Stauanlage/Mühlengraben
Die Ableitung erfolgt heute ohne Stau aus dem Birker Mühlenbach, ist verrohrt und mündet nach 40 Metern in einen Stauteich. Dieser hat eine trapezförmige Grundfläche, ist 30 Meter lang, maximal 10 Meter breit, bei einer Fläche von 190 Quadratmeter. Die Entnahme des Betriebswassers erfolgt durch ein Rohr, dessen Durchfluss mittels eines Stellrads unterhalb der Dammkrone zu regulieren oder abzustellen ist. Das hölzerne Hebelwerk, über das ein Ziehschütz oder eine Klappe am Gerinne früher von innen über Seilzug betätigt wurde, befindet sich noch in situ an einer Wand in der Mahlstube. Per Rohr wird das Wasser durch den Damm auf das offene stählerne Gerinne geleitet. Der Abschlag des Überlaufwassers (Umlauf) erfolgt durch ein Rohr und eine steingefasste Rinne seitlich vom Wasserrad in den offenen Radschacht. Das Unterwasser ist im Garten verrohrt und mündet nach 35 Metern offen in den Birker Bach.
Wasserrad
Das Wasserrad ist ein oberschlächtiges Zellenrad aus Stahl mit 2 Armreihen und 6 Armen je Reihe und 56 Schaufeln von 44,2 Zentimeter Breite. Der Durchmesser beträgt 6,30 Metern außen und 5,74 Metern innen, die maximale Breite 50,2 Zentimeter (die Arme mit eingerechnet 56,2 Zentimeter). Die Leistung beträgt nach Angabe des Besitzers 10,3 Kilowatt, die Schluckfähigkeit pro Zelle 30 Liter. Die Welle aus Gussstahl ist außen in einem Holzblock gelagert. Ihr Durchmesser beträgt 18 Zentimeter, die Länge ca. 3,50 Meter.
Gebäude
Die Mühle ist Teil einer lockeren Hofanlage aus sechs einzeln stehenden Gebäuden und einem kleinen Backhaus. Das Mühlengebäude mit drei Zugängen ist in den steilen Hang hinein gebaut. Der Keller ist von der Südost-Seite von außen ebenerdig zugänglich. Das Sockelgeschoss besteht aus Bruchstein und ist unverputzt, das darüber liegende Geschoss und der Giebel sind in Fachwerk aufgeführt. Es hat ein pfannengedecktes Satteldach mit einem Knick.
Geschichte
Zur Birkenmühle ist im Gegensatz zu anderen Mühlen einige Literatur, sogar jüngeren Datums, mit vielversprechenden Titeln vorhanden. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich diese jedoch für die Mühlengeschichte nur teilweise als brauchbar, sieht man von den Beiträgen von Miketta zur Technikgeschichte (1994) und von Schmitz (2000) zur Genealogie der Müller ab. Die Angaben zur Mühle sind sehr spärlich. Fast alle Beiträge kranken daran, dass ihnen historische Belege fehlen.
Unterschiedlich sind die Angaben zur Entstehungszeit der Mühle im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Im preußischen Urkataster von 1827 ist sie nach einer Überprüfung von Schmitz (2000) noch nicht eingezeichnet. Während es einerseits heißt, die Mühle sei 1838 errichtet worden, soll sie nach den Ausführungen von Schmitz (2000) erst Anfang der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts erbaut worden sein. Nach Schmitz ergibt sich folgende Übersicht der Müller.
Müller der Birkenmühle
- 1870ff: Anfang der 70er Jahre Bau der Birkemühle in der Nähe der Ortschaft Birken durch Peter Walterscheid (1789-1876) mit Söhnen Peter-Wilhelm (1861-1942) und Heinrich Walterscheid (1826-1900). Wohnort bleibt zunächst Birken.
- 1893: Heirat von Peter-Wilhelm Walterscheid (1861-1942) und Maria Helena Müller (1866-1938) aus Heisterschoß. Anbauten an der Mühle für Wohnraum: Stall, Scheune, Backhaus. Verlegung des Wohnortes von Birken zur Mühle.
- 1935: Heirat von Sohn Peter Walterscheid und Maria Eischeid aus Eischeid, zunächst Betrieb der Birkenmühle.
- 1948: Übersiedelung von Peter und Maria Walterscheid nach Eischeid.
- 1948-1957: Übernahme der Birkenmühle durch den jüngeren Bruder Wilhelm Walterscheid (um 1907-1996), Bäcker und Landwirt. 1957 Einstellung des Mühlbetriebes wegen mangelnder Rentabilität.
- 1996: Tod des 89-jährigen Wilhelm Walterscheid. Erwerb des Anwesens durch den Großneffen Bernd Walterscheid.
Miketta (1994) gibt Auskunft über den Namen der Birkenmühle. Sie ist nach dem nahen Ortsteil Birken benannt, da von dort der Erbauer kam. Die Mühle soll als Fruchtmühle allerdings unter dem Namen „Sperrsch-Mühle“ errichtet worden sein. Dieser Name wiederum bezieht sich auf das 1805 errichtete Nachbarschaftskreuz, das „Sperrsch' Kreuz“ im Ortsteil Birken, vermutlich von Johann Heinrich Speer (1746-1813) gestiftet. Dessen Tochter Anna Maria Speer aus Birken heiratete 1806 einen Johannes Walterscheid aus Großscheid.
Miketta liefert ausführliche technische Details zur Birkenmühle. Woher er diese bezieht, bleibt unklar. Das oberschlächtig betriebene Wasserrad war zunächst ganz aus Eichenholz gefertigt. Um 1900 wurde es durch eine von einem Siegburger Brückenbauwerk gefertigte Eisenkonstruktion ersetzt. Der Durchmesser des Rades betrug 5,5 Meter. An seinem Umfang befanden sich 60 Schütten bzw. Kästen mit einem Fassungsvermögen von jeweils 30 Litern. Es konnten bis zu 14 PS oder 10,3 Kilowatt Leistung erzielt werden. Das Wasserrad ist eines der auch heute noch funktionierenden beiden Mühlenräder in der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid.
Miketta (1994) liefert zusätzliche technische Details zur Getriebekonstruktion. So erfährt man, dass die Birkenmühle zwischenzeitlich über zwei Mahlgänge verfügte und um 1900 der Wellbaum erneuert und aus Stahl gefertigt wurde. Die beiden auf den Mühleisen sitzenden Stirnräder und das Kronrad waren ganz aus Stahl bzw. Gussstahl. Die in der Mühle verwendeten Mahlsteine waren in der Regel aus Eifel-Basalt. Sie hatten einen Durchmesser von etwa 140 Zentimeter bei einer Dicke von etwa 30 Zentimeter. Zudem wurden für das Mahlen von Viehfutter Kunststeine aus Belgien benutzt. Beim Beutelwerk hat man sich beim Bau der Birkenmühle nur auf die notwendigsten Einrichtungen für das Mahlen von Back- und Kornschrot beschränkt. Auch zu den zugehörigen Wasserbauten macht der Autor Angaben. Da nur ein sehr kleiner Wasserlauf zur Verfügung stand, wurde das Wasser oberhalb des Anwesens in zwei Weihern aufgestaut. Das Wasser stammte aus dem „Birkener Bonnesiefen“ und auch aus dem Geibach. Die aufgestauten Wassermassen reichten, um das Mahlwerk über acht Stunden in Gang zu halten. Durch ein Seilzugsystem, das direkt von der Mühle aus betätigt werden konnte, wurde das mit einem kegeligen Zapfen verschlossene Spundloch geöffnet, so dass das Wasser fließen konnte.
Zur Aufgabe des Mühlenbetriebes sind die Aussagen erneut heterogen. Er soll 1957 oder um 1957 eingestellt worden sein. 1962 war das Mühlensymbol in der Topographischen Karte nicht mehr eingetragen. 1998 existierte von der Mühle nur noch ein Ensemble von zwei Gebäuden, von denen eines die Mühle beinhaltete.
Insgesamt sind die Hinweise zur Geschichte der Birkenmühle aus der Literatur ungesichert und fußen mehr oder weniger auf mündlicher Überlieferung. Sie müssten anhand von Archivrecherchen überprüft werden.
(Sabine Graumann / Ralf Kreiner / Volker Schüler, Rheinisches Mühlen-Dokumentationszentrum, 2014)