Sankt Antony-Hütte in Klosterhardt

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Archäologie
Gemeinde(n): Oberhausen (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Oberhausen (Nordrhein-Westfalen)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 31′ 10,8″ N: 6° 52′ 19,55″ O 51,51967°N: 6,8721°O
Koordinate UTM 32.352.367,71 m: 5.709.762,88 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.560.575,38 m: 5.709.821,56 m
  • Blick über die Ausgrabungen 2008

    Blick über die Ausgrabungen 2008

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    Thuns, Michael / LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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  • Blick über die Ausgrabungen 2008

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  • Blick über die Ausgrabungen mit Gebäudefundamenten und gemauerten Kanälen

    Blick über die Ausgrabungen mit Gebäudefundamenten und gemauerten Kanälen

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Die St. Antony-Hütte ist eine ehemalige Eisenhütte im Oberhausener Stadtteil Klosterhardt. Sie war das erste Erz verarbeitende Hochofenwerk in der heute als Ruhrgebiet bezeichneten Region. Im rund 1000 Quadratmeter großen LVR-Industriearchäologischen Park – Deutschlands erstem seiner Art – wird mit den freigelegten Überresten des alten Werks seine beeindruckende Geschichte wieder lebendig.

Geschichte
Auf der Suche nach neuen Einkommensquellen stieß Freiherr Franz von der Wenge, Domkapitular zu Münster, um 1740 auf die Vorkommen an Raseneisenstein in der Gegend um Osterfeld. Die Abbaukonzession erhielt er 1741. Voraussetzungen für die Anlage einer Hütte an dieser Stelle waren die lokalen Erzvorkommen, der Elpebach als Energiequelle für das Gebläse des Hochofens sowie die damals noch vorhandenen großen Waldbestände als Ressource für die Herstellung von Holzkohle. Der Bau der ersten Gebäude und Anlagen erfolgte 1757, mit Erlaubnis des Kölner Erzbischofs als Landesherrn.

Am 18. Oktober 1758 wurde ein sieben Meter hoher Hochofen am Elpebach zwischen Sterkrade und Osterfeld angeblasen. Neben dem Hochofen gehörten Gießereien und Formereien zur St. Antony-Hütte. Hier wurden Maschinenteilen und Haushaltswaren (wie Bratpfannen und „Waterclosets“) sowie Kanonenkugeln und andere Kriegsgüter gegossen.

In der Folgezeit entstanden in der Umgebung noch zwei weitere Hütten, die mit der St. Antony-Hütte um Erz, Holzkohle und Absatzmärkte konkurrierten. Daraus ergaben sich Nachteile für alle Beteiligten. Nach einigen Wechseln in den Besitz- und Pachtverhältnissen kam es 1810 zum Zusammenschluss in der „Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel und Huyssen“. Damit war die Grundlage für die spätere Gutehoffnungshütte gelegt. 1820 wurde der Hüttenbetrieb auf St. Antony erstmals eingestellt, zwischen 1821 und 1827 etablierte sich hier eine Papierfabrik. 1827 nahm man mit einem neu errichteten Hochofen den Betrieb wieder auf. 1842/43 wurde der Hochofenbetrieb endgültig aufgegeben und 1877 mit der Gießerei der letzte Betrieb auf dem Gelände geschlossen. Die meisten Gebäude wurden in der Folgezeit abgerissen. Aus der Gründungszeit ist heute neben dem ehemaligen Hüttenteich noch das frühere Kontorhaus und Wohnhaus des Hüttenleiters erhalten, in dem auch Gottlob Jacobi lebte. Dieses Gebäude beherbergte lange Zeit einen Teil des Firmenarchivs der Gutehoffnungshütte.

Die Ausgrabungen
2008 feierte die St. Antony-Hütte ihren 250-jährigen Gründungstag. Dafür plante der Landschaftsverband Rheinland, Teile der ehemaligen Industrieanlagen wieder für die Bevölkerung zugänglich zu machen. Daher führten das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Außenstelle Xanten in Kooperation mit dem LVR-Industriemuseum und der Stadt Oberhausen seit März 2006 archäologische Untersuchungen durch.

Dabei wurde festgestellt, dass sich Reste der ältesten Hüttenanlagen wie Wasserrad, Wasserzuführung und der erste Hochofen nicht erhalten hatten. Unterhalb der Fundamente des Ende der 1850er Jahre errichteten Gebläsehauses und Maschinenraumes fanden sich jedoch die Fundamente eines Hochofens aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es handelt sich um die ringförmigen Fundamente eines mit Koks befeuerten Hochofens, der in zeitgenössischen Berichten und in zeitgenössischen Quellen erwähnt wird. Dieser Ofen ist jedoch nie angeblasen worden und wurde bereits wenige Jahre nach seiner Errichtung wieder abgerissen. Er machte dem Maschinenraum der Anlage vom Ende der 1850er Jahre Platz.

Bei den Grabungen kamen zahlreiche Gebäudeteile der Gießerei, des Gebläseraumes und des Kesselhauses bzw. des Maschinenhauses zutage. Die gut erhaltenen Fundamente bestehen aus großformatigen Feldbrandziegeln. Zwar sind die technischen Einbauten entfernt worden, aber die Standorte beispielsweise der Schwungräder und des Gebläsezylinders für die Kupolöfen des 19. Jahrhunderts sind noch zu erkennen.

Die bei den archäologischen Untersuchungen geborgenen Funde umfassen Alltagsgegenstände wie Teller aus niederrheinischer Irdenware oder Bierflaschen mit dem Wappen einer Sterkrader Brauerei. Daneben fanden sich Werkzeuge wie Schroteisen, Keile und eine Schaufel. Des Weiteren wurden Schlacken und Eisenbarren, aber auch technische Einbauteile wie ein Temperaturregler eines Schmelzofens geborgen.

Im Oktober 2010 wurde der LVR-Industriearchäologische Park eröffnet. Auf dem von einem stählernen Hallendach überspannten Grabungsgelände wird der Besucher durch die Ursprünge der Eisen- und Stahlindustrie geführt. Eine Audioführung erklärt, wann hier welche Gebäude standen und wie aus der einst kleinen Eisenhütte mit nur wenigen Bauten ein Industriebetrieb wurde, in dem rund 100 Menschen arbeiteten. 3-D-Animationen lassen die alten Hüttengebäude virtuell entstehen: der älteste Hochofen, ein zwar gebauter, aber nicht in Betrieb genommener Kokshochofen, Kupolöfen und ein Dampfgebläse zum Antrieb der Öfen. Auch ein Überblick über die Veränderungenen der Gesamtbebauung wird gezeigt. Die Anlagen werden darin gemäß ihrer tatsächlichen Entwicklung hochgezogen, umgebaut und abgerissen und machen Funktion und Aussehen der Hütte anschaulich nachvollziehbar.

(LVR-Industriemuseum / LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 2010)

Das LVR-Industriemuseum un der Industriearchäologische Park St. Antony-Hütte waren KuLaDig-Objekt des Monats im Januar 2011.

Internet
de.wikipedia.org: St.-Antony-Hütte (Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2010, Abgerufen: 17.11.2010)
Route der Industriekultur im Ruhrgebiet (Abgerufen am 9.11.2010)

Literatur

Landschaftsverband Rheinland - Rheinisches Industriemuseum (Hrsg.) (2008)
St. Antony – Die Wiege der Ruhrindustrie. Ein „Wirtschaftskrimi“ um die erste Eisenhütte im Revier. Münster.
Obladen-Kauder, Julia (2009)
Ausgrabungen an der St. Anthony-Hütte, Wiege des Ruhrindustrie. In: Przybilla, H.-J. u. Grünkemeier, A. (Hrsg.): Denkmäler3.de - Industriearchäologie. Kolloquium Essen 2008, S. 11-18. Aachen.
Obladen-Kauder, Julia (2009)
Hochofen unter Hochöfen in der St. Antony-Hütte. In: Archäologie im Rheinland 2008, S. 170-171. Stuttgart.
Obladen-Kauder, Julia (2008)
Mit Spaten und Spitzhacke. Der Boden gibt seine Geheimnisse preis. In: Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.): St. Antony - Die Wiege der Ruhrindustrie, S. 125-130. Münster.
Obladen-Kauder, Julia (2008)
Wo im Ruhrgebiet alles begann. (Archäologie in Deutschland 3/2008.) S. 20-21. Stuttgart.
Obladen-Kauder, Julia (2008)
Mit Spaten und Spitzhacke - Industriearchäologie am Beispiel der St. Antony-Hütte. In: Archäologie im Rheinland 2007, S. 168-171. Stuttgart.
Obladen-Kauder, Julia (2007)
Die St. Antony-Hütte in Oberhausen-Osterfeld - Wiege der Ruhrindustrie. In: Archäologie im Rheinland 2006, S. 199-201. Stuttgart.
Zeppenfeld, Burkhard (o.J.)
St. Antony – die Wiege der Ruhrindustrie oder. Ein Wirtschaftskrimi der Frühindustrialisierung. In: Industrie-Kultur 14, Heft 2, S. 36-37. o. O.

Sankt Antony-Hütte in Klosterhardt

Schlagwörter
Ort
Oberhausen - Klosterhardt
Fachsicht(en)
Archäologie
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Archäologische Grabung
Historischer Zeitraum
Beginn 1758, Ende 1876 bis 1880

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„Sankt Antony-Hütte in Klosterhardt”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-8407-20110303-2 (Abgerufen: 20. April 2024)
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