Die Herkunft und die Jugend von Schwester Chrysantha
Schwester Crysanthas Weg ins Kloster
Wie wird man Ordensschwester?
Das Noviziat als Zeit der Vorbereitung und Erprobung
Aufgaben und Kenntnisse einer Ordensschwester
Die Herkunft und die Jugend von Schwester Chrysantha
Am 7. Oktober 1924 kam sie als drittes Kind der Bauersleute Jacob und Elisabetha Schultz in der Lehrgasse 15 in Herxheim auf die Welt. Sie wurde auf den Namen Elisabetha getauft und Liselotte bzw. Liesel gerufen. Nach drei Buben war sie die älteste der drei nachfolgenden Mädchen der Familie. Der Kinderreichtum der Familien in damaliger Zeit brachte auch immer die Frage mit sich, wohin mit den Kindern nach Schule und Ausbildung? Im katholischen Herxheim bestand in vielen Familien der Wunsch, einen der Söhne zum Priesterberuf zu motivieren und eines der Mädchen als Nonne in die Obhut eines Klosters zu geben. Liselottes Bruder Alois beispielsweise nahm nach dem Besuch des Gymnasiums das Studium der Theologie auf. Der zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahre dauernde Zweite Weltkrieg rief ihn jedoch vom Studienplatz zu den Waffen. Drei Wochen vor Kriegsende fiel er auf deutschem Boden. Liselottes Bruder Edwin starb Ende 1942 im Kessel von Stalingrad. Ihr ältester Bruder Oskar heiratete 1948 in ein Bauernhaus in der Luitpoldstraße, ihre Schwester Irene heiratete den Landwirt Hans Bullinger und ihre andere Schwester Helene den Landwirt Hans Rieder. Alle Kinder waren somit „unter“. Auch Liesel Schultz wäre als Haushälterin für ihren Bruder Alois „unter gewesen“, wenn dieser nach dem Theologiestudium den Weg zum Priester und Pfarrer genommen hätte und er nicht im Zweiten Weltkrieg zu Tode gekommen wäre. Ein Blick in ihr Tagebuch, das sie als 17-Jährige für einige Monate der Jahre 1941 und 1942 führte, zeigt, dass sie regelmäßig das Morgengebet, die Tischgebete und das Abendgebet verrichtete, dass sie fast täglich die hl. Messe besuchte und die hl. Kommunion empfing und darüber hinaus Vorsätze für das menschliche Miteinander festhielt. Man kann sie als frommes Mädchen bezeichnen.
Schwester Crysanthas Weg ins Kloster
Den Weg ins Kloster zu den Schwestern des hl. Paulus waren zahlreiche Herxheimer Frauen gegangen, insgesamt 24; darunter auch Schwester Maria Angelina Schultz, ihre Tante väterlicherseits sowie ihre Cousine Theresia Heider, die als Nonne in einem Speyerer Konvent beigetreten war. Dies wirkte werbend auch auf andere junge Frauen, die diesen Weg ebenfalls nahmen. Einen ersten direkten Kontakt zu den Paulusschwestern hatte Liselotte Schultz, als sie bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges in der Küche des Erholungshauses Liebfrauenberg oberhalb von Bergzabern beschäftigt war, einer Zweigstelle des Herxheimer Paulusstiftes.
Als sie mit 21 Jahren am 23. Juli 1946 ins Kloster der Schwestern vom hl. Paulus in Herxheim als Postulantin eintrat, brachte sie eine Ausbildung als Schneiderin mit. Am 2. Februar 1949 hatte sie die Zeit als Postulantin und Novizin hinter sich und legte die Zeitliche Profess ab. Zum gleichen Datum des Jahres 1952 legte sie die Ewige Profess ab. Ihr wurde dabei die Schwesterntracht überreicht und der klösterliche Name M(ater) Chrysantha gegeben. Schon davor war sie am 3. März 1949 an die bayerische Zweigstelle, das St. Paulusstiftes in Neuötting abgeordnet worden. Dort war - wie in Herxheim - die Betreuung und Förderung behinderter Menschen die karitative Aufgabe der Schwestern.
Dort erlitt Schwester Chrysantha durch einen Unfall eine Querschnittslähmung, der sie ins Klinikum in Karlsruhe zwang. Die Bemühungen der Ärzte waren vergeblich, sie verblieb für den Rest ihres kurzen Lebens auf der Krankenstation des St. Paulusstiftes, umsorgt von ihren Mitschwestern. Sie verstarb noch nicht 38 Jahre alt am 30. Juni 1962 und wurde zwei Tage später nach den Exequien hier auf dem Klosterfriedhof in Herxheim beigesetzt.
Wie wird man Ordensschwester?
Liselotte Schultz resp. Schwester M. Chrysantha war jenen Weg hin zur klösterlichen Gemeinschaft gegangen, den alle Mädchen bzw. junge Frauen gehen mussten, wenn sie sich für ein Leben im Kloster entschieden. Er soll hier für Interessierte etwas genauer aufgezeigt werden. Wer sich nach reiflicher Prüfung für ein Leben im Kloster und sich schließlich für einen bestimmten Orden bzw. Kongregation entschieden hat, der stellte einen mündlichen oder schriftlichen Aufnahmeantrag und begründete diesen; ein Prozedere, das auch heute noch so verläuft. Wird von der Ordensleitung dem Antrag nach einem persönlichen Gespräch stattgegeben, dann beginnt für die Antragstellerin das Postulat, eine Probezeit für die Eignung zum Ordensleben. Die Postulantin erhält Einblick in das Leben und Wirken der klösterlichen Gemeinschaft. In der Regel erfolgt der Einsatz in allen Bereichen, die das klösterliche Leben ausmachen und bestimmen, so auch die Bereiche der Ökonomie und im Falle der Schwestern vom hl. Paulus die Sorge und Betreuung der behinderten Menschen. In der Zeit des Postulats hat die Kloster- bzw. Ordensleitung Gelegenheit, sich über die Befähigung der Postulantin ein Urteil zu bilden. Die Aufnahme ins Noviziat geschieht in einer kleinen Feier innerhalb der Schwesterngemeinschaft, im Allgemeinen durch Überreichen des Ordenskleides an die Novizin und der Bekanntgabe des Schwesternnamens. Dieser wurde aus dem Kalender heiliger Frauen genommen und von der Klosteroberin festgelegt, natürlich in Abstimmung mit der künftigen Namensträgerin.
Das Noviziat als Zeit der Vorbereitung und Erprobung
Das Noviziat ist eine Zeit der Vorbereitung und Erprobung. Es dient der Einführung in den Geist des Ordenslebens - im Falle der Schwestern vom hl. Paulus nach der Regel des hl. Franz von Assisi - sowie die Lebensordnung und den apostolischen und karitativen Dienst der Kongregation. Die Einheit von religiösem Leben und Tätigkeit wird eingeübt, ein tieferes Verständnis der Heiligen Schrift vermittelt und die Novizin in das liturgische Leben eingeführt. Im Falle Herxheims stand den Novizinnen ein eigenständiger Bau zur Verfügung. Die Verantwortung für das tägliche Leben und die Ausbildung trug die Novizenmeisterin im Zusammenwirken mit dem Spiritual. Am Ende des in der Regel zweijährigen Noviziats erfolgt die Ablegung der Zeitlichen Gelübde (Zeitliche Profess). Als Zeichen der Zugehörigkeit zur Kongregation empfängt die Schwester bei der Ablegung der Zeitlichen Gelübde ein Kreuz am Halsband, ein Kreuz in Form des Tau, dem Zeichen des Franz von Assisi. Die zeitlichen Gelübde werden für den Zeitraum eines Jahres abgelegt, bis dann die Zulassung zur Ewigen Profess erfolgt. Diese Zeit wird in den meisten Orden bzw. Kongregationen Juniorat genannt und dient der weiteren Erprobung der Schwestern im Hinblick auf das Leben in der klösterlichen Gemeinschaft und den speziellen Aufgaben der Kongregation. In ihm wird die im Noviziat grundgelegte religiöse Ausbildung und Formung weitergeführt und vertieft. Das Juniorat endet mit der Ablegung der Ewigen Gelübde (Ewige Profess). Bei der Ablegung der ewigen Gelübde empfängt die Schwester den Professring. Er ist das Zeichen, dass das Leben der Schwester von der Einhaltung der Gelübde (Armut, Keuschheit und Gehorsam) geprägt sein wird.
Aufgaben und Kenntnisse einer Ordensschwester
Für die vielfältigen Aufgaben in einem Kloster werden die verschiedensten Fähigkeiten und beruflichen Erfahrungen benötigt. Diese bringen die Schwestern schon von Zuhause mit oder sie werden in einer schulischen und fachlichen Ausbildung erworben. Da das St. Paulusstift bis über die Mitte des letzten Jahrhunderts autark gedacht und aufgebaut war, bedurfte es beispielsweise Schwestern, welche den umfangreichen Bestand an Kühen, Schweinen und Hühnern versorgten, sich bei der Ausbringung von Saat und Pflanzen ebenso kundig zeigten, wie in der Einbringung der Ernte. Als Selbstversorger mussten die Schwestern alles, was für den Konvent und für die betreuten Menschen auf den Tisch kam, in Feld und Garten ausgebracht, gepflegt und geerntet werden. Gleiches galt für die Küche, die Bäckerei, die Wäscherei, die Näherei, die Schusterei u.v.m. Auch war die Ausbildung von Krankenschwestern notwendig sowie von pädagogisch geschulten Schwestern. In Betreff der behinderten Menschen galt es im Sinne des Gründers Friedrich Bussereau, diese nicht nur zu betreuen, sondern auch zu fördern. Es oblag der Hausoberin, dafür zu sorgen, dass alle Aufgaben in besten Händen waren, in Händen, welche die zugedachte Aufgabe gerne und mit Erfolg erledigten. Keine einfache Aufgabe.
(Klaus Eichenlaub, Herxheim, 2025 / Freundliche Hinweise von Frau Christa Bullinger und Herrn Alois Schultz)