Waldbahn Pfalzdorf (1917 bis 1925)

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Goch, Kranenburg (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Kleve (Nordrhein-Westfalen)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 44′ 3,86″ N: 6° 03′ 29,7″ O 51,73441°N: 6,05825°O
Koordinate UTM 32.296.875,09 m: 5.735.594,47 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.504.067,44 m: 5.733.353,50 m
  • Verlauf der ehemaligen Trasse der Waldbahn Pfalzdorf im westlichen Steckenabschnitt  im Reichswald (2011)

    Verlauf der ehemaligen Trasse der Waldbahn Pfalzdorf im westlichen Steckenabschnitt im Reichswald (2011)

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Die Waldbahn im Reichswald fuhr zwischen 1917 und 1945 vom Bahnhof Pfalzdorf vorbei an Nergena, Asperden und Kessel bis kurz vor die Reichsgrenze am Genneper Weg. Sie diente dem Transport von Holz, aber auch militärischen Zwecken. Sie war rund sechzehn Kilometer lang, eingleisig und schmalspurig ausgeführt. Am westlichen Ende gab es Abzweige nach Süden auf ca. 150 Meter Länge und nach Norden auf ca. 800 Meter Länge bis zum Forsthaus.

Vorgeschichte
Die Planungen für eine Waldbahn im Reichswald liefen ab 1904 im preußischen Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten mit dem Ziel, den Abtransport von mindestens 10.000 Festmetern Festholz sicherzustellen. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 wurde der Reichswald zur Front gegen die neutralen Niederlanden erklärt. Obwohl die eigentlichen Kriegshandlungen in Belgien und Frankreich stattfanden, befürchtete die deutsche Militärführung, dass die Engländer über die Niederlande in das Deutsche Reich einfallen könnten. Der Niederrhein wäre dann Aufmarschgebiet geworden.
Ab Februar 1915 wurden Soldaten, Geschütze, Maschinengewehre und weiteres Kriegsmaterial antransportiert. Kurz darauf wurden der nördliche Kreis Kleve, beide Rheinseiten und der Reichswald befestigt. Unmittelbar an der Grenze wurden dabei zwei tiefe Schützengräben eingegraben; weitere Befestigungsanlagen wurden in rückwärtigen Linien angelegt.
Für die Anlage der Waldbahn, die nun auch strategische Bedeutung erlangte, erfolgten Vermessungsarbeiten durch eine Pionier-Bauabteilung der Reichswehr ab Dezember 1916. Am 17. Januar 1917 trafen 200 Eisenbahnpioniere mit Baugerät am Bahnhof Pfalzdorf ein. Die Baukompanie wurde als Eisenbahnkompanie Nr. 204 bezeichnet. Sie quartierte sich bei Bürgern in Pfalzdorf ein und wurde durch Landsturm-Ersatzbataillone aus Kleve unterstützt. Zeitweise waren bis zu 450 Soldaten einquartiert.
Zusätzlich gab es bei der Brückenbauabteilung auch Kriegsgefangene, die die Arbeiten an den fünf Schienenbrücken durchführten.

Geschichte der Bahn ab 1917
Die ersten Einsätze der Bahn erfolgten bereits ab Februar 1917, entsprechend dem jeweiligen Ausbaustand. Direkte Kriegseinsätze sind nicht bekannt.
Es wurden überwiegend Holztransporte durch die Oberförsterei Cleve durchgeführt. Die Holzzüge wurden durch zwei vierachsige Feldbahn-Dampflokomotiven gezogen. Sie hörten auf die Namen Max und Moritz, besaßen 60 PS Leistung und waren 1916 bei Maffei in München gebaut worden. Die beiden Lokomotiven „dienten“ zunächst bei der 1. Eisenbahnbrigade in Berlin, wurden später aus dem „Feld“ genommen und von der Oberförsterei Cleve für die Waldbahn erworben.
Ab September 1917 standen weitere drei Tenderlokomotiven mit je 30 PS Leistung zur Verfügung, die von der Militärverwaltung für die Holztransporte zur Verfügung gestellt wurden. Dazu kamen von der Firma Eichelgrün in Frankfurt/Main 20 gebrauchte Kastenkippwagen, zehn Plateauwagen und fünf Muldenkipper. Im Jahr 1917 wurde hauptsächlich Grubenholz an die Firma Geenen in Weeze geliefert, diese lieferte das Holz in das Ruhrgebiet zum Ausbau der Kohlengruben.

Geschichte nach dem Ersten Weltkrieg
Ab 1918 wurde die Bahn vom Eisenbahn-Betriebs-Kommando Pfalzdorf verwaltet. Nach Kriegsende wurde das Gebiet Ende 1918 von belgischen Truppen besetzt. Vorher konnte das rollende militärische Material der Waldbahn ins Rechtsrheinische gesichert werden. Der Betrieb der Bahn wurde mit den beiden Lokomotiven Max und Moritz der Forstverwaltung aufrecht gehalten. Zu den Kunden zählten ab 1919 auch die Pfalzdorfer Sägewerke sowie die Bauern aus dem näheren Umgebung; die Lieferungen in das Ruhrgebiet liefen jedoch weiter.
Am 21. Januar 1920 wurde die Waldbahn durch die Kriegsbeuteeinziehungs-Commission bei der „Wertschaffenden Abteilung“ bis auf weiteres beschlagnahmt: 16 Kilometer Schienen, fünf Lokomotiven, 14 achträdrige große und zwölf kleine Waggons, 42 Kippwagen und ein Wasserbehälter sowie die Betriebsstelle am Bahnhof Pfalzdorf. Die Oberförsterei Cleve durfte die Bahn zum Abtransport von Holz weiterhin nutzen und betreiben.
Die belgische Domänenverwaltung versteigerte am 27. Dezember 1920 deutsches Heeresgut, darunter auch die Pfalzdorfer Waldbahn für eine Million Mark. Zunächst hatte der Holzhändler und Sägewerksbesitzer Heinrich Geenen, Weeze, die Bahn erworben, kurz darauf kam sie durch Kauf wieder an den Forstfiskus.
Die Betriebsanlagen lagen am Bahnhof Pfalzdorf und waren zunächst einfach ausgeführt worden. Ab 1921 wurden sie ausgebaut, die Gleise bis an den Bahnhof herangeführt und ein Anschluss an die Hauptbahn Kleve - Krefeld gebaut. Man errichtete parallel geführte Schmalspurgleise und eine Rampe für das Umladen der Hölzer. Zusätzlich erbaute man ein einfaches Stationsgebäude, einen Kohlenschuppen, einen Lokschuppen, eine Schmiede, eine Reparaturwerkstatt, einen Brunnen, einen Abladeplatz und weitere Lagerplätze.
Der offizielle Name der Bahn lautete um 1921 „Forstfiskalische Waldbahn - Pfalzdorf am Niederrhein“. 1922 wurden 23.290 Festmeter Nutzholz und 3.000 Festmeter Eichen und Buchen transportiert, überwiegend für die Kohlegruben im Ruhrgebiet.
Der Forstfiskus verpachtete die Bahn 1925 an den Unternehmer Huismann, wobei die Betriebsleitung weiter beim Förster verblieb. 1927 pachtete der Unternehmer Ernst Esch die Waldbahn, der sie bis 1945 erfolgreich führte.

(Claus Weber, LVR-Redaktion KuLaDig, 2013)

Literatur

Hoppe, Wiebke; Wegener, Wolfgang (2014)
Archäologische Kriegsrelikte im Rheinland. (Führer zu archäologischen Denkmälern im Rheinland, 5.) S. 92-96, Essen.
Koepp, Hans-Joachim (1988)
Die Schmalspurbahn des Reichswaldes als Waldbahn und Munitionstransportzug. In: Kalender für das Kleverland 39, 1989, S. 119-128. Kleve.

Waldbahn Pfalzdorf (1917 bis 1925)

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Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1917, Ende 1925

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Claus Weber: „Waldbahn Pfalzdorf (1917 bis 1925)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-CW-20120420-0001 (Abgerufen: 26. April 2024)
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