Die Ausdehnung des historischen Ortsgrundrisses der Denkmalzone, welcher sich nachweislich seit 1812 in seiner Straßenstruktur mit parallel und quer zum Rhein ausgerichteten Straßen, dem Marktplatz und der Parzellierung im Wesentlichen unverändert erhalten hat und der ein charakteristisches Orts- und Straßenbild des 18. bis 20. Jahrhunderts aufweist, orientiert sich am Verlauf der ehem. Stadtbefestigung des 14. Jahrhunderts. Diese hat sich bergseitig bis heute in Teilen erhalten und muss in engem funktionalem Zusammenhang mit der zeitgleich entstandenen Stadtbefestigung St. Goarshausens gesehen werden. Denn über den Rhein hinweg, aufeinander bezugnehmend, bildeten sie, zusammen mit der Burg Rheinfels und der über St. Goarshausen thronenden Burg Katz, ein flussübergreifendes Bauprogramm der Katzenelnbogener Grafen und dokumentieren die einstmals große Bedeutung St. Goars als Zollfeste.
Städtebaulich besonders prägend war für St. Goar die Zeit ab 1815 unter preußischer Herrschaft. Technischer Fortschritt, Industrialisierung und aufkommender Fern- und Fremdenverkehr stärkten Handel und Handwerk und ab dem 18./19. Jahrhundert im Speziellen den Tourismus als wichtigstem Wirtschaftsfaktor, was sich unter anderem in einer intensiven Bautätigkeit niederschlug. Es entstand eine großflächig erhaltene, dichte Bebauung von Wohnhäusern sowie Gebäuden des Hotel- und Gaststättengewerbes mit einem engen Bezug zu Tourismus und dem Wirtschaftsfaktor Rhein, deren spezifische repräsentative architektonische Gestaltung bis heute die zum Rhein orientierte Stadtansicht St. Goars prägt und von hohem Zeugniswert für die Bau- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt ist. Preußische Verwaltungsbauten und der St. Goarer Bahnhof dokumentieren zudem die historische Bedeutung und Stellung der Stadt als in dieser Zeit aufblühendes politisches Zentrum und Verwaltungssitz. Es entstand ein ablesbar und nachvollziehbar erhaltenes architektonisches Gesamtkonzept typologischer Bauten in einer kaum veränderten städtebaulichen Ordnung mit prägenden Gestaltungsprinzipien, einer ungestörten historischen Dachlandschaft aus heimischem Schiefer und zahlreichen überkommenen Baudetails wie gusseisernen Balkongeländern, historischen Türblättern und Brunnenanlagen.
Die Denkmalzone „Kernstadt St. Goar“ stellt daher in ihrer Gesamtheit einen bedeutenden und weithin prägenden Bestandteil der historischen und als UNESCO-Welterbe geschützten Kulturlandschaft des Oberen Mittelrheintals dar.
Zur Ermittlung und Beschreibung derjenigen Aspekte, die den Denkmalwert der Denkmalzone bestimmen und eindrücklich prägen, wurde in Kooperation zwischen der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesdenkmalpflege, und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine detaillierte wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt.
(Ellen Hofmann M. A., Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesdenkmalpflege, Fachbereich Inventarisation, 2024)
Internet
gdke.rlp.de: Inventarisation (abgerufen 07.01.2025)
gdke.rlp.de: Nachqualifizierung der Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz (abgerufen 07.01.2025)