Ortsteil Kemel

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Denkmalpflege
Gemeinde(n): Bad Schwalbach, Heidenrod, Hohenstein (Hessen)
Kreis(e): Rheingau-Taunus-Kreis
Bundesland: Hessen
Koordinate WGS84 50° 09′ 52,59″ N: 8° 01′ 3,82″ O 50,16461°N: 8,01773°O
Koordinate UTM 32.429.844,59 m: 5.557.394,66 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.429.891,53 m: 5.559.178,18 m
Der Ort Kemel befindet sich auf einer der höchsten Erhebungen des westlichen Taunus. In früheren Zeiten lag er an der Kreuzung des historischen Handelswegs Hohe Straße und des Handeslswegs von Lorch nach Laufenselden. Der Ort wird 812 in einer Grenzbeschreibung der Bleidenstädter Vogtei erstmals urkundlich erwähnt, jedoch bestand er vermutlich schon zuvor. Die frühe Form des Ortsnamens, Kahemel, soll auf einen keltischen Ursprung deuten. Weitere Ortsnamen waren Kamele (812) und Camel (um 1260). Der Ortsname Kemel existiert mindestens seit 1432.

Territoriale Zugehörigkeit
Kemel wurde 983 durch Kaiser Otto II. dem Bistum Mainz geschenkt und gelang an die Grafschaft Katzenelnbogen, die bis 1479 herrschten. Anschließend fiel es an die Landgrafschaft Hessen. Nach den Revolutionskriegen gehörte der Ort von 1806 bis 1813 zu den Pays réservé de Catzenellenbogen und ab 1816 zum Herzogtum Nassau. Von 1866 bis 1945 war er preußisch. Seit 1945 ist er Teil von Hessen, 1972 wurde Kemel zum zweitgrößten Ortsteil der Gemeinde Heidenrod.

Historische Siedlungsstrukturen
Der heutige Ortskern befindet sich auf dem ehemaligen Standort eines römischen Numeruskastells. Die wichtige Straßenkreuzung wurde bereits von den Römern seit dem 1. Jahrhundert zunächst durch Erdkastelle, dann durch ein Steinkastell gesichert. Reste einer porta praetoria sollen hinter dem Chor der Kirche zu erkennen gewesen sein. Der Flurname Pohl erinnert an den Pfahlgraben, Reste von Wachttürmen wurden festgestellt. Ein befestigter fränkischer Königshof soll neben der heutigen Kirche gestanden haben. Die im 13. Jahrhundert errichtete, ehemalige Katharinenkirche hatte einen Vorgängerbau und ist damit eine der ältesten Kirchen des Gebietes.
Eine 1553 eingerichtete Kirchspielschule befand sich neben der Kirche, bis 1839 das Gasthaus Goldener Hirsch als Schule genutzt wurde.
Einige Straßennamen weisen auf nicht mehr vorhandene Einrichtungen hin: Am Backhaus, Zur Bleiche, Am Hirtenhaus; die Neustraße hieß zuvor Schlagweg, nach einer ehemaligen Zollstelle.
Die heute erhaltene ältere Bausubstanz, hauptsächlich an der Bäderstraße, geht auf das 17. und 18. Jahrhundert zurück.
1907 wurde für die katholische Minderheit eine Kapelle am Ortsrand errichtet, die 1966 zugunsten eines Neubaus abgebrochen wurde.

Der mittelalterliche, früher durch Graben und Gebück befestigte Ortskern ist noch heute im Grundriss als Oval mit sternförmig auseinanderstrebenden sowie ringförmig angelegten Wegen um den Kirchturm als Mittelpunkt erkennbar. Dieser Siedlungsform soll das einstige römische Kastell zugrunde liegen. Ein Katasterplan des 19. Jahrhunderts zeigt einen umlaufenden Pfad als Begrenzung der Ortslage. Die erste Erweiterung des bebauten Gebietes lagerte sich im Osten an. Durch den Ausbau der Bäderstraße als wichtigster Verkehrsführung wurde diese zur heute wichtigsten Straße der Ortschaft.

Wirtschaft
Im Mittelalter war Kemel Gerichtsort, die Flurbezeichnung Galgenkopf deutet noch heute darauf hin. Seit 1488 ist ein Markt bekannt, zweitweise existierten sogar zwei Märkte. Desweiteren befand sich in der heutigen Flur Schlagweg eine Zollstelle, mit deren Einkünften die Grafen von Katzenelnbogen Hohensteiner Burgmannenfamilien besoldeten.
Durch seine Lage war der Ort ein wichtiger Rastplatz an der Hohen Straße. Kemel wurde zum Postort und hatte diese Funktion für verschiedene Ortschaften, beispielsweise Langenschwalbach inne.
Aufgrund seiner infrastrukturellen Lage existieren 1788 neun Gasthöfe, der vornehmste war der Goldene Hirsch.
Im 19. Jahrhundert bot der Ausbau der Land- und Forstwirtschaft in der kargen Kemeler Heide eine neue Lebensgrundlage für die vom Beherbergungsgewerbe lebende Bevölkerung.
Im 20. Jahrhundert wurde in Kemel die Taunus-Kaserne eingerichtet. Die Kaserne wurde von der Bundeswehr genutzt, die dort die 3., 4. und 5. Staffel der Flugabwehrrakentengruppe 42 unterbrachte. Die Kaserne war bis 2002 in militärischer Nutzung und steht seitdem größtenteils leer. Teile der Einrichtung werden von Privatunternehmen genutzt.

Die Reformation in Kemel
1527 wurde das lutherische, 1605 das reformierte Bekenntnis eingeführt; danach bestanden beide Richtungen bis 1817. Der reformierte Prediger Johann Bernhard Delph war seit 1680 in Kemel ansässig und verstarb hier 1723.

Einwohnerentwicklung
1583 bestand der Kemel aus 25 Hausgesäßen. 1809 hatte der Ort 438 Einwohner. Ab 1846 sank die Einwohnerzahl bis 1939 kontinuierlich auf 280 ab und stieg anschließend wieder stark an. 2014 wohnten in Kemel 1216 Menschen.

(LfD Hessen, 2009 / Jörn Schultheiß, hessenARCHÄOLOGIE, 2017)

Internet
www.bw-k.de: Liegenschaft Taunus-Kaserne der Bundeswehr (abgerufen am 11.02.2017)
www.de.wikipedia.org: Kemel (abgerufen am 11.02.2017)
www.gemeinde-heidenrod.de: Kemel (abgerufen am 11.02.2017)
www.gemeinde-heidenrod.de: Einwohnerzahlen der Ortsteile der Gemeinde Heidenrod (abgerufen am 11.02.2017)
www.heimatverein-heidenrod.de: Kemel (abgerufen am 11.02.2017)
www.lagis-hessen.de: Historisches Ortslexikon der Gemeinde Heidenrod - Ortsteil Kemel (abgerufen am 11.02.2017)

Literatur

Söder, Dagmar / Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.) (2003)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Rheingau-Taunus-Kreis II. Altkreis Untertaunus. S. 197, Wiesbaden.

Ortsteil Kemel

Schlagwörter
Ort
65321 Heidenrod - Kemel
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kein
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 812

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Empfohlene Zitierweise
„Ortsteil Kemel”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/P-FR-20091012-0009 (Abgerufen: 10. Oktober 2024)
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