Vom Lerbacher Weg aus zeigt sich die Eingangssituation von Schloss Lerbach als von hoher Hecke umgebender Vorbau, einem quadratischen Backsteinbau mit Sprossenfenstern.
Haus Lerbach, erbaut im englischen Landhausstil und insofern folgerichtig von einem weitläufigen Landschaftspark umgeben, war nicht das erste Gebäude an diesem Ort, gelegen zwischen den beiden Bergisch Gladbacher Stadtteilen Heidkamp und Sand. Schon 1259 wird Lerbach als befestigter Hof urkundlich erwähnt, um 1384 ist dann ein Rittergut mit Burg dokumentiert, eine Wasserburg, die als Vorläufer des Landhauses bis ca. 1900 existierte. Sie war, zusammen mit den umgebenden Ländereien, 1893 in den Besitz des Papierfabrikanten Richard Zanders gelangt, der sie von Graf Levin von Wolff-Metternich erwarb. Allerdings scheint das Gebäude so marode gewesen zu sein, dass man sich zu Abriss und Neubau entschloss. Richard Zanders war im übrigen zusammen mit seiner Mutter Maria am Wiederaufbau des Altenberger Doms beteiligt und ließ für die Arbeiter in seiner Papierfabrik die Gartensiedlung Gronauer Wald errichten.
Erbaut wurde Haus Lerbach nach Plänen des Architekten Gabriel von Seidl, die Bauausführung oblag dem im Architektenbüro von Seidl tätigen Ludwig Bopp. Dieser gilt als einer der führenden Architekten des Historismus, was z.B. auch das von ihm entworfene Bergisch Gladbacher Rathaus zeigt. Ansonsten war er auch konzeptionell für die oben genannte Gronauer Waldsiedlung zuständig. Mit der Fertigstellung wurde das Haus zum Wohnsitz des Ehepaars Zanders, das kinderlos blieb, da Richard Zanders schon 1906 durch einen Unfall mit seiner Jagdwaffe verstarb. Anna Zanders lebte noch bis 1939 in Lerbach. Nach ihrem Tod gingen Haus und Park durch Vererbung an ihren Neffen Herrmann von Siemens in den der Besitz dieser Familie über.
Die weitere Nutzungsfolge ist nicht untypisch für die damalige Zeit. Im Haus wurde zunächst auf Betreiben der Frau des Erben ein Säuglingsheim als Dependance des Waisenhauses in Köln-Sülz eingerichtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es - ähnlich wie Schloss Bensberg - von den Belgischen Streitkräften konfisziert. Diese Episode ist hier kürzer als in Bensberg, denn schon 1961 übernimmt das Gustav-Stresemann-Institut das Gebäude als Verwaltungsbau und Tagungsort unter dem Namen Europäische Akademie Lerbach. 1987 zieht das Institut in ein größeres Gebäude nach Bonn. Wer in dieser Zeit die Serie „Forstinspektor Buchholz“ im damaligen „Westdeutschen Werbefernsehen (WWF)“ verfolgte, der- oder demjenigen wird Haus Lerbach bekannt vorkommen, wurde es doch unter anderem als Filmkulisse benutzt.
Ab 1992 ist das Haus über die örtlichen Grenzen vor allen Menschen bekannt, denen es auf eine feine und ausgefallen Küche ankommt. Mit der Eröffnung des Schlosshotels Lerbach nach umfangreichen Sanierungsarbeiten ist hier auch die Heimat des Gourmet-Kochs Dieter Müller, der 2008 von Nils Henkel abgelöst wird. Zwischenzeitlich mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet, hat das heutige Restaurant immerhin auch noch zwei Sterne. Genau wie Schloss Bensberg wird das Hotel betrieben von der Althoff Hotel & Gourmet Collection. Wie zu Zeiten von Anna Zanders ist Haus Lerbach auch heute wieder ein Mittelpunkt des Kulturlebens in Bergisch Gladbach mit Konzerten, Festen und einem großen Weihnachtsmarkt im Dezember. Teile der Räumlichkeiten stehen aber auch für die Bürgerinnen und Bürger zu Verfügung, um in luxuriösem Ambiente private Feiern auszurichten.
Das Haus im Neorennaissance-Stil mit seinem in vier Flügel gegliederten Haupthaus fügt sich trotz der Anlehnung an englische Herrenhäuser gut in die bergische Umgebung ein. Weiße Fenster und grüne Schlagladen erinnern an den sogenannten Bergischen Dreiklang. Der dazu das Schwarz beitragende Schiefer findet sich auf dem das Gebäude überragenden quadratischen Turm und dessen geschwungenen, von Balkonen umgebenen Haubendach. An diesen wiederum schließt sich großzügige Gesindegebäude an, deren erster Stock in Fachwerk erbaut ist. Im weitläufigen Landschaftspark ist der namengebende Lerbach, ein Quellbach der Strunde, zu einem großen Teich aufgestaut. Zum Lerbacher Weg hin finden sich Vorbauten, die eine Eingangssituation schaffen.
Im Park ist auch ein kleiner Steinbruch zu finden, der einen Einblick in die Erdgeschichte gestattet. Aufgeschlossen sind hier gefaltete Gesteinsschichten, die Hombacher Schichten genannt werden. Ihren Namen haben sie nach dem Hombachtal zwischen Herkenrath und Herrenstrunden, wo diese Gesteine besonders gut zugänglich und beobachtbar sind. Fossilien aus der Zeit von vor ungefähr 380 Millionen Jahren lassen die Herzen der Menschen höherschlagen, die sich beruflich oder in ihrer Freizeit mit der Erdgeschichte auseinander setzen.
Haus Lerbach steht unter Denkmalschutz und wurde unter Nr. 78 in die Liste der Baudenkmäler der Stadt Bergisch Gladbach eingetragen.
Neues zur Geschichte von Haus Lerbach. In: Heimat zwischen Sülz und Dhünn - Geschichte und Volkskunde in Bergisch Gladbach und Umgebung, Heft 1, S. 14-15. Bergisch Gladbach.
Als Lerbach noch im urzeitlichen Devon-Meer lag. Ein kleiner Steinbruch im Schloß-Park macht 380 Millionen Jahre sichtbar. In: Rheinisch Bergischer Kalender 2000, S. 53-58. Bergisch Gladbach.
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