Kelten
Römer - Die römische Siedlung entsteht
Das römische Straßendorf (Vicus)
Der Burgus - eine römische Befestigungsanlage
Römische Gutshöfe (Villa Rustica)
Grabgärten
Bedeutende Funde aus der Römerzeit - Auswahl
Grabungsschutzgebiet
Keltenweg - Auf den Spuren der Kelten und Römer
Schlussbemerkung
Quellen
Kelten
Die hiesige Bevölkerung gehörte dem keltischen Stamm der Treverer an. Eine ihrer Siedlungen dürfte sich auch in den „Raimundswiesen“ befunden haben. Während des von den römischen Truppen unter der Führung von Julius Cäsar geführten gallischen Krieges, in den Jahren von 58 bis 50 vor Christus, wurden die Kelten von den Römern unterworfen und schließlich ganz Gallien, bis an den Rhein, von diesen besetzt. Im Jahre 16 vor Christus war die Eingliederung der eroberten Gebiete in das römische Reich abgeschlossen. Die Romanisierung der keltischen Bevölkerung in den ländlichen Bereichen zog sich allerdings noch bis in das Jahr 100 nach Christus hin.
Römer - Die römische Siedlung entsteht
Der Standort für die Errichtung eines römischen Straßendorfes in der heutigen Gemarkung Mittelstrimmig war nicht zufällig gewählt worden. Nach dem Ausbau des Straßennetzes, welches zum Teil bereits in vorrömischer Zeit genutzt worden war, galt es entlang dieser Wege die Standorte der Siedlungen festzulegen. Diese sollten jeweils innerhalb eines Tages von den Reisenden erreicht werden können.
Über den Strimmiger Berg führte nun eine wichtige Querverbindung zwischen den römischen Fernstraßen Trier - Andernach und Trier - Bingen. Diese Trasse führte von Kirn über Kirchberg (Vicus „Dumnissus“), nach Karden (Vicus „Cardena“).
Die römischen Baumeister stießen in den „Raimundswiesen“ auf ergiebige Quellen zur Wasserversorgung, sowie auf Erzlagerstätten in der Umgebung. Ausgedehnte Lehmvorkommen, die als Baumaterial genutzt werden konnten, fanden sich im Bereich des heutigen Kreuzungsbereiches der Landstraßen 200 und 202. Lehm sollte dort schließlich noch bis in das 20. Jahrhundert abgebaut werden. Das Gelände bot somit insgesamt, auch mit seiner guten Fernsicht, den idealen Standort zur Gründung eines römischen Straßendorfes. Der Grundstein dürfte schließlich um das Jahr 100 nach Christus gelegt worden sein.
Sicherlich hatten bereits die Treverer von den vor Ort vorhandenen Rohstoffen profitiert. Ob deren Siedlung beim Einmarsch der römischen Truppen noch bewohnt war, lässt sich derzeit nicht abschließend klären.
Das römische Straßendorf (Vicus)
Zunächst dürfte der rechte Bereich des zu den „Raimundswiesen“ abfallenden Geländes bebaut worden sein. Auf den Terrassen, welche bis heute gut erkennbar sind, entstanden die sogenannten Streifenhäuser. Diese langrechteckigen Gebäude waren mit den Giebelseiten zur Straße hin ausgerichtet. Die neue Siedlung zog zahlreiche Händler und Handwerker an, welche sich mit ihren Familien dort ansiedelten. Im Vicus konnten die Reisenden nun die Pferde wechseln und, wie bei heutigen Rasthäusern, sich bei Speis und Trank für die nächste Etappe stärken.
Nach 150 entstand im linken Bereich des Hanges ein großzügiger, mit einer Mauer abgegrenzter, Tempelbezirk mit einem gallo-römischen Umgangstempel. Dieser wurde wohl später abgerissen um mit dem so gewonnenen Baumaterial einen Burgus (Befestigungsanlage/ Kleinkastell) zu errichten, welcher oberhalb des Tempelbezirkes entstand und am 23. Mai 270 fertiggestellt werden konnte. Ein weiterer Tempelbezirk, mit einem Umgangstempel, befand sich im Anschluss an den Hang in den „Raimundswiesen“ und erstreckte sich bis hinter den heutigen Aussiedlerhof. Oberhalb des Vicus, auf der Anhöhe, schloss sich ebenfalls ein Bereich mit zwei gallo-römischen Umgangstempeln an. In diesen Tempeln wurden unterschiedliche Gottheiten verehrt, unter anderem Mars und Merkur.
Zu einem solchen römischen Straßendorf gehörte auch eine Badeanlage (Therme), welche sich im rechten Bereich der „Raimundswiesen“ befand. Diese wurde allerdings, im Rahmen der Flurbereinigung um 1960, zerstört. Im Boden fanden sich römische Wasserleitungen, welche aus durchbohrten Eichenstämmen bestanden. Dendrochronologische Untersuchungen (Baumringdatierung) brachten interessante Ergebnisse über das Alter des Holzes. Dieses wurde in den Jahren 170 bis 220 nach Christus, sowie um 245 nach Christus, gefällt. Handelt es sich hier möglicherweise um zwei getrennte Wasserleitungen, für die Versorgung eines Tempelbezirkes sowie der Badeanlage in den „Raimundswiesen“? Die im Distrikt „Kalter Born“ entdeckte hölzerne Wasserleitung ist auf den Zeitraum von um 302 bis um 350 nach Christus datiert worden. Wurde zu dieser Zeit dort ein römisches Militärlager errichtet, welches die neue Anlage erforderlich machte? Um 352/ 353 nach Christus gelang es den Germanen, die Römer zurück zu drängen. So war auch der Vicus von Mittelstrimmig verlassen worden und stand leer. Erst 360 konnten die römischen Truppen die Germanen zurückschlagen. Doch waren die Gebiete auf Dauer nicht zu halten, denn bereits wenige Jahrzehnte später, um 400 nach Christus, dürfte die römische Siedlung endgültig aufgegeben worden sein.
Der Burgus - eine römische Befestigungsanlage
Im Februar 1908 entdeckte der Gastwirt Johann Peter Angsten aus Liesenich in einem Keller im Distrikt „Auf der Mauer“ drei Steinblöcke. Er meldete diesen bedeutenden Fund und fertigte im Anschluss einen umfangreichen Bericht über die Fundsituation an.
Auf der Vorderseite war nur der mittlere und größte Block, mit einer Weiheinschrift für einen gallo-römischen Umgangstempel, beschriftet. Dieser dürfte nach 150 errichtet worden sein. Um Baumaterial für den Burgus zu gewinnen, wurde dieser später wieder abgerissen. Zwei Steinquader sind ergänzt worden um auf der Rückseite eine Inschrift über die Fertigstellung des Neubaus einer römischen Befestigungsanlage, am 23. Mai 270 nach Christus, anzubringen. Im Hinterland von Rhein und Mosel entstanden zu dieser Zeit zahlreiche solcher Kleinfestungen. Diese dienten nicht nur dem Schutz der Bevölkerung, sondern auch der Tempelanlagen und der Straßen. Die römischen Befestigungsanlagen waren mit einer kleineren Anzahl Soldaten besetzt.
Der Standort des Burgus konnte durch umfangreiche Prospektionen (Bodenuntersuchungen) des Geländes, im Jahre 2006, bestimmt werden. Im Rahmen des Projektes „AR mob“ (Antike Realität - mobil erleben) wurde diese Befestigungsanlage digital aufbereitet. Ein Hinweisschild befindet sich seit 2021, mit dem benötigten QR-Code und weiteren Informationen, direkt an der Landstraße 202. Mittels eines Smartphones lässt sich der Burgus digital im heutigen Geländeverlauf darstellen.
Eine Replik der dreiteiligen Bauinschrift ist im Jahre 2019 am Gemeindehaus in Mittelstrimmig aufgestellt worden.
Römische Gutshöfe (Villa Rustica)
In der Umgebung eines römischen Straßendorfes standen auch zahlreiche Gutshöfe. Diese bestanden in der Regel aus einem Haupt- sowie mehreren Nebengebäuden. Im Distrikt „Grafhorst“, in Sichtweite des Vicus, wurden 1925 im Rahmen von Rodungsarbeiten die Überreste eines solchen Anwesens, mit einer Tiefe von rund 100 Metern, entdeckt. 1997 gab der Pflug plötzlich den Blick auf die Heizungsanlage des Hauptgebäudes frei, welche sich unzerstört im Boden präsentierte. Mauerreste und Funde im Distrikt „Waldeck“ lassen, wie auch in der Gemarkung Liesenich (Distrikt „Im Schlacken“), auf weitere Standorte schließen. Beim Umpflügen einer Wiese im Distrikt „Im Rosenstück“, in der Gemarkung Forst, wurden auch Überreste einer Villa Rustica, welche sich auf einem Areal von etwa 80 x 60 Metern erstreckte, entdeckt. Wie der Vicus, dürften auch die Gutshöfe um 400 nach Christus aufgegeben worden sein.
Grabgärten
Im Jahre 2011 fanden in Zusammenarbeit der Landesarchäologie (Außenstelle Koblenz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz), mit der Ortsgemeinde, sowie dem hiesigen Heimat- und Verkehrsverein, umfangreiche Ausgrabungen in einem antiken Gräberfeld oberhalb von Mittelstrimmig statt.
Die Brandbestattung der Verstorbenen und die Beisetzung der Urnen in solchen Grabgärten war von den Treverern um etwa 50 vor Christus eingeführt worden. Auch nach der Romanisierung der hiesigen keltischen Bevölkerung ist diese Bestattungsform, bis um 400 nach Christus, beibehalten worden. Im Rahmen der Arbeiten sind Grabgärten rekonstruiert worden und können besichtigt werden. Zahlreiche Hinweistafeln halten umfangreiche Informationen bereit. Diese sind in einem neu errichteten Unterstand angebracht worden.
Neben diesem Gräberfeld zeigten sich auf den Luftaufnahmen aus den 1990er Jahren weitere Gruppen von Grabgärten unterhalb des „Schock-Heiligenhäuschen“, sowie in der Gemarkung Altstrimmig, nahe der Landstraße 202. Diese wurden immer außerhalb der Siedlungen, unmittelbar an den damaligen Straßen, angelegt.
Bedeutende Funde aus der Römerzeit - Auswahl
1908. Fund dreier Steinquader, im Distrikt „Auf der Mauer“, mit einer Bauinschrift über die Fertigstellung eines Burgus (römische Befestigungsanlage/ Kleinkastell) am 23. Mai 270.
1928. Fund einer Grabinschrift, welche aus einem größeren Grabdenkmal stammte, im Bereich des römischen Gutshofes im Distrikt „Grafhorst“.
1970. Bei der Feldarbeit fand sich im Frühjahr 1970, im Distrikt „Auf der Mauer“, ein Wagenteil eines zweirädrigen römischen Reisewagens aus Eisen. Das Gegenstück brachte wiederum ein Pflug viele Jahre später ans Tageslicht. Funde dieser Art sind in unserer Region äußerst selten anzutreffen.
2009. Am 9. Dezember 2009 wurde, im Distrikt „Auf der Mauer“, ein Münzschatz entdeckt.
2010. Wenige Wochen später kommt, in unmittelbarer Nähe, ein zweiter Münzschatz ans Tageslicht. Die beiden grobkeramischen Gefäße enthielten zusammen rund 25.000 prägefrische Folles aus dem Zeitraum von 310 bis 323 nach Christus. Diese dürften im Jahr 323 zeitgleich vergraben worden sein. Ob es sich hier um den Sold für die Soldaten handelt, bleibt offen.
Grabungsschutzgebiet
Im Jahre 1990 wurden die Areale der ehemaligen römischen Siedlung, sowie des Gutshofes im Distrikt „Grafhorst“, als Grabungsschutzgebiete ausgewiesen.
Keltenweg - Auf den Spuren der Kelten und Römer
Der Keltenweg, am 22. Juni 2002 eröffnet, führt die Wanderer von Kirn aus, über Kirchberg, bis nach Treis-Karden. Ein Abzweig, in der Nähe von Haserich, bietet die Möglichkeit nach Senheim zu gelangen. Dieser Wanderweg folgt zu großen Teilen der bereits von den Kelten angelegten Wegetrassen, welche von den Römern übernommen und ausgebaut worden waren. Kurz bevor der Keltenweg die Kreisstraße (K 44) nach Forst erreicht, bietet sich von der Anhöhe aus ein Überblick auf das Gelände des ehemaligen römischen Straßendorfes. Die Römerstraße verlief in diesem Bereich einst geradeaus weiter, passierte das Gasthaus „Zur Buche“ und den „Schockwald“ und führte hinter dem „Schock-Heiligenhäuschen“ vorbei.
Schlussbemerkung
Die Ruinen des römischen Straßendorfes standen noch bis in das Jahr 1876 und waren über die Jahrhunderte als Steinbruch genutzt worden. Um Material für den Bau der Straße nach Forst zu gewinnen, dürften diese nun groß teils abgetragen worden sein, so dass um 1900 im Bereich „Auf der Mauer“ oberflächlich wohl keine Reste des Vicus mehr erkennbar waren. Die Flächen wurden im Anschluss in Ackerland umgewandelt.
In den Jahren 2006 und 2010 fanden umfangreiche Prospektionen (Bodenuntersuchungen) in den Distrikten „Auf der Mauer“ und „Raimundswiesen“ statt. Dadurch konnte nicht nur der Standort des „Burgus“, sondern auch die Siedlungsfläche mit ihren noch im Boden vorhandenen Mauern und Wegen, lokalisiert und nachgezeichnet werden.
Ein lizensierter Sondengänger war über mehrere Winter in dem Gebiet unterwegs, um dieses nach metallischen Funden abzusuchen. Umfangreiche archäologische Grabungen auf dem zu großen Teilen nie überbauten Gelände könnten sicherlich weitere Antworten liefern, insbesondere zu Entwicklung und Ausbau der römischen Siedlung.
(Grischa Manderscheid, KuLaDig - Initiative Strimmiger Berg, Dezember 2024)
Quellen
- Hinweise von Karl-Rainer Manderscheid (Mittelstrimmig).
- Hinweistafeln im Bereich der römischen Siedlung.
- Privatarchiv Reinhold Kölzer (Forst/Hunsrück).
- Privatarchiv Grischa Manderscheid (Mittelstrimmig).
- Rhein-Zeitung. Ausgabe vom 16.12.2011.
- Schulchronik Mittelstrimmig. Abschrift von Josef Peil.
- Wanderkarte (2016): Wandergebiet Strimmiger Berg.
- Wochenspiegel Cochem-Zell. Ausgabe vom 07.12.2011.