Geschichte
An der Stelle der Kapelle stand zuvor ein herrschaftliches Haus. Dieses, in der zweiten Hälfte des 16. Jh. als „Inspektionshaus“' bezeichnet, wurde später wegen der vorübergehenden Niederlassung von Mönchen des Kapuzinerordens (1686-1705) bis zur Fertigstellung der Klosterkirche auf der Zollbastion als das ,,Alte Kloster„ bezeichnet. Zwischen 1758 und 1760 wurde der Neubau nach Rissen des kurpfälzischen Hofbaumeisters Franz Wilhelm Rabaliatti aus Mannheim erbaut. Der Auftrag wurde durch die Hofkammer gestellt. Es sollte eine Rektoratskapelle mit Lateinschule und Wohnung in spätbarocker Formensprache entstehen, die sich unauffällig in die Häuserabwicklung einbindet. Im 18. Jh. Wurde die Kapelle durch die Kapuziner versorgt. 1889-1959 fand hier die Niederlassung der Genossenschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi (“Dernbacher Schwestern„) mit Krankenpflegestation und “Kinderbewahrschule„ statt.
Gebäude
Die giebelständige Kapelle mit Krüppelwalm und schlankem polygonalem Zwiebeldachreiter flankieren die traufständig erscheinenden Schulhäuser. Die Putzbauten werden durch eine einheitlich gestaltete doppelgeschossige Straßenfront von drei mal drei Achsen, gegliedert durch genutete Lisenen, zusammengefasst. Die Fassade ist mit sandsteingerahmten Rechteck-, die Kapelle sonst mit Rundbogenfenstern ausgestattet. Deren aufgetrepptes, genischtes Korbbogenportal datiert am Schlussstein das Jahr 1758. Symmetrisch ordnen sich die beiden rundbogigen Abgänge zu den teils älteren gewölbten Kellern an. Das gebäude ist mit Schiefer gedeckt. Der zweiseitig geschlossene Saal im Innern ist über der Kehle flachgedeckt. Ostseitig befindet sich die ausschwingende Empore über toskanischen Säulen, an der Brüstung ist das kurpfälzische Wappen angebracht. Über dem Durchgang zum Haus Nr. 41 wird auf einer wiederaufgefundenen Bleitafel die Stifterinschrift Kurfürst Karl Theodors von 1759 (Chronogramm) angeführt. Zur barocken Ausstattung gehören: Ein zierlicher, bewegter Altaraufsatz mit zahlreichen Engeln; Figuren der Immaculata (spätes 17. Jh.) und des hl. Johann von Nepomuk; verschiedene Ölbilder an der Nordwand zeigen eine großformatige Kreuzigungsgruppe des kurpfälzischen Hofmalers Franz Anton von Leydensdorff am Hochaltar der kath. Pfarrkirche; am Eingang befindet sich Christus mit der Hostie. Figürliche Glasfenster (Kreuzigung u. a.) datiert auf das Jahr 1896. Die kleine, auf 1474 datierte Glocke stammt angeblich aus der Wernerkapelle und wurde 1758 erworben. Die Seitenflügel mit nachträglichen Zwerchhäusern jetzt durch jüngere Ladendurchbrüche entstellt, nur am rechten Schultrakt ist das stichbogige Oberlichtportal über der Freitreppe erhalten geblieben.
Der Innenausbau stammt im Wesentlichen aus dem 19. Jh. Rückwärtig befinden sich bescheidene Ökonomiebauten. Die stadthistorisch relevante Baugruppe bilden ein Zeugnis für die fortgeschrittene Rekatholisierung der Kurpfalz, vor allem wegen der gelungenen städtebaulichen Lösung sind sie bemerkenswert. Am Hangfuß des Schlossberges beim Hausteil Nr. 41 grenzt an den ehemaligen “Apostelhof„ (Nr. 43) als Überrest eines spätgotischen Profanbaus ein großräumiger, von einer Tonne überwölbter, in den Schieferfelsen eingetiefter Weinkeller, am bogenförmigen Eingang ist die Jahreszahl 1545 angebracht. Die Fassade ist oben mit einem Rundbogenfries auf kräftigen Konsolen und Fenster mit zeittypisch profilierter Sandsteinrahmung geschmückt. In der südlich anstoßenden Stützmauer befinden sich weitere Kragsteine, die auf die frühere Existenz anderer Gebäude schließen lassen. Für die Erschließung der mittelalterlichen Topographie der Stadt bedeutende Reminiszenz. Weitere, derzeit unzugängliche Kellerräume zeugen von einer älteren Zeitstellung im Hof bzw. am Chor der Kapelle.
Kulturdenkmal
Die Kapelle Sankt Josef in Bacharach wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Mainz-Bingen geführt (Stand 2025). Der Eintrag lautet:
“Oberstraße 39/41
kath. Kapelle St. Josef, spätbarocker Zeilenbau mit Lateinschule und Wohnung, bez. 1758, Arch. Franz
Wilhelm Rabaliatti, Mannheim; bei Nr. 41 spätgotischer Weinkeller, bez. 1545„.
(Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Mainz, 2025 unter Verwendung eines Auszugs der Denkmaltopografie der Bundesrepublik Deutschland - Kreis Mainz-Bingen, 2007)