Obstkraut ist eine Art Sirup aus eingekochten Früchten und heutzutage nur noch selten auf bundesdeutschen Frühstückstischen zu finden. Im Gegensatz zur Marmelade wird es fast ohne Zuckerzusatz hergestellt: Die Früchte werden so lange weichgekocht und ausgepresst, bis ein Eigenzuckeranteil von mehr als 50% erreicht ist. So war Apfel- und Birnenkraut schon im Mittelalter verbreitet, bevor die Marmelade durch die industrielle Herstellung von Zucker ihren Siegeszug antreten konnte.
Witterung und unvorteilhafte Bodenverhältnisse führten dazu, dass der Ackerbau in der Region nie von großer Bedeutung war. Was es jedoch früher zuhauf gab, waren Streuobstwiesen. Folgerichtig eröffnete im Jahr 1890 die Waldbröler „Krautpatsche“, eine Fabrik, in der Früchte abgeliefert werden konnten, die dann zu Obstkraut und Marmeladen verkocht wurden. Die Menschen standen hier in langen Schlangen und brachten ihre Äpfel, Birnen, Beeren und auch Zuckerrüben. Das heute noch zu sehende Fabrikgebäude wurde 1920 aus Bruchsteinen errichtet. 1942 wurde es in Ziegelbauweise aufgestockt, 1943 kam ebenfalls in Ziegelbauweise ein Kesselhaus für den Dampfkessel hinzu.
Die 1950er-Jahre brachten das Ende der Krautpatsche. Im Zuge der Flurbereinigungen wurden viele Obstbäume gefällt, das süße Obst wurde knapp und die Bedeutung der Krautherstellung schwand immer mehr. Zudem drängten die großen Marmeladenfabriken mit immer neuen Geschmacksvariationen auf den Markt. Der Altbau stand damals noch 4 Meter weiter vorne und musste in den 1960er Jahren im Zuge der Straßenverbreiterung weggenommen werden. Aus dieser Zeit stammt auch die heutige Fassade.
Derzeit dienen die Räume der Krautpatsche als Lager. Seit einiger Zeit existieren Pläne für eine Nutzung des Gebäudes als Museum zur Geschichte der Waldbröler Lederindustrie.
(Biologische Station Oberberg, 2013. Erstellt im Rahmen des Projektes „Hecke, Hohlweg, Heimat – Kulturlandschaftsvermittlung analog und digital“. Ein Projekt im Rahmen des LVR-Netzwerks Umwelt.)