Lage
Gebäude
Geschichte
Liste der Besitzer in den Ausgründungshäusern
Kulturdenkmal
Quellen
Lage
Das Haus hat die Anschrift Bitburger Straße 16 und steht traufständig, circa 15 Meter von der Straße entfernt gegen das ansteigende Gelände inmitten des nach ihm und seinen Bewohnern benannten Kiewel-Eckens im Dorf. Ableger dieser Familie bewohnten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts insgesamt vier Häuser in der oberen Bitburger Straße.
Gebäude
Das ungefähr ein halbes Stockwerk erhöht stehende zweigeschossige, steingemauerte Wohnhaus aus dem Jahr 1743 wird geprägt durch die beiden steilen Treppengiebel, die ein schiefergedecktes Satteldach einfassen. Der rechte Hausteil ist tonnengewölbt unterkellert und dieser Keller ist durch eine Außentüre zugänglich. Die geradlinigen Fenster sind in drei Achsen angeordnet, wobei sich in der Mittelachse das geohrte Eingangsportal befindet, zu dem eine neuere Freitreppe hinaufführt. Der Türflügel und die heutigen Fensteröffnungen stammen aus dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts stand im Haus ein raumfüllender Webstuhl, zuerst unten, später auf dem Speicher. An diesem webte Johann Peter Schmitz Stoffbahnen aus Leinen. Ende des 20. Jahrhunderts gelangte dieser Webstuhl an die Pension Herres in Hof Eulendorf bei Gransdorf, wo er heute noch steht. Im Erdgeschoss ist die ursprüngliche Raumaufteilung erhalten geblieben, die ein frühes Beispiel für einen Grundriss mit Flur und rückwärtig gelegener Küche darstellt.
Geschichte
Im Güterverzeichnis der Oberkailer Vogteien wird 1698 berichtet, dass das damalige Haus wohl zwischen 1660 und 1680 von Kiebel Niclaß erbaut wurde, nachdem er die Hofstelle, die ein gewisser Weinnert um 1655 infolge von „Kriegswesen und Brandt“ verlassen hatte, „mit Verwilligung der gnädiger Herschaft Graff Herman Frantz“ übernommen hatte. Zwischen 1686 und 1691 übernahmen seine Tochter Elisabeth und der Schwiegersohn das Kiewel-Haus. Ein späterer Nikolaus Kiewel, mit Nachnamen Etteldorf, erbaute um 1743 das heute noch vorhandene Haus. Zu dieser Zeit waren zwei seiner Kinder, Johann Etteldorf (um 1710-1742) und Katharina Etteldorf (um 1710-vor 1740) schon verstorben. Die Schwiegerkinder und jeweils ältesten Enkelkinder, Veronika Etteldorf (1730-nach1776) und Georg Friedrich Bayerschen (1736-1767) lebten damals im neu erbauten Haus. Im Maria-Theresia-Kataster von 1766 sind auch diese beiden Familien als Bewohner des Kiewel-Hauses genannt: Veronika Etteldorf und ihr zweiter Ehemann Peter Caspars sowie Georg Friedrich Bayerschen und seine Ehefrau Margaretha geb. Erdorf. Beide Familien wurden 1766 noch gemeinsam besteuert. 1793 wurde die Besteuerung bereits in Kiewel-Hansen und Kiewel-Hilger aufgeteilt. Möglicherweise wurde diese Teilung aufgrund der Größe des gemeinsamen Landbesitzes sowie der besonderen Konstellation mit zwei Schwiegerkindern, deren zweiten Ehepartnern und Enkeln im Haus, trotz der verbrieften Unteilbarkeit der Schaftgüter durchgesetzt. Diese beiden Linien wurden nach Johann Schmitz (1750-1800, Sohn von Johann Peter Schmitz und Veronika Etteldorf) sowie nach dem zweiten Ehemann von Margaretha Erdorf, Hilger Loewen (1738-1797), benannt. Um 1760 erweiterten die Eheleute Bayerschen-Erdorf das heute noch stehende Haus nach rechts um zwei Fensterachsen. (Heute Teil links der Haustüre des modernen Hauses Bitburger Straße 14.) Dieser Hausteil des späteren Familienzweigs Kiewel-Hilger besaß keinen eigenen Eingang. Der heute noch vorhandene Hauseingang wurde von beiden Familien genutzt, der Zugang zum Kiewelhilger-Haus erfolgte durch das erste rechte Zimmer des Kiewelhansen-Hauses. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde an der Stelle des heute rechten Erdgeschossfensters eine Tür eingebaut und der Bereich davor mit Steinplatten überbrückt. Die Treppe zum Haus (damals von der linken Seite hochführend) wurde von beiden Familien gemeinsam genutzt. Scheunen, Ställe und Holzschuppen waren nach links versetzt zwischen der Straße und der Häuserfront entstanden.
Die Erbfolge im Kiewelhilger-Haus war folgende: Georg Friedrich Bayerschen (1736-1767) und Ehefrau Maria Margaretha Erdorf (1738-1805); deren Sohn Johann Adam Bayerschen (1763-1824) und Ehefrau Maria Anna Steinborn (1769-1823); deren Tochter Salome Bayerschen (1795-1859) und Ehemann Johann Bernhard Herres (1795-1863); deren Tochter Agatha Herres (1837-1875) und Ehemann Nikolaus Etteldorf (1830-1890); von der Familie Etteldorf kaufte Adam Foegen (1866-1941) dieses Haus - ebenso wie das daran rechts angrenzende ehemalige Bayers-Haus. Von der Familie Foegen (Gellartz) wurden beide Gebäude bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts als Wirtschafts- und Lagerräume genutzt und in den 1960er Jahren abgerissen, um Platz für das heutige Haus Bitburger Straße 14, erbaut von Artur Foegen, zu schaffen.
Die Erbfolge im Kiewelhansen-Haus war folgende: Veronika Etteldorf (1730-nach 1776) und Ehemann Johann Peter Schmitz (1723-um 1762); deren Sohn Johann Schmitz (1750-1800) und Ehefrau Anna Luzia Eis (1749-1819); deren Sohn Johann Schmitz (1773-1813) und Ehefrau Margaretha Densborn (1774-1818); deren Sohn Peter Schmitz (1806-1869) und Ehefrau Anna Maria Metzen (1809-1883); deren Sohn Johann Peter Schmitz (1853-1932) und Ehefrau Elisabeth Dinchel (1859-1932); deren Sohn Michel Schmitz (1891-1974) und Ehefrau Katharina Göbel (1901-1980); nach dem Tod der Eltern verkauften deren Töchter das Haus nach ein paar Jahren Leerstand an Marielouise Niewodniczanska, die es aufwändig restaurieren ließ und so ein gutes Beispiel für gelungene Denkmalpflege im ländlichen Raum schuf. Die heutige Besitzerfamilie Esser erhält und nutzt das Gebäude als Wochenend- und Ferienhaus.
Liste der Besitzer in den Ausgründungshäusern
Fünf weitere Häuser im Ort wurden von Mitgliedern der Kiewel-Familie erbaut oder erworben und blieben lange Zeit, teils bis heute, in Familienbesitz. Nachfolgend eine kurze Übersicht der Besitzerreihen:
Schulstraße 7 (erbaut kurz vor 1840, erworben 1878)
Johann Schmitz (1836-1914) aus dem Kiewel-Haus ersteigerte 1878 das Haus im Thulenecken bei einer Zwangsversteigerung. Sein Sohn Peter Schmitz (1872-1929) folgte ihm als Besitzer nach und wird im Gebäudebuch von 1910 als Ackerer geführt. Damals umfasste das Anwesen: „Wohnhaus mit Backofen, Abort, Scheune mit Stall, Schweineställe [und] Schuppen”. Im Jahr 1925 wurden Scheune und Stall umgebaut. 1938 sind Peters zweite Frau Christina, geb. Weinand (1890–1950), sowie deren Kinder als Miterben genannt. 1949 erfolgte ein Umbau des Wohnhauses. Ab 1952 war ihre Tochter aus zweiter Ehe, Christine Sartoris, geb. Schmitz, verwitwete Lehnert (1913–2000), die Besitzerin, ab 1956 gemeinsam mit ihrem Ehemann. 1960 wurden Hühnerställe und Garagen neu errichtet, 1961 das Wohnhaus erweitert. Über mehrere Jahrzehnte betrieb die Familie darin eine Fremdenpension. Ab 1968 ist ihr Sohn aus erster Ehe, Hans Gotthard Lehnert (1941–1986), als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Danach lebte dessen Tochter Christiane Lehnert im Haus. Heute gehört es Jurij Sukov.
Bitburger Straße 20 (erbaut 1840/56, erworben 1914/22)
Das heutige Anwesen bestand zunächst aus zwei Gebäuden. Das eigentliche Haus wurde 1840 erbaut und 1914 von Wilhelm Schmitz (1880-1948) aus dem Kiewel-Haus im Thulenecken und seiner Ehefrau Margaretha, geb. Berscheid (1864-1938) gekauft. 1922 erwarben sie ebenfalls das 1856 erbaute Häuschen der Familie Zöll oberhalb ihres eigenen Hauses. Dieses wurde 1910 als “Wohnhaus und Abort, Stall und Holzschuppen„ beschrieben. Nach dem Kauf 1922 wurde es abgerissen und stattdessen Stall und Scheune neu errichtet. Der kinderlose Witwer Wilhelm Schmitz heiratete 1939 erneut, doch seine zweite Frau Maria Ernst (1889-1944) verstarb nur fünf Jahre später an einem Schlaganfall. Seit 1944 lebte sein Neffe Josef Schmitz (1901-1972), ebenfalls aus dem Kiewel-Haus im Thulenecken stammend, mit seiner Frau Katharina Rondé (1903-1983) und der gemeinsamen Tochter Christine (*1943, Christel gerufen) in dem Haus. 1978 übernahm Christel Krisor, geborene Schmitz das Haus von ihren Eltern und vermietete es nach dem Tod ihrer Mutter. Heute gehört es ihrem Sohn Klaus-Josef Krisor.
Bitburger Straße 15 (erbaut 1926)
Karl Schmitz senior (1888-1979), gebürtig aus dem ursprünglichen Kiewel-Haus, heiratete 1921 Barbara Follmann (1892-1978) aus Landscheid. Nach der Hochzeit lebten sie zunächst in Landscheid, bevor sie 1926 das Anwesen in der Bitburger Straße 15 errichteten. Es bestand aus Wohnhaus, Scheune und Stall – in der gleichen Form, wie es heute noch existiert. Neben dem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb arbeitete Karl Schmitz als Vorarbeiter im Sägewerk. Nach dem Tod der Eltern lebte ihr Sohn Michael Felix (1928-1993), genannt “Kiewel-Mechel„, allein im Haus. Nach seinem Tod wurde es von Johann Grösges erworben. Die heutige Besitzerin ist Rosemary Leila Reckermann.
Bitburger Straße 13 (erbaut 1952)
Karl Schmitz junior (“Kiewel Karel„), zweitältester Sohn der Eheleute Schmitz-Follmann war von klein auf fasziniert von den Erzählungen der alten Bewohner des Kieweleckens und begann früh, sich intensiv mit der Geschichte Oberkails zu beschäftigen. 1948 heiratete er Elisabeth Hermes (Schneiderin) aus Schönecken und machte sich mit einer Malerfirma selbstständig. Zuerst wohnten sie im Haus Bitburger Str. 15. Sie bezogen 1952 ihr neu erbautes Haus mit ihren Söhnen Ewald und Rudi. Ihr Sohn Lothar war noch kein Jahr alt, als Karl Schmitz 1956 einen Schlaganfall erlitt. Er musste die Malerfirma aufgeben und wurde nach längerer Genesung zum technischen Zeichner (Bauingenieur) umgeschult. Beruflich bedingt, entschied sich die Familie schließlich 1963 nach Trier zu ziehen. Einen Bereich des Hauses benutzte die Familie weiterhin als Ferienwohnung, der andere Teil war an amerikanische Familien vermietet. In sein letzten Lebensjahren wohnte Peter Schmitz (1899-1985) gebürtig aus dem Kiewelhaus hier. Karl Schmitz junior fertigte Rekonstruktionszeichnungen und Gemälde von vielen Oberkailer Häusern und der Burg an – basierend auf eigenen Nachforschungen. Schon früh sammelte und zeichnete er steinzeitliche Funde aus dem Rodecken. Er beschäftigte sich zeitlebens mit der Oberkailer Geschichte. Für den Denkmalschutz setzte er sich bereits in den 1970er Jahren ein und lernte so auch Frau Nievodniczanski kennen. Anfang der 1990er Jahre wohnte seine Tochter Anneliese einige Jahre mit ihrer Familie im Haus, bevor es an den heutigen Besitzer Peter Waßenberg verkauft wurde.
Orsfelder Weg 4 (erworben 1934)
Die aus dem Kiewel-Haus stammende Klara Schmitz (1894-1981) kaufte 1934 zusammen mit ihrem aus Ingendorf stammendem Ehemann Anton Rodens (1900-1944) das heutige Haus Orsfelder Weg 4. Nach dem frühen Tod Antons, der in diesem Haus eine Schuhmacherwerkstatt betrieb, lebte “Kiewel Klär„ als kinderlose Witwe noch fast vier Jahrzehnte in dem Haus. (siehe den Beitrag “Stockhaus Rodens- und Linsdisch-Haus in Oberkail„.)
Kulturdenkmal
Das Oberkailer Kiewelhaus wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Eifelkreis Bitburg-Prüm (Stand 2024) geführt. Der Eintrag lautet:
“Bitburger Straße 16, spätbarockes Wohnhaus mit Treppengiebeln, bez. 1743.„
(Jörg Kreutz, Oberkailer Zeitspuren - geschichtlicher Arbeitskreis der Ortsgemeinde Oberkail, 2024)
Quellen
• Kreisarchiv Bitburg: Akten des Standesamtes Oberkail.
• Pfarrarchiv Oberkail und Bistumsarchiv Trier: Kirchenbücher der Pfarrei Oberkail.
• Pfarrarchiv Oberkail: Gebunde Abschrift eines Güterverzeichnisses aus der Zeit um 1700.
• LHAK 15, 1052, Maria-Theresia-Kataster 1766.
• LHAK 15, 280, Steuerliste 1793.
• LHAK, Außenstelle Kobern-Gondorf; Bestände 734-1104, 736-2291 und 736-3427.