Bereits in merowingischer Zeit hat der aus einem römischen Gehöft hervorgegange Ort Derichsweiler eine Kirche besessen, worauf nicht nur das in jener Zeit häufig verwendete Martinspatrozinium, sondern auch ein Grabstein an der Südseite von Alt Sankt Martin hinweisen. Für weitere Gräber aus fränkischer Zeit wurden Weihesteine der römischen Kaiserzeit aus dem 3. Jahrhundert wiederverwendet. Das Gotteshaus stand auf Königsgut; hier befand sich einer der 43 Königshöfe, aus deren Erträgen in karolingischer Zeit die Pfalz in Aachen unterhalten wurde. Mit einer Schwerpunktverlagerung der königlichen Politik nach Sachsen beim Wechsel von den Karolingern zu den Liudolfingern wurden der Hof und die Kirche am Ende des 9. Jahrhunderts dem Aachener Marienstift übertragen. Im Jahre 1287 veräußerte das Aachener Stift sein Gut in Derichsweiler an das Kölner Kollegiatstift Sankt Gereon.
Die heutige Bausubstanz beinhaltet im Kern einen romanischen Saal, an den in gotischer Zeit im Süden ein Seitenschiff angefügt wurde. Als das Gotteshaus im 19. Jahrhundert für die Bevölkerung zu klein geworden war, entstand für den Gemeindegottesdienst eine größere Kirche - Neu Sankt Martin.
Alt Sankt Martin besitzt eine besondere geschichtliche Bedeutung aufgrund des Umstandes, dass das Gotteshaus am 15. August 1940 als erste deutsche Kirche während des Zweiten Weltkrieges durch Brandbomben zerstört wurde. Die in den unteren Bereichen erhaltenen Umfassungsmauern wurde daher in ihr ruinenhafter Charakter belassen und von einem Schutzdach in sachlich-zurückhaltender Formensprache überspannt. Alt Sankt Martin ist heute ein wichtiges Denkmal zur Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg.
(Christoph Kühn, im Auftrag des LVR-Fachbereichs Umwelt, 2012)
Literatur
Landschaftsverband Rheinland; Deutsche St. Jakobus-Gesellschaft (Hrsg.) (2009)
Jakobswege. Wege der Jakobspilger im Rheinland. Band 1: In 8 Etappen von Wuppertal-Beyenburg über Köln nach Aachen/Belgien. Köln (4. Auflage).
Katholische Pfarrkirche Alt Sankt Martin in Derichsweiler
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