Vorgeschichte Düsseldorf als Sitz eines Oberlandesgerichts ist der persönliche Erfolg eines einzigen Mannes: des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Wilhelm Marx (1899-1910). Mit Konsequenz verfolgte er den einmal beschrittenen Weg, an dessen Ziel die durch die Teilung der Oberlandesgerichte Köln und Hamm bewirkte Neugründung in Düsseldorf stand: ein Prestigeobjekt des Gestalters von Groß-Düsseldorf vor dem Ersten Weltkrieg. Um die Angelegenheit von vorneherein in die rechten Bahnen zu lenken und sie mit dem nötigen Druck zu versehen, offerierte Marx Berlin ein Junktim insofern, als die Stadt Düsseldorf die erheblichen finanziellen Opfer – insgesamt 1.815.000 Mark – nur aufbrächte, wenn beide Pläne, der Neubau des Regierungsgebäudes wie auch die Gründung des Oberlandesgerichts, verwirklicht würden. Noch im Dezember 1903 schlossen der Landgerichtspräsident Ratjen als Vertreter des preußischen Staatsfiskus und Oberbürgermeister Marx für die Stadt Düsseldorf unter dem Vorbehalt des Gesetzesbeschlusses zur Errichtung eines Oberlandesgerichts in Düsseldorf einen Vertrag, wonach die Stadt für dieses ein 5000 m2 großes Grundstück am Rhein, in der Nähe des Kunstpalastes, und zwar nördlich des für das neue Regierungsgebäude vorgesehenen Bauplatzes, unentgeltlich zur Verfügung stellte; der Mehrbedarf sollte mit 100 Mark pro Quadratmeter gedeckt werden. Dazu war der städtische Baukostenzuschuss inzwischen auf 800.000 Mark gestiegen. Am 16. September 1906 fand dann die feierliche Eröffnung des Königlichen Oberlandesgerichts Düsseldorf im Rittersaal der städtischen Tonhalle statt. In dem 1884/85 für die Bergisch-Märkische Bank am Königsplatz Nr. 15/16 (heute Martin-Luther-Platz) errichteten, inzwischen in städtischem Besitz befindlichen Gebäude fand man mehr schlecht als recht eine vorläufige Bleibe. Aber bereits nach dreieinhalb Jahren konnte der Umzug in den stattlichen Neubau am Rhein erfolgen.
Lage Als Bauplatz für das neu zu errichtende Oberlandesgerichtsgebäude wurde das Gelände auf der „Golzheimer Aue“ endgültig festgelegt. Zu der von der Stadt unentgeltlich überlassenen Fläche wurde eine weitere von 1.275 m2 hinzuerworben, so dass sich eine Gesamtgröße von 6.275 m2 ergab. Für das Wohngebäude des Präsidenten wählte die Justizverwaltung ein Grundstück von 2.000 m2 nördlich in gleicher Fluchtlinie mit dem Geschäftsgebäude, von diesem durch die Klever Straße getrennt. Die Gebäude waren in eine landschaftlich reizvoll gestaltete Umgebung mit dem Kaiser-Wilhelm-Park längs des Rheinufers und dem alten Friedhof an der Emmericher Straße eingebettet.
Planung und Ausführung Grundriss- und Aufrissgestaltung erfolgte in Abstimmung mit dem Regierungsgebäude. Beide Bauten, die miteinander fluchten, sind auf weite Sicht hin angelegt. Der Entwurf für das Geschäftsgebäude des Oberlandesgerichts wie auch für das Dienstwohngebäude wurde in der Hochbauabteilung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten unter Oberleitung des Wirklichen Geheimen Baurats Paul Thoemer erstellt. Er hat im Verlauf der Bauausführung vor allem in Bezug auf die Außenarchitektur einschneidende Veränderungen erfahren, und zwar durch den Landbauinspektor Heinrich Quast, der als Nachfolger des Landbauinspektors Ahrns seit April 1907 mit der Bauleitung betraut war. Der Name Paul Thoemer (* 20. Juni 1851 in Köslin, † 3. Juni 1918 in Berlin) ist mit einer Vielzahl preußischer Justizbauten verbunden. Die 1879 in Kraft getretene Gerichtsverfassung für das Deutsche Reich hatte für Preußen eine derartige Fülle neuer Gerichtsgebäude zur Folge, dass im Ministerium der öffentlichen Arbeiten zwei Abteilungen eingerichtet werden mussten, von denen Thoemer die für Groß-Berlin und den Westen der Monarchie erhielt. Das Ergebnis waren der Bau von 300 kleinen und mittelgroßen und 51 großen Gerichtsgebäuden.
Würdigung Im Zweiten Weltkrieg verschont geblieben, hat das Oberlandesgericht auch in den Nachkriegsjahren keine „Totalsanierung“ erfahren. Mit Ausnahme der bronzefarbenen Beleuchtungskörper, der farbigen Fassung der Wände, beides wurde bei der jüngsten Restaurierung weitgehend rekonstruiert, dem Einbau eines besonders gesicherten Saales im Sockelgeschoss (1972), einiger weniger ins Auge fallender Veränderungen ist das Gebäude nahezu unberührt und ein Gesamtkunstwerk von außenordentlicher Bedeutung und Qualität geblieben. Die von vornherein vorgesehene Möglichkeit einer Erweiterung des Gebäudes nach Osten wurde erst zu Beginn der fünfziger Jahre aktuell. Ganz bewusst von diesem abgehoben und nur mit einem überdeckten Glasgang verbunden, wurde 1957 auf rechteckigem Grundriss ein zehnstöckiges Bürohaus als reiner Zweckbau aus Beton, Metall und Glas errichtet (Entwurf und Planung Staatshochbauamt Düsseldorf). Erst jüngst folgte dieser eine das Hochhaus integrierende erneute Erweiterung: Der vom Büro Petzinka Pink Architekten entworfene sechsgeschossige Neubau arrondiert das Grundstück zwischen Cecilienallee, Kurt-Baurichter-Straße und Klever Straße. In seiner zurückhaltenden, einheitlichen, von Natursteinfassaden geprägten Architektur trägt er mit bei zur Harmonie eines repräsentativen Gesamtensembles. Einen Blickfang des neu entstandenen Innenhofes bildet die Skulptur eines Kopfes der Düsseldorfer Künstlerin Hede Bühl. Die weitgehende Unberührtheit trifft auch für das nebenliegende Regierungsgebäude zu. Obwohl nebeneinander, gleichzeitig und in ähnlichen Stilformen errichtet, sind beide Gebäude in ihrer Aussage gänzlich verschieden. Das Regierungsgebäude galt einerseits der Selbstdarstellung des bevölkerungsreichsten Bezirks der preußischen Monarchie, andererseits war es aber auch das Bestreben, historische Kontinuität in der Sprache der Architektur fortleben zu lassen. Demgegenüber ist das Oberlandesgerichtsgebäude in seinen Formen sehr viel weniger aufwendig. Dazu sind die Barockelemente bereits mit denen des Jugendstils verwoben, was ihm ein „moderneres“ Aussehen gibt. Es ist einzuordnen in die Reihe von Monumentalbauten, in denen für die Majestät des Rechts majestätische Bauten von größter psychischer, monumentaler Wirkung geschaffen wurden, die sich nicht nur im Äußeren, sondern auch beim Betreten des Inneren, bei der Anlage der Treppenhallen und Säle bekundete. Zusammen mit dem Regierungsgebäude und den Gesolei-Bauten (= Kürzel für „Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“ 1926; zu dieser Zeit wurde das Düsseldorfer Rheinufer – u. a. auch vor dem Regierungspräsidium und dem Oberlandesgericht mit dem Rheinpark erhöht und neu gestaltet) sowie dem Verwaltungsgebäude der Mannesmann-Röhren-Werke und dem ehemaligen Landeshaus (heute Staatskanzlei) erfüllt das Gebäude des Oberlandesgerichts die wichtige Funktion einer repräsentativen Rheinuferbebauung und ist deshalb von hervorragender städtebaulicher Bedeutung. Nicht zuletzt auch seine Unberührtheit macht es zu einem der wichtigsten Zeugnisse für die Architektur des frühen 20. Jahrhunderts in Düsseldorf.
(Autor: Prof. Dr. Gisbert Knopp, Bearbeitet von: Suzan Leblebici, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2014)
Literatur
Knopp, Gisbert (2008)
Regierungspräsidium und Oberlandesgericht in Düsseldorf. (Rheinische Kunststätten, Heft 428.) Köln (2. vollständig überarbeitete u. ergänzte Auflage).
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.