Den Wawerner Jesuitenberg zeichnet ein besonderes Mikroklima (Wärme und zwischen 600 und 800 Millimetern Niederschlag pro Jahr) aus. Gerade heimische Reptilien und Insekten profitieren davon. Der Weinberg unterhalb der Mauer wird vom Bio-Weingut Dr. Frey aus Kanzem bewirtschaftet, das sich auch um ihren Erhalt kümmert. Diese Trockenmauer steht beispielhaft für das Projekt „Lebendige Moselweinberge“, weil sie und ihre Umgebung ein Stein-Reich für Pflanzen und Tiere bilden.
Beschreibung
Landschaftsbild
Geologie
Klima
Flora
Fauna
Beschreibung
Die Lage Wawerner Jesuitenberg ist eine kleinräumige, südexponierte Weinlage an der Saar. Sie wird vom Weingut Dr. Frey bewirtschaftet. Der seit 1889 bestehende Familienbetrieb hat sich auf die Produktion von Biowein spezialisiert. Die Lage wird oberhalb von einer Trockenmauer begrenzt, die im vorletzten Jahrhundert vorwiegend aus Schieferbruchsteinen errichtet wurde. Stellenweise ist sie mit Kalkmörtel verputzt und aufgesetzt worden. Die Mauer erfüllt keine tragende Funktion und ist von beiden Seiten begehbar. Die in den vergangenen Jahren freigestellte Mauer bietet ein einzigartiges Mikrohabitat für heimische Reptilien und Insekten. Von ihr profitieren zahlreiche Eidechsen, die - beispielsweise die Mauereidechse - auf der Roten Liste stehen. In unmittelbarer Nachbarschaft finden sich wärmeliebende Eichenwälder und Ahorn-Schluchtwälder sowie Richtung Saarkanal Felsengebüsche.
Landschaftsbild
Der Berg bietet sehr unterschiedliche Mikroklimata. Auf der Südseite mit der Weinlage Wawerner Jesuitenberg ist es trocken und warm; Richtung Nordosten im Prallhang der Saar eher feucht und kühl. Am Hangfuß grenzt der Weinberg an Ackerflächen, die ins Feuchtgebiet Wawerner Bruch übergehen. Dank der verschiedenen Standortbedingungen sind sehr unterschiedliche Biotoptypen entstanden. So treffen die wärmeliebenden Traubeneichen auf einen Ahorn-Schluchtwald. Dieser Gegensatz sorgt für eine hohe Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten.
An der Trockenmauer spiegelt sich dieser Nord-Süd-Gradient wider. Auf ihrer Südseite sonnen sich die Eidechsen, auf ihrer Nordseite wachsen Moose und Farne. Der südlich gelegene, bewirtschaftete Weinberg sowie die Felsengebüsche im Osten bilden weitere Biotoptypen ab.
Vom Jesuitenberg aus blickt man in Richtung Süden auf das Weyerbachtal mit dem unter Naturschutz stehenden Wawerner Bruch. In Richtung Kanzem schließt sich das Naturschutzgebiet Wiltinger Saarbogen an. Seit die Saar in den 1980er Jahren für die Großschifffahrt ausgebaut wurde, verläuft die kanalisierte Saar in einem früheren Flussbett entlang des Kanzemer Sonnenbergs. Deshalb ist der Wiltinger Saarbogen weitgehend naturnah erhalten geblieben.
Geologie
Im Jesuitenberg finden sich eisenhaltige Tonschiefer und Quarzite. Diese haben sich durch Druck und Hitze aus marinen Sedimenten gebildet, die sich vor circa 380 bis 420 Millionen Jahren ablagerten. Während des Erdzeitalters Devon befand sich hier ein riesiges Flachmeer. Durch die dunkle Färbung des Gesteins und den hohen Steingehalt erwärmt sich der Boden in der Sonne sehr stark.
Klima
Durchschnittlich fällt in Wawern jährlich zwischen 600 und 800 mm Niederschlag. Die Weinlage ist nach Süden ausgerichtet. Dank einer Steigung von etwa 45 Prozent wird es im Oberhang vor allem nachmittags sehr warm. Am Hangfuß ist es hingegen kühler und der Boden weniger steinig. Dieser Wärmegradient führt zu einem umfangreichen Artenspektrum.
Flora
Wer entlang der Trockenmauer läuft, kann gut die unterschiedlichen Farne beobachten, die hier wachsen. Das Moseltal bildet wegen seines trocken-warmen Klimas die nördliche Verbreitungsgrenze vieler submediterraner Arten. Hierzu zählt beispielsweise der Milzfarn (Ceterach officinarum). Dessen Hauptverbreitungsgebiet in Deutschland ist die Mosel. Er wächst gerne an licht- und wärmeexponierten Mauern. Bei Trockenheit rollt er sich zusammen und zeigt seine braune Unterseite. So schützt er sich davor, auszutrocknen - obwohl er auf den ersten Blick wie abgestorben aussieht. Der Tüpfelfarn, der in Europa häufig vorkommt, fühlt sich dagegen im Schatten auf der Nordseite der Mauer besonders wohl.
Die Mauerraute findet sich eher in den Ritzen. Sie bildet zusammen mit dem Tüpfelfarn und dem Milzfarn die nach ihr benannte Mauer-Rautengesellschaft (Asplenietum trichomano-rutae-murariae), die typisch für Weinanbaugebiete ist. Sie wächst vor allem auf Kalkfelsen oder auf kalkhaltigen Mörtel, der beim Aufbau und zum Reparieren der Mauer stellenweise verwendet wurde.
Fauna
Zahlreiche auf der rheinland-pfälzischen Roten Liste stehende Tiere leben in der Weinlage Jesuitenberg. Es handelt sich überwiegend um Arten, deren europäisches Hauptverbreitungsgebiet im Mittelmeerraum zu finden ist.
Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) tritt zwar südlich des 46. Breitengrades häufig auf. Weiter nördlich ist sie hingegen nur auf Wärmeinseln anzutreffen. Sie genießt in Rheinland-Pfalz auf der Roten Liste den höchsten Schutzstatus. Obwohl ihre Eier relativ kälteresistent sind, sind die Larven auf warme Gebiete angewiesen, damit sie im Frühjahr ausreichend Nahrung finden.
Die Mauereidechse (Podarcis muralis: Rote Liste D: Vorwarnstufe) gilt als bedroht. Sie fühlt sich besonders an klimatisch begünstigten Standorten wohl. Um sich vor extremen Temperaturen zu schützen, nutzt sie Ritzen und Zwischenräume in Felsen sowie Mauern. Die zusammenhängenden Areale reichen entlang von Mosel und Rhein bis ins südliche Nordrhein-Westfalen. Zu finden ist hier auch die deutschlandweit vorkommende Zauneidechse (Lacerta agilis - Rote Liste D: Vorwarnstufe). Die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens: Rote Liste RLP 3) profitiert von den pflanzenarmen Plätzen in den Weinbergen.
Die Larven der Ameisenjungfer (Myrmeleon formicarius - Rote Liste RLP: Vorwarnstufe), die Ameisenlöwen genannt werden, graben sich in den Sand ein. So entstehen Trichter, an dessen Ende sie auf herabfallende Beute lauern.
(Alexander Schumitz und Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel, 2024)