Dieser Bereich gehörte ursprünglich zur Kettwiger Mark und war einer von mehreren großen Buschparzellen in der alten Honnschaft Schuir. In der Mitte des 19. Jahrhunderts, nach Aufteilung der Markengründe, wurden diese Gebiete von einer Gründungswelle erfasst. Sie wurden teilweise gerodet, parzelliert und nachfolgend bebaut (vgl. Schmitz 1993, S. 102, 136/137).
Die Kettwiger Mark war ein gemeinsam genutzter bäuerlicher Wald-, Weiden und Wasserbesitz (Allmende). Der Sitz ihres Holzgerichtes war jahrhundertelang der noch vorhandene Hof Rehfuß (Mühlendicksweg 17) im Kettwiger Umstand. Die Kettwiger Mark wurde in den Jahren 1835/36 aufgeteilt. Zu den vier Hauptabteilungen gehörte die Waldparzelle „Rieck“. Bis 1842 wurde der Weg „Im Riek“ angelegt. Es handelte sich dabei um einen der „schnurgerade(n) Forst- und Transportwege“ (Schmitz 1993, S. 109), die der Erschließung und Bewirtschaftung der Waldflächen dienten. Weiter heißt es bei Schmitz (ebenda): „Mit der Zuteilung der Waldparzellen verfuhren die plötzlich vermögend gewordenen Bauern und Kötter überwiegend gleich: Ein Großteil des aufstehenden Holzes erwarben die Holzhändler; der abgeholzte Boden wurde dann als erweitertes Ackerland genutzt. Abseitig liegende Waldparzellen, die für die Hofbewirtschaftung zu schwierig waren, wurden mit dem Holzbestand an neue Siedler verkauft. Diese rodeten das Gelände und errichteten neue Wohnhäuser.“ Dieser Vorgang war im abseits gelegenen und bergigen Waldgelände Rieck spätestens zu Beginn der 1890er Jahre weitgehend abgeschlossen, wie aus dem Kartenvergleich hervorgeht. Seitdem haben hier keine bedeutenden Landschaftsveränderungen stattgefunden.
Viel ist über die Kotten nicht bekannt, die sich hier in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ansiedelten. Eine ausführliche Beschreibung des Kottens Böhs (Im Riek 33) findet sich jedoch bei Schmitz (1993, S. 146/147): „Der Kotten entstand inmitten der Kettwiger Mark auf einem ehemaligen Buschgelände, dessen Nutzungsrecht der Kettwiger Umstander Hof Mittelste Hinninghofen (heute Gaststätte ‚Kemmannshof‘, Thiemannstraße 38) seit alters her besaß. Als das große Markengebiet aufgeteilt wurde, fiel diesem Hof die 15 pr(eußische) Morgen große Holzung ‚im Riek‘ in der Gemeinde Schuir zu (1841). Am 12.12.1842 erwarben die Eheleute Ackersmann Adolph und Clara Kleinrahm … ein 6 pr(eußische) Morgen und 64 Ruthen großes Buschstück, das erst noch gerodet werden mußte. Gleichzeitig übernahmen sie das alte Leibzuchtgebäude aus dem Jahr 1746 des Hofes Mittelste Hinninghofen, brachen es auf dem Hofgelände ab und bauten es an der heutigen Stelle wieder auf.“ Seit 1868 ist der Kotten im Besitz der Familie Böhs. Aus der topographischen Karte von 1894 (Preußische Neuaufnahme) ist weiterhin der Wernerskotten bekannt.
Vor dieser jüngeren Gründungsphase gab es hier nur den einzelnen Kotten Eichholz, der im 16. Jahrhundert im damals dichten Buschwald errichtet wurde. Die Verteilung der Wald-, Offenland- und Siedlungsbereiche hat sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht verändert. Die Kottengebäude sind zum Großteil noch vorhanden, einzelne Neubauten sind als Nachverdichtung hinzugekommen. Desweiteren wurde etwa 1845 das neue Gebäude der evangelischen Schule (An der Pierburg 61) im Randbereich erbaut.
Der Straßen- und Flurname „Riek“ hat verschiedene Schreibweisen, darunter „Rich“ (vgl. Dickhoff 1979, S. 137), „Rieck“ oder „Reeck“. „Am Reeck“ bedeutet so viel wie „an einem länglichen Waldstreifen oder am lang sich hinziehenden Abhang liegend“ (Schmitz 1994, S. 282). In der Mutterrolle von 1846 wird er im Zusammenhang mit einer Holzung „Im Riek“ genannt, die dem Kötter Johann Eichholz gehörte (Dickhoff 1979, S. 137). Dessen Name rührt von dem dichten Wald, in dem der Kotten errichtet wurde. Dieser Buschwald wurde erstmalig 1378 urkundlich als „dat Eichholt“ erwähnt und gehörte zum Grundeigentum der Abtei Werden. Im Jahr 1565 wurde der gleichnamige Kotten erstmals in einer Urkunde genannt. Sein Erbauer war wahrscheinlich Jaspar upm Leyerscheyde (= Lieverscheid, der Nachbarhof), der 1521 mit dem Buschstück belehnt wurde und den Zunamen „vom Eichholt“ erhielt. Der Kotten stand auf dem Grund und Boden der Kettwiger Mark, wodurch er zur Abgabe eines Köttergeldes verpflichtet war. Die alten Fachwerkgebäude fielen am 24. Dezember 1916 einem Brand zum Opfer und wurden nicht wieder errichtet. Lediglich die Eingangstür fand auf dem Halfmannshof (am Schuirweg) neue Verwendung. (Schmitz 1994, S. 250-251)
Das hügelige Relief dieses Bereiches entsteht aufgrund kleiner, tief eingeschnittener Siepentälchen, die dem Schuirbach zulaufen. Sie bestehen aus weitgehend naturnahen Bachläufen, wertvollen Feuchtbereichen und Buchenwaldresten sowie angrenzendem strukturreichem Grünland. Diese Biotoptypen gehören zu den schutzwürdigen bzw. gesetzlich geschützten Biotopen. Vom einst flächendeckenden Wald ist nur noch ein Rest vorhanden. An den steileren Talhängen blieb er erhalten, während die ebenen und höher gelegenen Abschnitte (durch die Kötter) gerodet und landwirtschaftlich nutzbar gemacht wurden. Die Acker- und Weideflächen bestehen bis heute. Durchgewachsene Kopfbäume, Zeugen früherer Wirtschaftsweisen, sind am Weg- und Gewässerrand zu finden.
(Kathrin Lipfert, LVR-Fachbereich Umwelt, 2011)
Quelle Objekt „BK-4607-0012 – Schuirbach“. In: Biotopkataster NRW. Bearbeitungsstand: 16. Juli 2007, www.naturschutzinformationen-nrw.de/bk/de (Abgerufen: 05. Oktober 2010)
Literatur
Dickhoff, Erwin (1979)
Essener Straßen - Stadtgeschichte im Spiegel der Straßennamen. Essen.
Landesvermessungsamt NRW (Hrsg.) (2005)
Historika 25, Historische topographische Karten des heutigen Nordrhein-Westfalen im Wandel der Zeit, Blatt 4607 - Heiligenhaus. Bonn.
Höfe, Kotten und ihre Bewohner. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte der Vororte Fulerum, Haarzopf, Ickten, Kettwiger Umstand, Raadt, Roßkothen, Schuir. (Zeitschrift des Geschichtsvereins Mülheim a.d. Ruhr 1.) Essen (3. Auflage).
Schmitz, Herbert (1993)
Höfe, Kotten und ihre Bewohner. Band II und Nachlese. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte der Vororte Fulerum, Haarzopf, Ickten, Kettwiger Umstand, Raadt, Roßkothen, Schuir. Bottrop, u. Essen.
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