Die Stadt Goch am Niederrhein erhielt mit der Eröffnung am 5. März 1863 den ersten Bahnanschluss. Die private Rheinische Eisenbahn hatte die Verbindung von Krefeld nach Kleve in den 1850er Jahren hergestellt. Nach längeren Streitigkeiten zwischen Stadt und Bahngesellschaft wurde der erste Bahnhof vor dem Steintor, einem der Tore der mittelalterlichen Stadtbefestigung, errichtet, was in etwa dem heutigem Standort entspricht.
Am 15. Juli 1873 nahm die „Noord-Brabantsch-Duitsche-Spoorweg-Maatschappij“ (NBDS) die Strecke von Boxtel nach Goch in Betrieb. Sie besaß in Goch ein eigenes Bahnhofsgebäude an der Klever Straße, getrennt vom Rheinischen Bahnhof. Doch die Staatsregierung verlangte ein gemeinsames Bahnhofsgebäude, inklusive eines Gebäudes für die Zollverwaltung. Nachdem auch die Strecke von Goch nach Wesel am 1. Juli 1878 eröffnet war, weihte man das neue Bahnhofsgebäude im Oktober 1878 ein. Dies war ein so genannter Inselbahnhof, da er zwischen den Gleisanlagen der beiden Bahngesellschaften lag. Der Zugang erfolgte von Süden über die Kalkarer Straße über eine 1878 angepflanzte Baumallee. An der Westseite lagen die Gleise der NBDS, an der Ostseite die der Rheinischen Eisenbahn (auch Kölner Seite genannt).
Bahnhof Goch der Boxteler Bahn In der Folgezeit wurde der Boxteler Bahnhof den Bedürfnissen des Verkehrs angepasst: 1880 Bau eines zweiten Gleises für die Viehverladung und Bau einer Waggonwaage. Ab 1881 durchfahren internationale Züge auf der NBDS den Gocher Bahnhof. 1885 übernahm die Postverwaltung ein neues Gebäude. Zwar endete bereits 1888 der internationale Verkehr zum ersten Mal (bis 1897), dafür nahm der Güterverkehr immer weiter zu. Es wurden Anschlüsse für die städtische Gasfabrik, für die Dampfölmühle und die Margarinefabrik Jurgens und Prinzen errichtet. Zum 1. Dezember 1897 wurde der internationale Durchgangsverkehr über die NBDS wieder aufgenommen. Goch nahm einen wichtigen Platz innerhalb des Eisenbahnverkehrs des Rheinlandes ein. Elf D-Züge hielten hier täglich, inklusive der erforderlichen Zollabfertigung. Da die Gepäckstücke für die Verzollung, innerhalb des zwanzigminütigen Aufenthaltes in Goch, aus- und wieder eingeladen werden mussten waren allein hierfür 70 bis 80 Mitarbeiter erforderlich. Dies deutete die Größe des Bahnhofes und der notwendigen Infrastruktur für Reisende und Beschäftigte an. Kaiser, Könige, Adlige, Diplomaten, Industriebosse und Politiker waren während des Aufenthaltes zu verköstigen und zu unterhalten, dies geschah in der Restauration am Bahnhof. Der Verkehr erforderte Umbauten: das Hauptbahngleis erhielt ein Perrondach, Bahnsteig und Büros Gasbeleuchtung, die letzten Eisenschienen wurden durch stählerne ersetzt. Auch der Güterverkehr nahm ständig zu. Dazu gehörte die Zollabfertigung für die durchgehenden Güterwagen, aber auch der lokale Ladeverkehr wie der Übergang von Wagen von der NBDS auf die Preußische Staatsbahn. Es wurden neue Gleise angelegt und wegen der hohen Lasten wurden den Gleisen weitere Schwellen untergelegt. Zur Versorgung der Lokomotiven erbaute man 1901 an der Nordseite des Bahnhofes einen Wasserkran zusammen mit einer neuen Wasserleitung. Eine neue Reinigungsanlage für die Viehwaggons wurde errichtet, zusammen mit einem neuen Gleisanschluss. 1904 nahm man neue Rangiergleise und Ladegleise in Betrieb. Im ehemaligen Bahnhofsgebäude richtete sich die Viehbeschau in neuen Räumen ein. Zwei neue Stellwerke entstanden 1906. Die Plüschfirma Schlüpers erhielt einen Gleisanschluss an die NBDS. Die Zollabfertigung wurde 1908 nach Hassum verlegt, sodass es zu einer Entlastung des Verkehrs in Goch kam. Die Zollabfertigung für den Güterverkehr blieb jedoch in Goch. An der Stelle des Wasserturms an der Klever Straße wurde eine neue Viehrampe eingerichtet. Wegen der bestehenden Enge baute man an der Nordseite 1910 neue Gleise, alte wurden verlegt. Am 1. Juni 1911 wurde das zweite Streckengleis nach Hassum in Betrieb genommen, damit mussten auch die Einfahrgleise in den Bahnhof neu geordnet werden. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges stellte man den internationalen Personenverkehr auf der Boxteler Bahn ein. Jetzt fuhren hier Auswandererzüge nach Rotterdam und Amsterdam. Viele Auswanderer wurden jedoch von den Quarantänestationen in den niederländischen Seehäfen wieder nach Goch zurückgeschickt. Hier wurden sie aufgefangen und zur Sammelstelle nach Berlin-Spandau weitergeleitet. Zusätzlich trafen Züge mit deutschen Flüchtlingen aus dem Ausland in Goch ein. Diese wurden im Zollkontrollsaal vom Roten Kreuz versorgt und betreut.
Ab dem 1. Februar 1915 fuhren die Personenzüge auf der Boxteler Bahn nur noch bis Hassum, der Güterverkehr in die Niederlande wurde aber weiter betrieben. Lediglich der internationale Schnellzug 129 nach Vlissingen wurde von der NBDS bis Goch gefahren und hier zollamtlich abgefertigt. Während der Inflationszeit 1922 bis 1923 verstärkte sich kurzfristig der Verkehr aus den Niederlanden nach Deutschland, weil die Fahrpreise von den Niederlanden aus sehr billig waren. 1924 widmete man die Strecke Hassum – Boxtel zur Nebenbahn um, somit wurden keine Internationalen oder Schnellzüge mehr über die Strecke gefahren. Es blieb der geringe lokale Verkehr. Die Strecke übernahm zum 1. Februar 1925 die Deutsche Reichsbahn. Im Bahnhof Goch verlief nun der Hauptverkehr über die Kölner Seite, die Strecke Köln – Krefeld – Kleve. Fahren in den 1930er Jahren auf dieser Seite D-Züge (ohne Halt), Eilzüge, Personenzüge und der Güterverkehr, sind es auf der anderen Seite zwölf Personenzüge Goch – Gennep und zehn Personenzüge Goch – Wesel. Hinzu kommen je zwei Güterzüge täglich. Der lokale Ladungsverkehr bedient die Abfertigung von Margarine, Lederwaren und Schuhzeug. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges übernimmt die militärische Verwaltung den Bahnbetrieb. Nun fahren in Goch Militärzüge, Nachschubzüge, Truppentransporte und Gefangenentransporte. Des Weiteren fahren auf der Boxteler Bahn Rote-Kreuz-Züge sowie Beutezüge von und nach den Niederlanden. Durch Luftangriffe am 30. September 1944 und am 7. Februar 1945 wird der Gocher Bahnhof weitgehend zerstört. Am Ende des Zweiten Weltkrieges verlegen britische Pioniere am nördlichen Ende des Bahnhofgeländes an der Kleverstraße einen Verbindungsbogen zwischen den Strecken Goch – Hassum und Goch – Kleve, um die von Belgien und den Niederlanden über Gennep kommenden Nachschubzüge nach Kleve zur Spyker Pionierbrücke leiten zu können.
Bahnhof Goch nach dem Zweiten Weltkrieg Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden als Ersatz für die zerstörten Gebäude Baracken aufgestellt. Die Trasse der Boxteler Bahn vom Bahnhof Goch Richtung Uedem durch das Gocher Stadtgebiet wird nicht wieder aufgebaut. Als Ersatz wird ein Behelfsgleis eingebaut, das etwa 50 Meter hinter dem Bahnübergang Voßheider Straße von der Krefelder Strecke abzweigte und entlang der heutigen Weseler Straße verlief. Etwa 300 bis 400 Meter hinter der Kreuzung Kevelaerer Straße / Uedemer Straße wurde das alte Streckengleis nach Uedem wieder erreicht. 1957 weihte man das neue Bahnhofsgebäude in Goch ein. Es wird von der Klever Straße und dem Bahnhofsvorplatz aus erreicht, der ehemalige Zugang von der Kalkarer Straße wurde geschlossen. Der geringe Personenverkehr auf den Strecken der Boxteler Bahn wird 1949 (Goch–Hassum) bzw. 1963 (Goch–Uedem) eingestellt. Die Anschlüsse der Margarinefabrik und der Gasfabrik, beide an der Strecke nach Hassum gelegen, werden weiter bedient.
Heute werden im Bahnhof Goch nur noch die Züge zwischen Krefeld und Kleve bedient. Von den ehemaligen Anlagen der Boxteler Bahn sind noch der alte Zollschuppen und der Güterschuppen erhalten (Klever Straße). Im Bereich der ehemaligen Gleisanlagen wurde ein Parkplatz eingerichtet.
Internet nrwbahnarchiv.bplaced.net: NRW Bahnarchiv von André Joost, Bahnhof Goch (abgerufen 02.07.2017)
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Eisenbahnen. Ihre Geschichte am Niederrhein. S. 45, Duisburg.
Koepp, Hans-Joachim (2008)
Kelten, Kirche und Kartoffelpüree. Chronologie der 750-jährigen Geschichte der Stadt Goch. Band III: Von der deutschen Revolution bis zur Belgischen Besatzungszeit (1847-1919). Goch.
Verfürth, Werner (1998)
Messungsheft der Streckenteilung von km 0,0 bis km 40,2 für die Strecke Büderich - Hassum - Landesgrenze. Kalkar.
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