Name / Patrozinium: – / Abrunculus und Quirinus. Orden: Augustiner-Chorherrenabtei (Doppelkloster).
Die Gründungsgeschichte Die erste Stufe der Gründung des Stiftes erstreckte sich von 1103 bis zur Trierer Diözesansynode von 1107. Eine Benigna aus dem Kreis der Ministerialen des rheinischen Pfalzgrafen stellte ihr Witwengut im Kondelwald zur Verfügung und trat der Gemeinschaft, die sich als ein Doppelkloster konstituierte, zusammen mit ihrer Tochter Texwindis selbst bei. Die „cella“ wurde mit Erlaubnis des Pfalzgrafen Siegfried errichtet und gemäß den Forderungen der Kirchenreformer der Trierer Kirche übereignet. Dem Konvent wurde die freie Wahl des Vorstehers sowie Unabhängigkeit von jeder Botmäßigkeit eines Archidiakons oder Dechanten zugesichert. An Stelle einer Erbvogtei sollte die freie Vogtwahl gelten. Da Benigna auf der Synode den Pfalzgrafen zum Vogt erwählte, der ohnehin schon Vogt des Trierer Erzstiftes war und so lange auch die Vogtei des Augustinerstiftes in der Hand behielt, sollte sich dieser Schritt als ein Mißgriff erweisen.
Ähnlich wie das Stift Klosterrath fügte sich auch Springiersbach nicht in den „ordo antiquus“, die Lebensform der Chorherrenreform des 11. Jahrhunderts ein, sondern wünschte eine strengere Lebensform. Die sich anbietende, angeblich vom Kirchenvater Augustinus stammende Regel lag in zwei Versionen vor. Der „ordo monasterii“ war textlich knapper, dafür im Anspruch strenger, da er von allen Konventualen tägliche Handarbeit, strenges Silentium und Abstinenz verlangte; allerdings schrieb er eine Einteilung des Chordienstes vor, die ungewöhnlich war. Das „praeceptum“ hingegen, die andere Version, ließ sich mühelos mit den Idealen einer Chorherrengemeinschaft im Sinne der „vita apostolica“ (so zu leben wie die Urgemeinde zur Zeit der Apostel) vereinbaren. Seit wann Benignas Sohn Richard der erste Propst und später Abt von Springiersbach war, ist unbekannt. Er jedenfalls neigte dem „ordo monasterii“ zu, weswegen er auf Widerspruch im eigenen Konvent stieß. Eine Anfrage beim Papst Gelasius II. führte 1118 nicht zu einer grundsätzlichen Ablehnung des „ordo monasterii“, der Papst riet aber zur Mäßigung und lehnte die Einteilung des Offiziums rundweg ab, weil sie nicht dem Brauch der römischen und anderer Kirchen entspreche. Das Problem war keineswegs auf Springiersbach beschränkt, da auch Norbert von Xanten für seine Prämonstratenser den „ordo monasterii“ vorschrieb. Diese propagierten den „ordo novus“, dem auch Springiersbach folgte und damit angesichts zunehmender Bereitschaft zur strengen Askese an Attraktivität gewann.
Die Entwicklung des Reformstifts bis Mitte des 12. Jahrhunderts Das Ansehen als Reformstift förderte den Zulauf von Eintrittswilligen, der eine ganze Reihe von Tochtergründungen ermöglichte. Ob das Mönchskloster Orval im äußersten Westen des Trierer Bistums von Springiersbacher Kanonikern schon kurz nach 1108 in ein Chorherrenstift umgewandelt wurde, ist sehr unwahrscheinlich. 1119 jedoch schickte Springiersbach seinen Konventualen Bertolf nach Frankenthal, den die dortigen Kanoniker zu ihrem Vorsteher wählten, ihn aber wegen zu großer Rigorosität 1123 zur Resignation veranlaßten, so dass Bertold noch 1123 einem Ruf an die Spitze des Stiftes Klosterrath folgen konnte. 1121 wechselten Springiersbacher Kanoniker mit Unterstützung des Grafen von Are nach Steinfeld zwecks Wiederbegründung des dortigen Chorherrenstiftes über. Springiersbach scheint 1129 das vom Reichsministerialen Werner von Bolanden gegründete Stift Bolanden besiedelt zu haben, das ähnlich wie Steinfeld sich in den siebziger Jahren des 12. Jahrhunderts dem Prämonstratenserorden anschloß. Ebenfalls dürfte die Umwandlung des Frauenkonvents in Pfaffenschwabenheim bei Kreuznach in ein Chorherrenstift (1124) mit Beteiligung Springiersbachs geschehen sein. 1127/28 besiedelten Kanonissen von Springiersbach das neue Tochterstift St. Thomas vor den Mauern von Andernach; dennoch bestand Anlaß für den Trierer Erzbischof Meginher, 1129 den Springiersbacher Kanonissenkonvent auf maximal 100 Mitglieder zu beschränken. Das Stift Wadgassen wurde 1135 von der Witwe des Saarbrücker Grafen Friedrich als Hauskloster mit Totenmemoria gegründet. Bevor es dem Prämonstratenserorden angeschlossen wurde, scheint es von Springiersbach beeinflußt worden zu sein, ohne dass es zu einer rechtlichen Abhängigkeit gekommen wäre. 1137 folgte die Gründung eines Chorfrauenstiftes in Stuben bei Bremm an der Mosel durch Abt Richard von Springiersbach, veranlaßt vermutlich durch einen Ministerialen, der für seine Tochter Gisela, die in Gemeinschaft mit frommen Frauen nach der Augustinusregel leben wollte, ein Haus geschenkt hatte. Vor 1120 entstand in Lonnig bei Kobern eine „cella“, die 1119/23 Springiersbach unterstellt wurde. Das Stift Martental bei Kaisersesch wird erst 1141/45 erwähnt; bekannt ist nur, dass die dortigen Kanoniker von Springiersbach abhängig waren. 1142 schenkte der Trierer Erzbischof Albero eine Kirche auf dem Petersberg im Zeller Hamm mit dem Wunsch, dort eine „Canonica“ für seine Totenmemoria einzurichten; besiedelt wurde sie mit Kanonissen. Albero schloß 1148 auch das heruntergekommene Kloster St. Irminen in Trier der Springiersbacher Observanz an. 1151 stellte ein Ministeriale Besitz in Merzig zur Verfügung, den Albero von Trier zwecks Gründung eines Stiftes Springiersbach zuwies.
Mit dem Tod des rheinischen Pfalzgrafen Gottfried von Calw im Jahre 1130 traten neue Umstände ein, die für Springiersbach relevant werden sollten. Der bisherige Mitpfalzgraf Wilhelm von Ballenstedt sträubte sich 1131 gegen die Bischofswahl Alberos von Montreuil, der schon als Metzer Archidiakon für seine Durchsetzungsfähigkeit und Reformfreudigkeit bekannt war. Den neuen Trierer Metropoliten fürchteten auch die pfalzgräflichen Ministerialen, weil dieser ihre bisherige faktische Beherrschung des erzbischöflichen Haushaltes zu beenden drohte. Es ergab sich eine Interessengleichheit der pfalzgräflichen mit den erzbischöflichen Ministerialen. Da der Pfalzgraf Vogt des Erzstiftes und gleichzeitig Vogt von Springiersbach war, drohte dem Chorherrenstift die Gefahr, in einen Gegensatz zum Erzbischof manövriert zu werden. Es lag im Zuge der Zeit, um der Dauerhaftigkeit der Reform willen die Tochtergründungen in eine Kongregation einzubinden. 1139 gewährte Papst Innozenz II. dem Abt von Springiersbach ein Privileg, das die Einrichtung eines jährlichen Generalkapitels von Äbten vorsah, die den Springiersbacher Ordo befolgen würden: Der Springiersbacher Abt sei zur Visitation der Tochterabteien verpflichtet, umgekehrt deren Vorsteher zur Visitation der Mutterabtei. Der Springiersbacher Abt wohne der Abtwahl in den Tochterstiften bei, die Frauenkonvente unterstünden für immer der Springiersbacher Aufsicht. Springiersbach selbst befinde sich im Schutz des Papstes und des Trierer Erzbischofs. Unübersehbar war die Verbandsbildung für den Pfalzgrafen von Vorteil, denn er hatte schon 1136 Springiersbach zu seiner künftigen Grabstätte bestimmt und das Stift mit umfangreichem Besitz in den Fiskalbezirken Kröv und Klotten beschenkt. Offenkundig betrachtete der Pfalzgraf das Stift als sein Hauskloster. Die Verbandsbildung bot ihm ein Netz von Stützpunkten, die Springiersbach angebunden und zugleich über die weite Fläche des Trierer Erzbistums verstreut waren. Infolgedessen war der Pfalzgraf in der Lage, die Verbandsbildung gegen die Interessen des Trierer Erzstiftes territorialpolitisch zu nutzen.
Erzbischof Albero von Trier reagierte ziemlich schnell, indem er 1142 den Abt Richard nötigte, das Stift Lonnig der Trierer Kirche zu tradieren, dem Diözesanbischof die Aufsicht über die dortige Abtwahl zu übertragen und ihm an Stelle eines Vogtes die „tutela“ über Lonnig zu überlassen. 1143 verlegte Albero den weiblichen Konvent von Lonnig nach Schönstatt und unterstellte dieses Stift der Aufsicht des Abtes von Lonnig. Auf diese Weise standen die Äbte von Springiersbach und Lonnig gleichberechtigt nebeneinander. Abt Richard erbat sich 1145 von König Konrad III. eine Bestätigung, um mit Hilfe dieses Umwegs wenigstens die Abhängigkeit des Stiftes Martental von Springiersbach zu retten. Das Papstprivileg Eugens III. von 1145 bestätigte Springiersbach alle Rechte, schwieg sich aber über die Kongregation aus, so als ob sie nicht mehr diskutabel wäre.
Die weitere Entwicklung bis um 1200 In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erlahmte der Reformschwung; Springiersbach geriet in eine tiefe Krise. Die seinen Stiften angedichtete Ablehnung einer Beteiligung an der Seelsorge hatte damit nichts zu tun. Im Gegenteil, es könnte umgekehrt gewesen sein; die „Consuetudines“ von Springiersbach jedenfalls berücksichtigten eine Seelsorgetätigkeit der Kanoniker. Der Trierer Erzbischof Arnold I. beklagte die gravierende Disziplinlosigkeit der Springiersbacher Kanoniker, hob 1182 mit dieser Begründung den Konvent von Merzig auf und übertrug dessen Besitz den Prämonstratensern von Wadgassen. Mit ähnlicher Begründung hob um 1190 Erzbischof Johannes I. die seit 1148 bestehende Unterstellung des Trierer Frauenklosters St. Irminen unter Springiersbach auf. Es waren Tendenzen säkularstiftischen Charakters, mit denen sich der reformwillige Abt Absalon seit 1190/93 auseinanderzusetzen hatte, aber mangels Verband einige Stifte, wie Martental, Andernach und Pedernach, nicht erreichte. Der Kampf um den Sinn der Institution, deren Kennzeichen die persönliche Armut war, dauerte bis in das 18. Jahrhundert.
(Odilo Engels, 2006)
Literatur
Engels, Odilo (2006)
Klöster und Stifte von der Merowingerzeit bis um 1200. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.2.) S. 78-80, Bonn.
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