Die Anfang des 12. Jahrhunderts errichtete Kirche in Lieberhausen ist namensgebend für den Gattungsbegriff der „Bunten Kerke“ (im bergischen Dialekt auch „Bonte Kerke“ für „bunte Kirche“ wegen der farbigen Deckenmalereien), wie sie im Oberbergischen zu finden sind. Einmalig für das Rheinland ist in Lieberhausen das Nebeneinander der vor- und nachreformatorischen Malereien im Inneren der Kleinbasilika.
„Die evangelische Kirche in Lieberhausen gehört wegen ihrer farbenprächtigen Ausstattung mit Wandmalereien des 15. und 16. Jahrhunderts zu den bekanntesten Baudenkmälern des Oberbergischen Landes. In geradezu verschwenderischer Fülle weist sie einen Reichtum an Fresken auf, der in einer Dorfkirche als ungewöhnlich erscheinen muss.“ (Saeger 2010, S. 4)
Zur Geschichte der „Bunten Kerke“ Der Ort Lieberhausen wird 1033/1050 erstmals urkundlich bei der Übertragung eines Hofes zu Liefburgahuson mit einer Kapelle, anderen Besitzungen und 73 Hörigen durch den Edlen Gerolf an das Essener Kloster Werden (Pampus 1998). Der Standort dieses wohl hölzernen Vorgängerbaus der heutigen romanischen Pfeilerbasilika ist nicht mehr feststellbar. Die Lieberhausener „Bunte Kerke“ wurde Anfang des 12. Jahrhunderts (so Saeger 2010, de.wikipedia.org nennt das 11. Jahrhundert) als Filialkirche der um 1000 durch das Kölner Severinstift gegründeten Hauskapelle in Gummersbach errichtet. Das Heberegister des Kölner Severinstifts erwähnt den ihm zehntpflichtigen Ort Lieberhausen 1174 urkundlich. Im 1274 entstandenen Liber valoris, dem Kirchenverzeichnis der Kölner Erzdiözese, ist die Lieberhausener Kirche als Libirhusen capella erwähnt, die der Gummersbacher Pfarrkirche Sankt Severin unterstellt ist, von der sie sich dann im 14. Jahrhundert löst. Seitdem war die Kleinbasilika selbständige Pfarrkirche mit dem Patrozinium Sankt Nikolaus.
Im 15. Jahrhundert wurde die Kirche um das gotische Querschiff und den Chor erweitert, seitdem besitzt sie den kreuzförmigen Grundriss. 1870 wurde ein dreiseitiger Chorabschluss als Sakristei angefügt. Beim Einzug der Reformation in das Gebiet um Gummersbach und Bergneustadt seit etwa 1570 wendet sich Lieberhausen unter dem Einfluss des Pfarrers Hermann Garenfeld (erste lutherische Predigt wohl 1586) dem evangelischen Glauben zu. Gegenreformatorische Bestrebungen des katholischen Fürsten Adam Graf von Schwarzenberg (1583-1641), in dessen Territorialbesitz sich Lieberhausen befand, konnten 1658 endgültig beigelegt werden – der Ort blieb evangelisch.
Die Wandmalereien im Kircheninneren Nach den spätgotischen Erweiterungen wurde um 1480 mit den umfangreichen Ausmalungen des Kircheninneren begonnen. Die reichhaltigen Fresken blieben bemerkenswerterweise auch nach der Einführung der Reformation erhalten. Sie wurden entgegen der protestantischen Auffassung im Jahr 1589 sogar restauriert und durch weiteren Bilderschmuck ergänzt, während in anderen Orten üblicherweise katholischer Bilderschmuck entfernt oder übermalt wurde. Erst im 19. Jahrhundert wurden die Lieberhausener Malereien übertüncht „als man eine kuriose Redensart über die Kirche, die allmählich sprichwörtlich geworden war, aus der Welt schaffen wollte: “So bunt as de Lieberhuser Kerke„. Dieser Ausspruch, so meinte man, schade nun doch eher, als er nutze.“ (Saeger 2010, S. 6) Gleichwohl wurden die kunsthistorisch wertvollen Wandmalereien bereits 1911–1913 im Rahmen einer größeren Renovierung der Kirche wieder aufgedeckt und konserviert, in einzelnen Fällen auch durch den Kölner Maler und Restaurator Anton Bardenhewer (1857-1939) rekonstruiert; eine zweite Restaurierung erfolgte 1954 durch den Bonner Kirchenmaler R. Gassert.
Das eindrucksvolle Bildprogramm der durch das das Nebeneinander von vor- und nachreformatorischer Malerei im Rheinland einzigartigen Wand- und Gewölbemalereien umfasst die bildliche Umsetzung biblischer Texte. Im Rahmen der Ergänzung der Ausmalungen wurden 1589 oftmals Texte aus den Evangelien an Szenen ergänzt. Neben der Funktion der Ausschmückung der Kirche sollten die zumeist figürlichen Szenen vor allem auch der Belehrung der Gläubigen dienen – die teils drastischen Teufels- und Höllenmotive belegen dies eindringlich. Eine – hier nicht zu leistende – umfassende Beschreibung der Wandmalereien mit zahlreichen Abbildungen bietet Saeger 2010 (S. 10-21).
Hinweise Die „Bunte Kerke“ in Lieberhausen war KuLaDig-Objekt des Monats im April 2012 und ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereichs Lieberhausen (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 412).
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 405, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Hansmann, Wilfried (1990)
Die „bunte Kerke" in Gummersbach-Lieberhausen. (Rheinische Kunststätten, Heft 194.) Neuss (3. Auflage).
Pampus, Klaus / Oberbergische Abteilung 1924 e.V. des Bergischen Geschichtsvereins (Hrsg.) (1998)
Urkundliche Erstnennungen oberbergischer Orte. (Beiträge zur Oberbergischen Geschichte, Sonderband.) Gummersbach.
Evangelische Pfarrkirche „Bunte Kerke“ in Lieberhausen
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.