Die Fassade
Die pittoreske Staffelung der Bauteile ist das Ergebnis mehrfacher Umhauten bzw. Erweiterungen bis ins 16. Jahrhundert. Über dem doppelgeschossigen Kernbau in Ständerbauweise, datiert auf 1389/90, erhebt sich ein sehr steiles Dreigiebeldach mit Schieferdeckung. Im späteren 16. Jahrhundert (um 1568?) machte die Hinzufügung eines dreigeschossigen Vorderbaus mit polygonalem doppelstöckigem Eckerker unter Spitzhelm und üppigem Renaissancefachwerk, dominiert von Mannfiguren, geschweiften Steben und gotisierenden geschweiften Andreaskreuzen, die Front zum „Markt“ zur Hauptschauseite.
Das Erdgeschoss ist mittlerweile verputzt. Das erste Obergeschoss zeichnet sich durch eine reiche Durchfensterung aus. Auf der Ostseite ist das aufgetreppte Oberlichtportal und der rundbogige Kellerabgang mit geschnitzten zweiflügeligen barocken Türblättern verortet. Die Rankenmalerei der Ortgangbretter wurden rekonstruiert. Die Kelleranlage besteht aus einem flach gedeckten Raum mit Gewölbeansätzen auf den Längsseiten, drei hohen Rundbogennischen in der Ostwand und Brunnen wie einem weiteren mit nachträglicher Tonneowölbung aus Ziegeln. Das Dachwerk ist in Teilen ergänzt.
Erhaltene Ausstattung
Im Innern befindet sich von besonderem baugeschichtlichem Interesse eine verzierte Knagge an einem Unterzug im Erdgeschoss wie auch die Reste einer reich profilierten hölzernen Treppenspindel des 17. Jahrhunderts. Von der wandfesten Ausstattung vom Ende des 19. Jahrhunderts und der 1920er Jahre, auf die auch die derzeitige Raumaufteilung zurückgeht, ist besonders die schmuckvolle dreiviertelhohe Holzvertäfelung der vorderen Gaststube im Erdgeschoss beachtenswert. Auch die Trinkstube im ersten Obergeschoss (das sogenannte Holzstübchen) mit bemalter Balkendecke und den fest montierten Bänken oder die Wandmalereien (Loreleyzyklus) in der Erkerstube des zweiten Obergeschosses zählen zu den Besonderheiten des Gebäudes. Letztere wurden vermutlich von Nicolaus Dauber aus Marburg geschaffen. Die Kachelöfen, sie enthalten noch drei barocke gusseiserne Ofenplatten des 17./18. Jahrhunderts, wurden nachträglich eingebaut. Das „Alte Haus“ bildet den städtebaulichen Blickpunkt des „Marktes“. Als ein Sinnbild der Rheinromantik und viel beachtetes Vorbild für den historistischen Fachwerkbau ist es ein baugeschichtliches Zeugnis hohen Ranges.
Kulturdenkmal
Das Alte Haus in der Oberstraße 61 in Bacharach wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Mainz-Bingen geführt (Stand 2025). Der Eintrag lautet:
„Oberstraße 61
“Altes Haus„, Fachwerk-Kernbau 1389/90, dreigeschossiger Vorderbau, Renaissance-Fachwerk, 1568 (?)“.
(Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Mainz, 2025 unter Verwendung eines Auszugs der Denkmaltopografie der Bundesrepublik Deutschland - Kreis Mainz-Bingen, 2007)