Der Brungerst ist mit seinen 353 Meter über NN die höchste Erhebung Lindlars und liegt nördlich des Ortskerns. Im südlichen Bereich sind heute noch drei Steinbrüche in Betrieb, im nördlichen Gebiet finden sich zahlreiche Relikte der historischen Steinhauertätigkeiten. Der Brungerst bot mit seinen fast horizontal verlaufenden Gesteinsschichten optimale Voraussetzungen für den obertägigen Steinabbau von Lindlarer Sandstein (Grauwacke) sowie in geringerem Umfang Kalkstein aus den Einschlüssen zwischen den Sandsteinschichten.
Der Steinabbau wurde 1633 erstmalig im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Kirche erwähnt: Das Material sollte „in dem Busch“ gehauen und zugerichtet werden. Ab Ende des 17. Jahrhunderts finden sich vermehrt Informationen über Wanderarbeiter und die Steinhauertätigkeiten in Lindlar. Im Jahr 1706 wurde die Steinhauergilde am Patronatsfest des heiligen Reinoldus gegründet (Reinoldusfest). Dies sieht Emrich (2009) als Hinweis dafür an, dass der Abbau zu dieser Zeit bereits größeren gewerblichen Umfang angenommen hatte. Im 19. Jahrhundert waren die Steinbrucharbeiten in Lindlar von überregionaler Bedeutung, aber Schwankungen unterworfen. Die Bedingungen waren hart, viele Arbeiter starben früh. Lindlar galt als „Dorf der Witwen und Waisen“. Die Entwicklung des Gewerbes wurde durch Straßennetzausbau ab 1850 vorangetrieben: In einer Aufstellung aus dem Jahr 1872 sind für Lindlar 40 Steinbrüche vermerkt. Ab Ende des 19. Jahrhunderts gewann die Pflastersteinherstellung zunehmend an Bedeutung. Durch den Bau der Eisenbahnlinie in Engelskirchen verstärkte sich aber auch die Konkurrenz aus dem Nachbarort. Dort wurde vermehrt im „Felsenthal“ Stein abgebaut.
Ab 1912 besaß auch Lindlar eine Eisenbahnlinie durch das Sülztal bis nach Köln-Mülheim, so dass die Steine nicht mehr mühsam nach Engelskirchen transportiert werden mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Lindlar über 40.000 Grabkreuze für Kriegsgräber und Gedenkstätten für das In- und Ausland gefertigt. Bis in die 1950er waren noch neun unterschiedlich großer Betriebe am Brungerst in Betrieb. 1966 wurde nach dem Personen- auch der Güterverkehr der Sülztalbahn eingestellt. Heute bestehen noch drei moderne Steinbrüche der Firmen Otto Schiffarth Steinbruch GmbH & Co. KG, Heinrich Quirrenbach Naturstein Produktions- und Vertriebs GmbH und Bergische Grauwacke Steinbruchbetrieb GmbH (BGS) am Brungerst in Lindlar (Emrich, 2009).
Der Begriff Eremitage für eine Hofstelle östlich des heutigen Abbaubereichs der Firma Quirrenbach geht auf eine Einsiedelei „Eremitage“ zurück, die dort seit dem Jahr 1716 bestand (Müller 1976, S. 18). Die St. Reinoldus-Steinhauer-Gilde besteht noch heute. Die Mitglieder feiern jährlich am 7. Januar das Reinoldusfest und besitzen eine eigene Theatergruppe (Blumberg, 2005). Die Relikte der historischen Steinhauertätigkeiten sind durch den Steinhauerpfad als Wanderweg miteinander verbunden.
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