Wissensstation 6: Die Ruwerleitung nach den Römern

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Riveris
Kreis(e): Trier-Saarburg
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 44′ 0,36″ N: 6° 45′ 32,02″ O 49,73343°N: 6,75889°O
Koordinate UTM 32.338.506,96 m: 5.511.403,86 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.554.753,84 m: 5.511.036,19 m
  • Eine Rekonstruktion der Stadt Trier um 1120

    Eine Rekonstruktion der Stadt Trier um 1120

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    Lukas Clemens und Nic Herber. Aus: Trierer Stadtansichten, Beilage 1 vom 26.04.2023
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    Lukas Clemens (Konzept); Nic Herber (Zeichnung)
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  • Der Petrusbrunnen auf dem Trierer Hauptmarkt (2024)

    Der Petrusbrunnen auf dem Trierer Hauptmarkt (2024)

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    Trier Tourismus und Marketing GmbH / Christian Millen
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    Christian Millen
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An der sechsten Station des Themenweges „Wasser im Ruwertal - von der Antike bis heute“ machen wir einen Zeitsprung und gelangen ins Mittelalter. Wann genau die Ruwerleitung nicht mehr in Funktion war und welche Umstände dazu führten, ist bislang unklar. Es zeichnet sich aber ab, dass mit Ende der römischen Herrschaft die pflege- und kostenintensive Infrastruktur verfiel. So ist in Trier zu beobachten, dass die großen Abwasserkanäle im 5. Jh. langsam begannen mit Sedimenten und Ablagerungen zugesetzt zu werden. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sie nicht mehr von ausreichend Wasser durchflossen wurden, was Rückschlüsse auf die täglich in die Stadt geleiteten Wassermengen zulässt.

Trier verändert sich und somit auch die Wasserversorgung
Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert
Die richtige Idee zur falschen Zeit
Wasser aus dem Hochwald?


Trier verändert sich und somit auch die Wasserversorgung
Mit dem Untergang des Römischen Reiches geriet das Wasser aus dem Hochwald vorübergehend in Vergessenheit. Auch ist im Frühmittelalter in Trier eine rapide Verkleinerung der Siedlungsfläche und der Bevölkerung zu beobachten. Statt auf aufwendige Wasserleitungen setzten die Menschen bis in die jüngere Zeit wieder lieber auf Brunnen und damit auf kurze Wege. Über Jahrhunderte hinweg bezog man das Trinkwasser aus dem kiesigen Untergrund des Moseltals. Erst im 15. Jh. wurde mit dem Herrenbrünnchen im Altbachtal, in der näheren Umgebung Triers gelegen, wieder die Grundlage für mehrere, an ein Rohrleitungsnetz angeschlossene Brunnen gelegt. Zu diesen zählt auch der heute noch erhaltene Petrusbrunnen auf dem Trierer Hauptmarkt.
Für das Brauchwasser nutzten die Trierer Regenwasserzisternen, den Weberbach und die Mosel. (Zenz 1984, S. 17ff.)
Das Ruwertal und die römische Wasserleitung spielten für Trier im Mittelalter und in der Neuzeit für die Wasserversorgung keine Rolle mehr. In Vergessenheit geriet sie dennoch nicht. In einer mittelalterlichen Sammlung von den Taten der Treverer, der gesta treverorum, wird die Leitung erwähnt.

Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert
Mit Beginn des 19. Jh. interessierten sich auch geschichtsinteressierte Forscher für den Aquädukt. 1820 wurde der Leitungsverlauf erstmals beschrieben und publiziert. 1906 wurde ein grundlegender Aufsatz veröffentlicht, in dem die zahlreichen, beim Eisenbahnbau im Ruwertal gemachten, Leitungsbefunde veröffentlicht wurden. Fast zur gleichen Zeit erhielt das moderne Trier nach fast 1500 Jahren wieder ein umfassendes Abwassersystem.

Ende des 19. Jahrhunderts mangelte es in Trier an Trinkwasser. Deshalb schrieb die Stadt 1874 die Erstellung eines Wasserleitungsprojektes öffentlich aus. Die meisten der teilnehmenden Firmen favorisierten die Erschließung von Grundwasser. Lediglich ein Baurat aus Gotha war anderer Meinung. Er bezeichnete die Qualität des Moselgrundwassers als schlecht und gesundheitsschädlich. Stattdessen solle man in die Seitentäler der Mosel ausweichen. Trier sei „in der selten glücklichen Lage, eine Quellwasserleitung, welche allen Forderungen genügen werde, aus dem Kyllthale mit verhältnismäßig billigen Kosten nach Trier führen zu können.“ Außerdem, so seine Expertise, bleibe die Riveris als Reserve, deren Wasser man bei Ruwer über die Mosel leiten und bei Ehrang in die Kylltal-Leitung einspeisen könne. (Zenz 1984, S. 30)
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Die richtige Idee zur falschen Zeit
Doch wie so oft im Leben, kam die richtige Idee zum falschen Zeitpunkt. Der Engländer Oberst Alfred Marshall baute 1883 an der Pfalzeler Eisenbahnbrücke ein Wasserwerk. In einer schier atemberaubenden Geschwindigkeit, gemessen an heute benötigten Genehmigungen und Bauzeiten, konnte das Projekt im Frühjahr 1885 vollendet werden. Jedoch, so schreibt Emil Zenz, sei der Anschluss der Häuser an das Wassernetz zunächst eher langsam vonstattengegangen. Lediglich 977 der 2531 Häuser im Stadtgebiet seien 1890 erst angeschlossen gewesen. Denn die Nutzung des Wassers aus den Haus- und öffentlichen Brunnen sowie vom Herrenbrünnchen war weiterhin möglich, die Bürger scheuten die Anschlusskosten. Das Chemische Untersuchungsamt der Provinz Rheinhessen beurteilte jährlich die Wasserqualität mit dem Prädikat vorzüglich, so Emil Zenz. Und doch, hatte das Wasserwerk schon bald mit Problemen zu kämpfen.

Man hatte die Trockenperioden und den Anstieg der Bevölkerung nicht mit einkalkuliert. Kam es zu Hitzeperioden, versiegten viele der noch häufig genutzten Brunnen. Diesen Mangel konnte das Wasserwerk Pfalzel nicht ausgleichen. Infolgedessen baute 1893 Lionel Marshall, ein Bruder des inzwischen verstorbenen Alfred Marshall, 800 Meter von der Kyllmündung entfernt, das Wasserwerk Ehrang. Das war zwar ergiebig und lieferte täglich 2.800 Kubikmeter Wasser, alleine die Qualität stellte die Menschen nicht zufrieden. Aufgrund von Rechtsstreitigkeiten zwischen Konzessionär und Stadt übernahm die Stadt zum 1. Januar 1899 beide Wasserwerke nebst Personal, Inventar und Rohrleitungen zum Preis von 1,8 Mio. Mark. (Zenz 1984, S. 30)

Wasser aus dem Hochwald?
Der Wasserverbrauch stieg weiter. Wasserwerk-Direktor Jackson legte der Stadt Trier im Jahr 1900 ein Gutachten vor. Er wollte die Riveris für die Wasserversorgung nutzen. Mehr noch: Weitsichtig plante Jackson, mit der Wasserkraft auch Strom zu erzeugen und den mit einer Staumauer versehenen Stausee mit einem Elektrizitätswerk zu verbinden.

Die Idee gefiel, allerdings waren Kosten in Höhe von 2,2 Mio. Mark veranschlagt, die bei den Entscheidungsträgern für Bauchschmerzen sorgten. Ein Baurat aus Frankfurt, den die Stadt als Berater engagiert hatte, beerdigte den Jackson-Plan. Seiner Meinung nach war das dortige Gebirge zu zerklüftet und zur Schaffung eines wasserdichten Behälters oder zur Herstellung einer Talsperre nicht geeignet. Stattdessen riet er dazu, austretendes Quellwasser zwischen Gerolstein und Prüm zu nutzen. Weil für diesen Plan noch höhere Kosten angefallen wären - für die errechneten, täglich anfallenden Wassermengen hätte man 4.360.000 Mark aufwenden müssen - verwarf die Bürgerschaft diese Idee. (Zenz 1984, S. 34-35)

Dann kam Karl Wahl. Die Stadt hatte den Diplom-Ingenieur am 10. Juli 1907 als neuen Direktor des Gas- und Wasserwerkes Trier bestellt. Wahl setzte nicht auf Gutachter, sondern nahm selbst Untersuchungen vor. Zwar hielt er an der Idee des Hochwaldwassers nicht fest, jedoch erkannte er das Potenzial der Kenner Flur. Ein Versuchsbrunnen gab Anlass zu berechtigten Hoffnungen, die die Qualitätsuntersuchungen des hygienischen Instituts der Universität Jena untermauerten. Also gab der Rat der Stadt Trier am 31. Juli 1912 dem Projekt seinen Segen. Damit konnte der Bau des Wasserwerks Kenn beginnen, der 1915 zum Preis von einer Million Mark fertiggestellt wurde.

Zwar stand der Stadt nun genügend Wasser zur Verfügung, trotzdem waren die Probleme nicht beendet. Diese kamen mit dem Hochwasser der Jahre 1918 und 1920. Das Ehranger Werk wurde beide Male durch Überflutung außer Betrieb gesetzt. Im Werk an der Pfalzeler Brücke stand das Hochwasser nur 40 Zentimeter unter dem Flur des Maschinen- und Kesselhauses; in Kenn stand es nur einen Meter unter der Eingangsschwelle des Maschinenhauses und der Oberkante der Sammelgalerien. Nur ganz knapp schrammte Trier damals an einer Wasserversorgungskatastrophe vorbei.
Das nächste Problem folgte mit dem Trockenjahr 1921. Monatelang blieben Niederschläge aus, das Wasseraufkommen sank von Tag zu Tag. Zudem führte 1926 der Frost zu zahlreichen Rohrbrüchen und damit zu beträchtlichen Wasserverlusten.

Kurz vor seinem Ruhestand wollte Direktor Wahl 1934 den vier Trierer Wasserwerken - mit der Eingemeindung von Euren im Jahr 1930 war das dortige kleine Wasserwerk in den Besitz der Stadt übergegangen - ein fünftes hinzufügen. In der Nähe des Monaiser Schlosses hatte der Ingenieur ein geeignetes Gelände ausgemacht, das sogar als hochwassersicher galt. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden alle Vorhaben zunächst einmal auf Eis gelegt. Doch dann musste es auf einmal ganz schnell gehen: Das Oberkommando der Wehrmacht forderte die Stadt Trier im Sommer 1939 dazu auf, mit dem Bau des Wasserwerks Monaise umgehend die Sicherung der Wasserversorgung der in Trier liegenden Regimenter zu übernehmen. Zeit für eine gründliche und sorgfältige Durchführung des Projektes war nicht vorhanden, was die Wasserwerke nach Kriegsende noch beschäftigen sollte.
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(Florian Tanz, Anne Berens, Konstantin Erschens, Rosemarie Cordie, Stadtwerke Trier, TRier und Ruwer, 2025)

Wissensstation 6: Die Ruwerleitung nach den Römern

Schlagwörter
Ort
54317 Riveris
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Florian Tanz (2025), Anne Berens (2025), Konstantin Erschens (2025), Rosemarie Cordie (2025), Stadtwerke Trier (2025): „Wissensstation 6: Die Ruwerleitung nach den Römern”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356166 (Abgerufen: 20. November 2025)
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