht über den Nachbarhof (Eckenstraße).
Im 18. Jahrhundert waren bis auf den Kirchhof alle Freiflächen innerhalb des Mauerrings bebaut. 1760 wurden 65 Häuser und 60 Scheunen gezählt. Um die Wende zum 19. Jahrhundert errichtete man die ersten Bauwerke außerhalb der Fleckenmauer. Eine frühe, planmäßige Erweiterung größeren Maßstabs ist an der Neugasse (Name!) und Biengasse mit etwa gleichgroßen quadratischen Parzellen und traufständiger Bebauung unmittelbar am Kernrand angesiedelt. In die städtebauliche Konzeption sind hier auch die 1838 erbaute Schule und der Brunnen an der Wilhelmstraße als oberer und unterer Abschluss der Hauptachse Neugasse einbezogen. 1817 wurde der Friedhof ausgelagert.
Auch auf der gegenüberliegenden Seite des Schlabachtales liegen an der Alteburger Straße traditionelle Hofreiten. In den Erweiterungsgebieten kam auch Lehmbau (Pisétechnik) zur Anwendung. Im Gegensatz zur Grundrissstruktur erschließt sich das Ortsbild nicht in gleicher Weise dem Betrachter. Die Fachwerksubstanz wurde vielfach verändert. Von der Fleckenmauer sind nur geringe Reste in den Grundmauern der angrenzenden Bebauung erhalten. Der Scheunenkranz ist durch Umbauten, Lücken und vorgelagerte Neubauten nur anhand des Grundrisses nachvollziehbar. Der Gartenring wurde, wie die Bachaue, teilweise bebaut. Die Flurnamen Im Weyer und Auf dem Falltor weisen auf diese ehemaligen Anlagen nordwestlich des Ortes hin. Rat- und Backhaus, um 1700 errichtet, sind ebensowenig erhalten wie die seit dem 17. Jahrhundert nahe der Kirche gelegene erste Schule und ein Hirtenhaus in der Georgbrunnenstraße. Anstelle des alten Pfarrhofes entstand 1848 ein Pfarrhaus mit Scheune und Holzremise in der Neugasse. Das 1926 am südlichen Ortsausgang errichtete Schwesternhaus mit öffentlichem Bad diente nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Rathaus. Die Langgasse wurde 1935 gepflastert. Die an der Gemarkungsgrenze nach Schloßborn gelegene historische Fuchsmühle aus dem 17. Jahrhundert brannte 1978 ab. Die Flurbezeichnung In der Öhlenmühl weist auf eine weitere ehemalige Mühle nördlich des Ortes hin.
Die Mehrzahl der Bauten innerhalb des ehemaligen Mauerrings enthält trotz entstellender Veränderungen noch alte, überwiegend in das 18. Jh. zurückgehende Bausubstanz, erkennbar u. a. bei Georgbrunnenstraße 5/7 und 10, Hintergasse 2 und 4, Langgasse 24 und 36. Einen wesentlichen Bestandteil von Ortsbild und -struktur bilden die noch zahlreich vorhandenen Scheunen, die aufgrund der gedrängten und verwinkelten Anlage von der Straße aus oft nicht einsehbar sind, jedoch durch geschnitzte Torsturzbalken mit Inschrift und Datum wertvolle historische Dokumente darstellen; Beispiele neben Hintergasse 1 und Georgbrunnengasse 4 (siehe Kulturdenkmäler): Langgasse 13, anno 1728; Langgasse 36, 18. Jh.
(Landesamt für Denkmalpflege Hessen 2009)
Literatur
Söder, Dagmar / Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.) (2003)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Rheingau-Taunus-Kreis II. Altkreis Untertaunus. Wiesbaden.
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