Die Trierer Abtei St. Matthias besaß in Pünderich einen im Jahre 1616 erstmals urkundlich erwähnten Zehnt-und Lehenshof mit Kelterei. Lehnsnehmer zahlten 10 Prozent des erwirtschafteten Ertrages als Pacht.
Geschichte Der ehemalige Lehenshof in der Marienburgerstraße besitzt die Hausnummer 17. Das Eckhaus befindet sich dort, wo sich die Marienburgerstraße, die Römerstraße sowie die Keltenstraße kreuzen. Der Hof gehörte zu der Benediktinerabtei Sankt Matthias in Trier. Aufgrund eines Pachtbriefes ist bekannt, dass die Trierer Abtei bereits im Jahr 1440 in Pünderich einen Lehenshof besaß. Zum Lehenshof gehörten Ackerflächen, Waldstücke und im Jahre 1717 Weinberge in 19 Lagen, welche an 36 Lehnsnehmer verpachtet wurden. Die Pachtzeit der Hofmanns (des zeitlichen Pächters der Hofanlage) betrug 9 Jahre. Das Gebäude in der Marienburgerstraße ist das Hauptgebäude und wurde 1616 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Es war der Sitz des Vogtes und damit eine Niederlassung der Abtei St. Matthias. Hier lebte auch der Hofmann. Im gegenüberliegenden Gebäude (Keltenstraße 1) waren eine Kelterei, eine Erhebungsstelle für den Frucht- und Weinzehnten sowie die Gesinderäume untergebracht. Im Jahr 1648 existierten 56 Kelterhäuser in Pünderich, dies war überdurchschnittlich viel.
Das Hauptgebäude Das traufständig zur Marienburgerstraße stehende Hauptgebäude ist ein Fachwerkhaus mit Nebentrakt und besitzt ein massives, weiß verputztes Sockelgeschoss sowie ein steiles Satteldach. Das niedrigere Fachwerkobergeschoss und der Giebel besitzen asymmetrisch angeordnete Felder aus rot-braun lasiertem Fachwerk (Ochsenblutrot aus Eisenoxid und Leinöl) sowie ein für die Bauzeit typisches Zwischengeschoss. Unter den Fenstern befinden sich Andreaskreuze, zwei sich kreuzende Balken welche nach dem Apostel Andreas benannt wurden. Die Eckständer (an den Hausecken) und die Fensterstiele (Streben seitlich der Fenster) sind mit geschnitzten, mehrfarbig bemalten Ornamenten versehen. Heute wird das Gebäude als Wohnhaus genutzt.
Die ehemalige Kelterei Das traufständig zur Keltenstraße stehende Nebengebäude besitzt heute einen mit grün lasierten Klinkersteinen verkleideten Sockel sowie eine weißgetünchte Fassade. Die Dachgaube besitzt noch die Vorrichtung für den Flaschenzug des Speichers und an der Rückseite des Gebäudes den Kellerabgang. Heute wird das Gebäude als Wohnhaus genutzt.
Der Frondienst Der Hofmann leistete eine bestimmte Anzahl von Tagen pro Jahr Frondienste für das Kloster. Der Frondienst unterteilt sich in den Spanndienst und den Handdienst. Der „Spanndienst“ bedeutet, dass der Pächter mit seinem Vieh die Äcker des Lehnsherrn pflügen oder Transportdienste übernehmen musste. Der „Handdienst“ umfasste alle Arbeiten, welche als Handarbeit erledigt wurden (zum Beispiel Unkraut jäten). Pächter konnten sich vom Frondienst mit Geld freikaufen, dies konnten sich die meisten jedoch nicht leisten. Zudem hatten die Frondienste stets Vorrang vor den eigenen Arbeiten.
Die Abgaben Der Begriff „Zehnthof“ leitet sich vom „trockenen Zehnten“ (Getreide, Gemüse und Früchte) sowie „nassen Zehnten“ (Wein) ab. Bei dem „Zehnten“ handelte es sich um die Abgabe von 10 Prozent des erwirtschafteten Ertrages. Hinzu kamen die Steuern und Schuldenabtragung. Krankheiten, Kriege, Frondienste oder Missernten konnten die Bauern in den Ruin stürzen.
Das Renovatio Es ist vom Lehenshof der Trierer Abtei St. Matthias ein „Renovatio“ aus dem Jahre 1757 erhalten geblieben. Es handelt sich hierbei um ein Buch, in welchem die Bedingungen des Lehns zwischen Lehnsherr und Lehnsnehmer erneuert wurden. Das Buch ist in Deutscher Kurrentschrift geschrieben und besitzt einen geschichteten Einband aus Papier. Manche dieser Bücher besaßen einen Einband aus Schweinsleder. Die Kurrentschrift ist eine Schreibschrift, welche spitze Winkel verwendet und bis Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet wurde. Geschrieben wurde mit Federkiel und Tinte. Die Seitenzahlen wurden mit „pag.“, die Abkürzung für das französische Wort „page“ („Seite“), nummeriert. Lehnsnehmer war die Familie Clahsen. Das Buch wurde in dreifacher Ausführung angelegt, wobei ein Exemplar bei der Gemeinde, eines beim Vogt (dem vom Kloster eingestellten örtlichen Verwalter der Güter) sowie ein Exemplar in der Trierer Abtei aufbewahrt wurde.
Die Holzschnitzereien und der Brandschutz Die Holzschnitzereien an den Fachwerkhäusern sind ein Anzeichen für den Wohlstand des Ortes. Die Gemeinde erlaubte aufgrund der Brandgefahr nur Dachbedeckungen aus Schiefer anstatt aus Stroh. Zwischen den Häusern musste zudem ein Spalt bestehen bleiben, damit Funken schlechter überspringen konnten. Die Provinzialversicherung existiert bereits ab 1836 und bestand damals, zum besseren Schutz gegen Feuer, darauf, die Fachwerkhäuser zu verputzen.
Der Straßenbelag und „vom Regen in die Traufe kommen“ Ende des 19. Jahrhunderts wurde meist das Feldsteinpflaster gegen Basaltpflaster als Straßenbelag ausgetauscht. Der Ausdruck „vom Regen in die Traufe kommen“ leitet sich von der Dachtraufe (dem unteren Rand des Daches) ab und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Bei Regen ergoss sich auf Personen, welche unter einem vorstehenden Dach Schutz suchten, ein Schwall Wasser (die Situation verschlimmerte sich), später wurde dies durch die Installation von Dachrinnen und Fallrohren vermieden.
Kulturdenkmal Der ehemalige Zehnt- und Lehenshof der Trierer Abtei St. Matthias in Pünderich, „Fachwerkhaus, teilweise massiv“, ist als geschütztes Kulturdenkmal ausgewiesen (Denkmalverzeichnis Kreis Cochem-Zell, S. 39).
Quellen Informationstafel am Gebäude und Gespräche und freundliche Hinweise von Herrn Winfried Schneiders (Co-Autor der Dorfchronik) sowie von Familie Lay (Weingut Werner Lay in Pünderich).
Internet puenderich.de: Dorfchronik der Ortsgemeinde Pünderich (abgerufen am 29.11.2015)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Cochem-Zell. Denkmalverzeichnis Kreis Cochem-Zell, 19. Sep. 2022. S. 39, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Cochem-Zell, abgerufen am 15.06.2023
Zehnt- und Lehenshof der Trierer Abtei Sankt Matthias
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