Lehm war ein wichtiges Baumaterial für die Fachwerkbauweise. Man errichtete zunächst – ohne Nägel, stattdessen mit Holzzapfen – ein Rahmenwerk aus Eichenbalken, das dann mit einem Geflecht aus Reisern ausgekleidet und mit Stroh und Lehm aufgefüllt wurde. Diese Bauweise ermöglichte es, ganze Häuser und Scheunen – wenn es die Erbteilung erforderte – abzubauen und an einem anderen Ort wieder aufzubauen. Es gab noch einen anderen Vorteil, der heute im Rahmen des ökologischen Bauens wieder entdeckt wird: Lehm hat hervorragende Isoliereigenschaften und sorgt für ein winters wie sommers angenehmes Raumklima.
Im benachbarten Kolverath ließ man sich zum Schutz vor Regen an der Wetterseite der Häuser und Höfe etwas Besonderes einfallen. Moospflanzen sorgten nach Auskunft des Regionalhistorikers Erich Mertens für Nässeschutz in der Art, dass 15–20 cm lange Stengel mit dem Wurzelende nach oben in Streifen an die Wand geklebt wurden. Über diese befestigte man einen, zwei, drei und weitere Streifen so, daß die Streifen sich teilweise dachziegelartig deckten. Die Wurzelenden wurden auch wohl durch aufgenagelte Latten befestigt. Da das Moos sehr wetterbeständig ist, hielt die Bekleidung viele Jahrzehnte und war ein sehr guter Schutz.
Auch rechtlich war diese Stelle wichtig für den Alltag der Bevölkerung: wenn es ein Holzdieb vom Wald „Sasserhart“ bis hierhin mit seiner Beute schaffte, blieb er nach den Weistümern des Kerpischen Hofes zu Uersfeld von 1559 und 1561 unbehelligt. Ansonsten musste er für jede Karre voll Holz drei Heller und für einen ganzen Wagen sechs Heller Strafe zahlen. Die kurkölnischen Untertanen, die sich unerlaubt mit Holz versorgt hatten, wurden dagegen vom Hofherrn „seines Gefallens“ bestraft, was vermutlich nicht gerade zimperlich war.
Seit 2010 ist vom Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein Uersfeld und Umgebung (www.oberes-elztal.de) eine Fachwerkwand aufgestellt worden, an dem man sehen kann, wie mit Fachwerk gebaut wurde (Geschichtsstraße.
Nach der Umstellung der Geschichtsstraße 2020 auf thematische Rundwanderwege gehört die zugehörige Infotafel zum Rundwanderweg „Grenze, Galgen und Geschichte“ (Geschichtsstraße der Verbandsgemeinde Kelberg, Abschnitt 1, Station 14).
(Peter Burggraaff, Universität Koblenz-Landau, 2014, 2021)