Die Kaiserstraße in Brühl verdankt ihren Namen Kaiser Wilhelm I. Sie wurde eigens für ihn und seine Frau Augusta angelegt, damit das Kaiserpaar von seiner Residenz im Schloss Augustusburg bequem den Kierberger Bahnhof erreichen konnte. Von hier aus fuhren die Majestäten mit dem Zug zu den im Herbst stattfindenden militärischen Manövern in die Eifel.
Zum Zeitpunkt der Eröffnung der Eifelstrecke im Jahr 1875 war der Bahnhof noch nicht über eine ausgebaute Zufahrt, sondern lediglich über einen Fußweg erreichbar. Die Gemeinde Kierberg weigerte sich für die Anlage einer Straße aufzukommen, da dies „nicht im Interesse der Gemeinde liege“. Als der Kaiser seinen Besuch ankündigte plante daher der Brühler Gartenbaumeister Stephan Schäfer im Auftrag der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft eine Direktverbindung zwischen dem Bahnhof und der Stadt Brühl.
Der neue „Kierberger Weg“ wurde pünktlich im Spätsommer 1877 fertig. Es handelte sich um eine 19 Meter breite gepflasterte Straße, die beidseitig von einer Doppelreihe Kastanienbäumen gesäumt wurde. Zwischen diesen befand sich jeweils ein Fußweg. Nachdem der Kaiser und sein Gefolge die Allee mehrfach benutzt hatten, wurde die Straße von den Brühlern in „Kaiserstraße“ umbenannt.
Wenn das Kaiserpaar in Brühl residierte und die breite Allee entlangfuhr, war die Begeisterung der Bevölkerung groß:
„1877 war auf dem Kaiserweg ein wirklich großartiges Schauspiel wahrzunehmen. Bei einer der Morgenausfahrten der Majestäten nach Kierberg hatten sich Tausende und abermals Tausende von Zuschauern auf der Kaiserstraße eingefunden, weil alle das Herrscherpaar sehen wollten. Tausende von Schülern und Schülerinnen des Landkreises Köln, mit Fähnlein versehen, waren unter Aufsicht des Lehrpersonals am Wege aufgestellt. Es war vormittags zwischen 9 und 10 Uhr. Alles harrte auf die hohen Herrschaften. Endlich ertönte ein Böllerschuß und noch einer zum Zeichen, dass der Kaiser und die Kaiserin das Schloß verließen. Die Majestäten erschienen und der Jubel derer, die sich auf dem Wege versammelt hatten, wollte kein Ende nehmen. Das weithin schallende Hurrah und das Singen der Nationalhymne verkündeten auch den letzten der Harrenden schon das Nahen der Erwarteten. Wie flogen die Blumensträuße, besonders die der Cyanen in die Kaiserlichen Wagen! Wie hielten die Herrschaften die Hände vor das Gesicht, um die Würfe abzuhalten! Wie mussten sie sich bücken! Die Freude und der Jubel der Zuschauer war unendlich groß.“ (Bericht von Otto Dominik, 1880 / Quelle: Hansmann, Wilfried (1971): Der Bahnhof Kierberg, ein technisches Kulturdenkmal.)
In den nachfolgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Auffahrtsallee zum Bahnhof Kierberg zu einer bevorzugten Wohnstraße. Vorwiegend Geschäftsleute, Industrielle und hohe Verwaltungsbeamte errichteten entlang der Straße ihre repräsentativen Villen. Heute stehen in der Kaiserstraße weit mehr als 40 Häuser unter Denkmalschutz.
Die Unterhaltung der Kaiserstraße und ihr weiterer Ausbau waren lange Zeit ein Streitpunkt zwischen der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft und den Gemeinden Kierberg und Brühl. Nach Ansicht der Gemeinden war der Eisenbahnfiskus für die Unterhaltung der Straße zuständig, da sich die Straße auch in dessen Eigentum befand. Die Eisenbahnverwaltung hielt dagegen die Unterhaltung für eine Aufgabe der Gemeinden. Erst nach einer gerichtlichen Klärung ging 1897 das Eigentum und die Unterhaltung der Kaiserstraße auf die Gemeinden über.
(Anne Stollenwerk, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2014, mit freundlicher Unterstützung der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat und Kulturpflege)
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