Bei der konstantinischen Doppelkathedrale handelt es sich um den ersten großen sakralen Kirchenbau der Christen in Trier. Wie der Name schon erahnen lässt, handelte es sich um zwei bauliche Komplexe, die Süd- und die Nordkirche. Neben diesen zwei prägenden Bauten, die einem steten baulichen Wandel unterlagen, gab es noch eine Vielzahl von kleineren begleitenden Bauwerken.
Die Nordkirche war der Vorgängerbau des heutigen Domes mit einer Länge von circa 160 Metern und zog sich zur damaligen Zeit in Richtung Westen über den Domfreihof und die Sternstraße hinaus fort und ging aus dem Palast der römischen Kaiserin und Heiligen Helena (um 250-um 328) hervor. Die Südkirche ist jedoch der ältere Teil der Doppelkathedrale gewesen und befand sich an der Stelle der heutigen Liebfrauenkirche und der Dominformation, südlich des heutigen Domes.
Die konstantinische Doppelkathedrale Die Frontseite der konstantinischen Doppelkathedrale hatte eine Frontbreite von circa 110 Metern. Dabei nahm der langgestreckte Kathedralenkomplex zwei Gevierte in West-Ost-Verlauf auf kaiserlichem Gelände des rasterförmigen römischen Stadtplanes ein. Die bischöfliche Metropolitankirche gab sich sowohl durch die Lage als auch durch die Größenordnung sogleich als kaiserliche Stiftung zu erkennen.
Westlich der Anlage verlief der ‚cardo‘, die große elementare Nord-Südverbindung eines römischen Straßenrasters. In Trier ging der Cardo von der Porta Nigra in gerader Richtung am Dom und den südlich anschließenden Palastbauten unter Konstantin dem Großen (um 275-337, römischer Kaiser 306-337) vorbei und wandte sich weiter aufs Forum im Zentrum der Stadt zu, um dann das Südtor anzusteuern. Auf diesen zwei Gevierten siedelten die ersten Christen von Trier schon im dritten Jahrhundert und hatten vermutlich sodann auch dort einen Versammlungsraum zum Abhalten ihrer Feste und Feierlichkeiten.
Nach dem Toleranzedikt von 311, dem Sieg Konstantins über Maxentius im Jahr 312 „im Namen des Kreuzes“ und dem anschließenden Siegeszug des Christentums erfolgte auch in Trier sogleich eine rege Bautätigkeit, die dazu führte, dass es zum Bau der frühchristlichen Doppelbasilika unter Bischof Agritius (vor 314-um 330) kam. Die Südkirche war bereits im Jahre 321 vollendet, während mit der Nordkirche erst um 326 begonnen wurde. Der Hauptbau der Südkirche maß 32 mal 48 Meter und war von zahlreichen Anbauten umringt. Es gab im Osten einen Mittelchor, im Norden und Süden Seitenschiffe mit zusätzlichen Nebenchorräumen und im Westen ein Baptisterium - ein Taufhaus mit Taufbecken - und eine Katechumenenkirche, denn „bei Doppelkirchen des 4. Jahrhunderts wird sicherlich die Notwendigkeit, neben einer Bischofskirche für die Gemeinde der Gläubigen auch über eine Predigtkirche zur Unterweisung der Taufbewerber zu verfügen, eine wichtige Rolle gespielt haben.“ (Schmidt / Wolf 1971, S. 80)
Außerdem wuchs die damalige christliche Gemeinde so schnell, dass sich circa ein Drittel der Gemeinde im Katechumenat befand, also in der Taufvorbereitung. Die hohe Anzahl der in der Taufvorbereitung befindlichen Gläubigen korreliert vermutlich auch sehr stark damit, dass zu früherer Zeit vornehmlich in der Osterwoche getauft wurde und sich dadurch diese hohe Bewerberanzahl ergeben konnte. In Trier lag das Baptisterium im Westen zwischen den beiden Kirchenkomplexen und war ein „17,8 m mal 18,6 m großer Raum, in dessen Mitte die ungewöhnlich große, abgeschrankte (eventuell ’abgeschrägte’? Verf.) quadratische Piscina von 8 m Seitenlänge eingelassen war.“ (Ronig 1980, S. 20) Zusätzlich lag weiter westlich noch ein Atrium – ein Innenhof – vermutlich mit einer Brunnenanlage. Die konstantinische Nordkirche war breiter als die Südkiche, fasste über 5000 Gläubige und war daher zur damaligen Zeit eine sehr weiträumige christliche Kirche. Sie bestand ebenfalls aus einem Atrium, einem dreischiffigen Hauptbau und einem Chorraum und sollte nach Kempf kurze Zeit nach ihrer Fertigstellung zu einer ’Zwölf-Säulen-Basilika’ erweitert werden (Kempf 1980). Ein solches Ansinnen, das es auf Grund des Todes des Kaisers im Jahre 337 nur bis zu den Vorarbeiten schaffte, konnte nur vom Kaiser höchstpersönlich in Angriff genommen worden sein. Daher liegen noch heute bearbeitete Steinelemente am Felsberg im Odenwald, aus dem die Syenitsäulen stammten. Die Planungen wurden reduziert und es wurde lediglich eine ’Sechs-Säulen-Basilika’ ausgeführt.
Der erste valentinianisch-gratianische Neubau Neben der ersten Bauphase in konstantinischer Zeit, in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts, kam es direkt im Anschluss zum ersten valentinianisch-gratianischen Neubau. Der Grund hierfür war ein Alemanneneinfall im Jahre 365, bei dem der konstantinische Bau in Brand geriet. Es folgte die Niederlegung, wobei die Fundamente und die bodennahen Steinreihen in den quadratischen Neubau von circa 41,50 Meter Länge übergingen. Von diesem Neubau existiert heute noch das Mauerwerk bis in eine Höhe von circa 25 Metern.
Nach dem Abzug der Römer aus Trier und den einsetzenden Zerstörungen litt der valentinianisch-gratianische Kirchenbau stark. Relativ zeitnah, nach den Zerstörungen im fünften Jahrhundert, kam es zur Wiederherstellung des Baptisteriums und der Südkirche, die vermutlich nicht so schwer beschädigt worden waren wie die Nordkirche. Gleichzeitig wurde der östliche Verbindungstrakt zwischen den beiden Kirchen aufgegeben. Der Wiederaufbau der Nordkirche erfolgte erst in fränkischer Zeit unter dem Trierer Bischof Nicetius († 566/569), der sie im Urzustand des spätantiken Quadratbaues wiedererrichten ließ. Diese Baumaßnahme führte zum Wegfall der westlich vorgelagerten Bauten in dem Bereich des heutigen Domfreihofes. In karolingischer Zeit, im achten und neunten Jahrhundert, wurde „der von den Franken hochverehrte hl. Petrus (…) Patron des Domes“ und die römische Liturgie eingeführt (Ronig 1980, S. 115).
Bei dem verheerenden Ereignis des Normanneneinfalls in Trier im Jahr 882 wurde die Doppelkathedrale, also die frühchristliche Bischofskirche, sehr stark beschädigt. Der nie zur Vollendung gelangte Wiederaufbau wurde erst im zehnten Jahrhundert in ottonischer Zeit in Angriff genommen, wobei die Nordkirche nahezu auf das heutige Maß im Westen verkürzt wurde.
(Christoph Jürgens, Universität Koblenz-Landau, 2014)
Demandt, Alexander; Engemann, Josef (Hrsg.) (2007)
Konstantin der Grosse. Imperator Caesar Flavius Constantinus. Ausstellungskatalog und CD-Rom zur Landesausstellung "Konstantin der Grosse" in Trier, 2. Juni bis 4. November 2007. S. 244ff., Mainz.
Kempf, Theodor K. (1980)
Erläuterungen zum Grundriß der frühchristlichen Doppelkirchenanlage mit den Bauperioden bis zum 13. Jahrhundert. In: Ronig, Franz J.: Der Trierer Dom (Jahrbuch des RVDL 1978/79), S. 112-116. Neuss.
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz (Hrsg.) (1952)
Trier. Ein Zentrum abendländischer Kultur. S. 53ff, Neuß.
Ronig, Franz J. (Red.) (1980)
Der Trierer Dom. (Jahrbuch des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz 1978/79.) S. 18ff, Neuss.
Schmidt, Kurt Dietrich; Wolf, Ernst (1971)
Einführung in der Christlichen Archäologie, Carl Andresen. (Ein Handbuch. Die Kirche in ihrer Geschichte.) S. 80, Göttingen.
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