Eichendorff-Gymnasium Koblenz

ehemaliges Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Koblenz
Kreis(e): Koblenz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 21′ 19,03″ N: 7° 35′ 43,52″ O 50,35529°N: 7,59542°O
Koordinate UTM 32.400.083,56 m: 5.579.077,48 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.400.118,70 m: 5.580.869,41 m
  • Eingangsbereich des Eichendorff-Gymnasiums in Koblenz (2014)

    Eingangsbereich des Eichendorff-Gymnasiums in Koblenz (2014)

    Copyright-Hinweis:
    Knieps, Elmar / Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V.
    Fotograf/Urheber:
    Knieps, Elmar
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  • Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (2014)

    Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (2014)

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Preußen modernisierte im 19. Jahrhundert das Bildungssystem in seinem Hoheitsgebiet. Zahlreiche Bildungseinrichtungen entstanden aufgrund der hohen Wertschätzung der Bildung daher auch im Rheinland. Das Eichendorff-Gymnasium, ehemals Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium, ist hierfür ein passendes Beispiel.

Das Bildungswesen in Deutschland vor 1794
Die Schule als Institution gibt es in Mitteleuropa seit dem ausgehenden Mittelalter. Bedeutung gewann sie zur Zeit der Reformation. Träger war in der Regel die Kirche, denn mit der Umwandlung des christlichen Glaubens in Lehrsätze, Dogmen und Katechismen – zur Unterscheidung von jeweils anderen Konfessionen – brauchten die Kirchen die Schule, um über ihren Gottesdienst hinaus wichtige Glaubensinhalte zu vermitteln (Wittmütz, 2007). In einigen deutschen Staaten existiert die Schulpflicht bereits seit dem 16. Jahrhundert. 1524 forderte Martin Luther in einer an alle Ratsherren deutscher Städte gerichteten Schrift die Einrichtung christlicher Schulen in allen Landesteilen. Daraufhin erließ das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken in seinem Herrschaftsbereich die weltweit erste Schulpflicht. Doch lediglich ein geringer Anteil der Heranwachsenden hatte die Möglichkeit, auch tatsächlich eine Schule zu besuchen. Zudem beschränkte sich die Wirkung von Luthers Forderung eher auf die protestantischen Landesteile, weniger auf das katholische Rheinland. Das Schulgeld konnten sich viele Familien nicht leisten, außerdem mussten die Kinder in einer agrarisch geprägten Gesellschaft bei der täglichen Arbeit auf dem Feld mithelfen. Der Anteil der Analphabeten an der Gesamtbevölkerung war hoch, die Kunst des Lesens und des Schreibens blieb zum großen Teil den Geistlichen und den Adeligen vorbehalten.

Das Bildungswesen unter den Franzosen
Die linksrheinischen Gebiete waren von 1794 bis 1814 zwanzig Jahre lang unter französischer Herrschaft, so auch Koblenz, das 1794 von der Revolutionsarmee eingenommen wurde und 1798 Hauptstadt des französischen Rhein-Mosel-Departements wurde. Die Kultur- und Schulpolitik der Franzosen war zunächst destruktiv, erst ab 1798 erfolgte eine systematische Bildungs- und Kulturpolitik (rheinische-geschichte.lvr.de, 2014). Die Franzosen verfolgten hiermit auch die Absicht, die hinzu gewonnenen Provinzen an ihre neue Zugehörigkeit zu gewöhnen. Französisch wurde Amtssprache, also wurde in der Schule die französische Sprache gelehrt. Die Ideale der französischen Revolution wie Freiheit, Gleichheit und die Trennung von Staat und Kirche wurden in der Schule propagiert. Doch die Umsetzung gestaltete sich schwierig, es fehlte vor allen Dingen an geeigneten Lehrkräften. In Deutschland bestand die Lehrerschaft aus unzureichend oder gar nicht ausgebildeten Männern (und manchmal auch aus unverheirateten Frauen), die aufgrund des geringen Lohns einer weiteren Tätigkeit nachgehen mussten. Ihr Ansehen in der Bevölkerung war schlecht. Zwar wurde in Koblenz zu der Zeit von den Franzosen eine Ausbildungsstelle für Lehrer eingerichtet, doch nahm die Stadt damit eine Sonderstellung ein, eine solche Einrichtung war in den restlichen linksrheinischen Departements nicht üblich.

Das Schulwesen unter den Preußen
In Preußen existierte die Schulpflicht seit 1717. Diese galt allerdings nur für Teile Preußens und auch nur dort, wo tatsächlich eine Schule vor Ort existierte, was längst nicht überall der Fall war. Die Stellung der Schule stieg nach der militärischen Niederlage gegen Frankreich 1806, als sich der Staat Preußen in einem desolaten Zustand befand und erkannt wurde, dass das ständische System mit seinen starren Strukturen und der feudalen Prägung aufgebrochen werden musste, wenn der Wohlstand der Bevölkerung und damit auch der des Staates wachsen sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt war Preußen ein armes Land, seit Jahrhunderten kaum verändert und geprägt vom Kleinbauerntum. Eine Änderung sollte erreicht werden, indem die Untertanen zu (aus)gebildeten Arbeitern wurden, die ihren Wohlstand durch eigene Anstrengung vermehren konnten. In dieser Zeit fand also ein Umdenken statt, dass durch Wilhelm von Humboldts Idee der „harmonischen Menschenbildung“ Einzug in die preußische Politik hielt. Humboldt begriff Bildung als Voraussetzung zur Ausschöpfung des Potenzials eines Individuums und teilte das Schulwesen in die drei Stufen Elementarunterricht, Schulunterricht und Universitätsunterricht ein. Herkunft oder Stand sollten keine Rolle mehr spielen. Die Preußen wollten ihren Staat modernisieren. Für eine effiziente Verwaltung brauchten sie qualifizierte Beamte, für ein schlagkräftiges Heer ausgebildete Offiziere. Argrarökonomen sollten die Landwirtschaftliche Produktion erhöhen (Fest, 2001).
Als das Rheinland auf dem 1815 Wiener Kongress preußisch wurde und somit die Franzosenzeit in Koblenz endete, profitierte das Bildungswesen von dieser neuen Sichtweise. Doch waren zunächst zahlreiche Probleme zu lösen. Offiziell war das Schulwesen zwar Sache des Staates, doch in der Realität bestimmten weiterhin kirchliche Amtsträger vor Ort die Geschicke der jeweiligen Bildungseinrichtung (Wittmütz, 2007). Ebenso hatte sich an der Ausbildung und der Stellung des Lehrerberufes (und somit auch an der Vergütung) seit der frühen Neuzeit wenig geändert. Lehrmaterialien oder geeignete Räumlichkeiten fehlten vielerorts, die Klassen wurden teilweise von über 80 Schülern besucht. Die regionalen Unterschiede waren enorm. Zudem galt die Schulpflicht ja noch nicht für das gesamte preußische Territorium. Zusammengefasst lässt sich also aussagen, dass die angestrebten Veränderungen bedingt durch die jahrhundertelange Geringschätzung der Schule nur langsam umgesetzt werden konnten.
Doch mit der Zeit setzte auch der Erfolg der preußischen Schulreform ein: Um 1800 lag die Schulbesuchsquote bei circa 50 Prozent, 1816 bei circa 60 Prozent. Eine Kabinettsordre von König Friedrich Wilhelm III. führte 1825 die allgemeine Schulpflicht für ganz Preußen, somit auch für das Rheinland, ein. Volks-, Oberreal- und Gewerbeschulen sowie Gymnasien wurden vielerorts gegründet, damit jedem Heranwachsendem die Möglichkeit gegeben war, eine Schule zu besuchen. In die Lehrerausbildung wurde massiv investiert. 1846 stieg die Quote der Kinder, die in einer Schule unterrichtet wurden, auf etwa 86 Prozent. Bei Musterungen in England und Frankreich zu der Zeit konnte die Hälfte der Rekruten nicht lesen und schreiben, in Preußen sank der Anteil der Analphabeten auf unter 15 Prozent. Als Reichskanzler Bismarck im Jahre 1871 den so genannten „Kulturkampf“ gegen die katholische Kirche begann und damit katholischen Geistlichen auch per Gesetz die Einmischung in staatliche Angelegenheiten untersagte, sank deren Einfluss auf das Schulwesen deutlich. Als Folge wurden vermehrt Hauptamtliche Schulinspektoren eingestellt. Das Schulgeld wurde im Jahre 1888 abgeschafft, so dass gegen Ende des Jahrzehnts die Quote der Schulbesucher bei nahezu 100 Prozent lag (Kuhlemann, 1992). Neben Schulen, wurden auch Universitäten gegründet und intensiv gefördert.
Den Einfluss der Aufwertung des Bildungswesens auf die Entwicklung Preußens und später des Deutschen Reiches exakt zu bemessen, ist äußerst schwierig. Zum Aufschwung, der sich nach dem Sieg über Frankreich erstmals sehr deutlich in der Gründerzeit ab 1871 zeigte, hat das Schulwesen aber sicherlich seinen Teil beigetragen. Und auch militärrische Erfolge werden zum Teil der guten Ausbildung der Offiziere zugeschrieben. Zur Zeit des Jahrhundertwechsels besaß das Deutsche Reich im Bereich der Wissenschaften eine Vormachtstellung. Eine Ära, in der Forscher wie der Mediziner Robert Koch, der Pathologe Rudolf Virchow oder der Geschäftsmann Ernst Abbe und der Mechaniker Carl Zeiss tausende Patente anmeldeten und bis 1918 fünfzehn Nobelpreise erhielten.

Das Schulwesen und die Revolution von 1848
Nach politischer Freiheit, Gleichberechtigung und der Vereinigung Deutschlands strebten die Bürger des Deutschen Bundes, beeinflusst durch die Nachwehen der Französischen Revolution, in der so genannten Märzrevolution von 1848. Folge war die Frankfurter Nationalversammlung in der Pauluskirche, aus der das erste frei gewählte Parlament Deutschlands entstanden ist. Dennoch scheiterte die Revolution. Interessant ist die Frage, inwieweit die Reformation des Bildungswesens einen Einfluss auf die Revolution von 1848 genommen hat. So machte König Friedrich Wilhelm IV. im Februar 1849 vor einer Gruppe von Seminarleitern (also den Verantworlichen für die Lehrerausbildung) den liberalen Geist und die daraus resultierenden Unterrichtsinhalte der Lehrer hierfür direkt (mit)verantwortlich:

„Diese pfauenhaft aufgestutzte Scheinbildung habe Ich schon als Kronprinz aus innerster Seele gehaßt und als Regent Alles aufgeboten, um sie zu unterdrücken.“ Und er fuhr fort: „Ich werde auf dem betretenen Wege fortgehen, ohne Mich irren zu lassen; keine Macht der Erde soll Mich davon abwendig machen. Zunächst müssen die Seminarien sämmtlich aus den großen Städten nach kleinen Orten verlegt werden, um den unheilvollen Einflüssen eines verpesteten Zeitgeistes entzogen zu werden. Sodann muß das ganze Treiben in diesen Anstalten unter die strengste Aufsicht kommen. Nicht den Pöbel fürchte Ich, aber die unheilvollen Lehren einer modernen frivolen Weltweisheit vergiften und untergraben Mir Meine Bureaukratie [...].“ (zitiert nach Wittmütz, 2007)

Die Überzeugung, dass die Schule durch die Vermittlung von liberlalem Gedankengut mit Schuld an dem Ausbruch der Revolution von 1848 trug, war in konservativen Kreisen weit verbreitet. Andere Stimmen meinten hingegen, dass das strenge Wesen der preußischen Schule eher gehorsame Untertanen hervorbrachte (Wittmütz, 2007). Abschließend zu klären ist diese Frage auch aus heutiger Sicht nicht.

Das ehemalige Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium
In Koblenz gab es Mitte des 19. Jahrhunderts neben der Volksschule und dem Gymnasium nicht die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, die auf das spätere Berufsleben vorbereitete. Auf das drängen des örtlichen Gewerbevereines hin, sollte diese Lücke geschlossen werden.
Die Stadt Koblenz kooperierte mit dem Staat Preußen, was die Einrichtung einer Gewerbeschule erlaubte, die im Speziellen auf eine berufliche Tätigkeit im Bereich der Industrie vorbereiten sollte. Die „Königliche und Städtische Gewerbeschule zu Coblenz“ wurde 1855 im Krämerzunfthaus an der Kornpfortstraße/Danne gegründet. Zu Beginn wurden hier zwei Klassen unterrichtet. Durch die rasante wirtschaftliche Entwicklung war der Bedarf für eine Gewerbeschule ausreichend vorhanden, so dass zu Beginn der 1870er Jahre bereits sieben Klassen unterrichtet wurden. Das Platzangebot reichte hierfür nicht mehr aus, die Schule zog daher in das Alte Kaufhaus um. In den 1890er Jahren wurde die Schule in ein Realgymnasium umgewandelt. Im Alten Kaufhaus existierte die Schule bis zum Jahr 1907.
An ihrem heutigen Standort am Friedrich-Ebert-Ring (ehemals Kaiser-Wilhelm-Ring) befindet sich die Schule seit 1907. Passend zum Standort erfolgte die Umbennung in „Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium und Realschule“. Der Stellenwert der Schulen zu dieser Zeit zeigte sich auch an dem Gebäude, in das die Schule nun einzog. Es handelte sich um einen repräsentativen Neubau im klassizistischen Stil. Die Kosten für dessen Errichtung wurden allerdings von der Stadt Koblenz getragen, nicht vom Staat. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude bei Bombenangriffen im Jahre 1944 zerstört.
Der Wiederaufbau des Gebäudes erfolgte von 1950 bis 1957 im modernen Stil. Die Umbenennung in Eichendorff-Gymnasium fand im Jahre 1966 statt.

Das Eichendorff-Gymnasium heute
Im Eichendorff-Gymnasium werden heute circa 900 Schülerinnen und Schüler von etwa 65 Lehrkräften unterrichtet. Der besondere Schwerpunkt liegt auf dem Fach Musik, der musikalischen Ausrichtung folgt das Gymnasium seit dem Jahr 1985. Seit 2006 ist das Eichendorff-Gymnasium eine der Unesco-Projektschulen, wodurch sie direkt in die Arbeit der Unesco (durch Unterrichtsinhalte und außerschulische Aktivitäten) eingebunden wird.

(Christoph Boddenberg, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2014)

Internet
www.eichendorff-koblenz.de: Internetseite des Eichendorff-Gymnasiums in Koblenz (abgerufen: 17.09.2014)
rhein-zeitung.de: Der lange Kampf für bessere Schulen (abgerufen: 16.09.2014)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: 1794 bis 1815. Aufbruch in die Moderne. Die Franzosenzeit (abgerufen: 16.09.2014)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Vom Wiener Kongress zur Revolution von 1848/1849 (abgerufen: 19.09.2014)

Literatur

Fest, Nicolaus (2011)
Weltmacht in den Wissenschaften. In: Geo Epoche: Otto von Bismarck, S. 140 - 141. o. O.
Fleck, Andrea (2008)
Hochschulen und Höhere Schulen 1500-1814/15. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, XII.6.) Bonn.
Kuhlemann, Frank-Michael (1992)
Modernisierung und Disziplinierung. Sozialgeschichte des preußischen Volksschulwesens 1794-1872. Göttingen.
Wittmütz, Volkmar (2007)
Die preußische Elementarschule im 19. Jahrhundert. o. O. Online verfügbar: http://www.europa.clio-online.de/2007/Article=263, abgerufen am 16.09.2014

Eichendorff-Gymnasium Koblenz

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Friedrich-Ebert-Ring
Ort
56068 Koblenz
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Fernerkundung, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1907

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„Eichendorff-Gymnasium Koblenz”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-103329-20140916-2 (Abgerufen: 25. April 2024)
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