Am Palmberg herrscht eine große Vielfalt unterschiedlicher Biotope: Weinberge mit Trockenmauern und Felsen aus Kalkstein, klimatisch geschützt von einem oberhalb abschirmenden Laubwald-gürtel sowie Schluchtwälder mit Bach in einem engen Tal-einschnitt umgeben von artenreichen Blumenwiesen und Laubwäldern. Die hohe Anzahl an Orchideenarten und ebenfalls geschützter Tiere spricht genauso für die große ökologische Bedeutung, wie die komplette Ausweisung als Naturschutz- und FFH-Gebiet. Alles das ist wunderbar zu erleben auf der Traumschleife „Wein- und Naturpfad Palmberg Ahn“.
Landschaftliche Besonderheit/Landschaftsbild
Entstehung und Geologie
Klima
Flora
Fauna
Wein, Kultur, historische Bauten
Landschaftliche Besonderheit/Landschaftsbild
Das Landschaftsbild ist durch die vielen Weinberge charakterisiert, die im unteren Bereich eher sanft nivelliert sind, während im oberen Bereich Steillagen mit Trockenmauern auf einer Gesamtlänge von 550 m vorherrschen. Besonders in den nach Süden ausgerichteten Weinbergflächen ist die Hangneigung mit bis zu 50% recht steil. Zur Bearbeitung dieser Steillagen wurden hier viele Terrassen angelegt. Die aus Kalksteinen aufgebauten Trockenmauern waren und sind immer noch ein prägen-des Element der Landschaft im Moseltal. Sie sind ein wichtiges Habitat für seltene Tier- und Pflanzenarten. Im Jahr 2015 wurde deshalb ein Pilotprojekt zur Erhaltung und Restaurierung der Trockenmauern von der Natur- und Forstverwaltung (Administration de la nature et des forêts) mit Unterstützung der Gemeinde Wormeldange (Administration communale) und dem Weinbauinstitut in Remich (Institut viti-vinicole) ausgearbeitet. Ziel dieses Projektes war es, die nicht mehr bearbeiteten Parzellen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu rekultivieren. So sollte ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung des traditionellen Landschaftsbildes geleistet werden. Nachdem die erste Phase erfolgreich abgeschlossen ist, haben inzwischen einige Winzer den Wunsch geäußert, weitere Bereiche dieser Hanglagen restaurieren zu lassen. Dies wird nun in einem Folge-projekt umgesetzt.
Über den Weinbergen erstreckt sich am Hang eine üppige Grünzone: der Palm-berg. Den Namen hat dieser Berg von dem an der Luxemburger Mosel einmaligen Standort von Buchsbaum (Buxus sempervirens), der an manchen Stellen bis zu 8 m hochwächst. Dem Volksglauben nach vermochten Buchszweige, die am Palm-sonntag geschnitten und in der Kirche geweiht wurden, Blitz, Geister und Hexen abzuwehren.
Das Leuchtpunktgebiet ist als Naturschutzgebiet und FFH-Gebiet ausgewiesen. Entdecken und erleben kann man hier, entlang der Traumschleife „Wein- und Natur-pfad Palmberg Ahn“, eine einzigartige Vielfalt an Land-schaft, Geologie, Kultur, Weinbau, Pflanzen- und Tierarten.
Entstehung und Geologie
Das Moseltal hat sich im Laufe der Erdentstehungsgeschichte tief in die Landschaft hineingegraben. Dabei müssen wir rund 225 Mio. Jahre bis in die Zeit des Muschelkalks zurückgehen. Der hohe Salzgehalt des Meeres bedingte eine geringe Artenzahl mit einer hohen Anzahl von Individuen. Im unteren Talbereich lagerten sich kalkige und dolomitische Sande ab, es bildeten sich die Gesteine des Mittleren Muschelkalks mit eher flachwelligen Hängen, die zum Rutschen neigen. Die oberen Felsgesteine dagegen bestehen aus hartem Dolomitgestein des Oberen- und Hauptmuschelkalks. Dieses Gestein enthält Material aus fein zerriebenen Schalen von Meerestieren, vor allem aus Seelilien, die mit Seeigel und Seestern verwandt sind. Reste der Glieder dieser Seelilien findet man auf Gesteinsbrocken entlang des Wanderweges. Da das Gestein sehr hart und widerstandsfähig ist, wurde es häufig als Baumaterial verwendet. Bis 1959 wurde am Palmberg Dolomit abgebaut und vor allem als Unterbau im Straßenbau verwendet.
Die häufig flachgründigen Böden auf Muschelkalk sind besonders geeignet für den Anbau von Riesling. Die Rebsorte stellt zwar geringe Ansprüche an die Boden-beschaffenheit, aufgrund der späten Reifezeit jedoch hohe Ansprüche an die Lage der Weinberge.
Klima
Luxemburg weist klimatisch eine große Ähnlichkeit mit dem Westen Deutschlands auf. Es gehört ebenfalls zur gemäßigten Klimazone. Beeinflusst wird das Land vor allem durch die feuchten Luftmassen vom Atlantik, die das gesamte Jahr über von Westen heranziehen. Dies führt zu milden Wintern und gemäßigt-warmen Sommern. Besonders mild ist es im Südosten im geschützten Tal der Mosel. Dort fällt über das Jahr gesehen mit ca. 750 mm auch der geringste Nieder-schlag. Die durchschnittliche Jahrestemperatur an der Mosel beträgt ca. 11°C, wobei Juli und August mit ca. 20°C die wärmsten Monate sind. Januar und Februar haben eine Durchschnittstemperatur von ca. 1°C. Die durchschnittliche relative Luftfeuchtigkeit beträgt an der Mosel ca. 76 %.
Der Wind weht aus meist westlicher Richtung moderat bis kräftig. Die Ortschaft Ahn liegt windgeschützt in der Mündungsmulde des Donverbach. Oberhalb der Weinberge befinden sich Hecken und Bäume, die den Abfluss von kalter Luft in das Tal verhindern und dadurch die Reben gegen den Spätfrost schützen. In der Tat verursacht der Spätfrost regelmäßig hohe Ertragsverluste in den weniger geschützten Lagen des Luxemburger Weinanbaugebietes. Das gute Wärmespeichervermögen von Felsen und Mosel schafft zudem ein besonders günstiges Mikroklima. Da fast alle Weinberge gegen Süd-Südost exponiert sind, befinden sich die Rebflächen des Palmbergs insgesamt in bester klimatischer Lage.
Flora
Das milde Klima an der Mosel lässt am Palmberg viele Pflanzen wachsen, die in unseren Breiten-graden eher nicht zu vermuten sind. Dazu gehören zum Beispiel Buchsbaum (Buxus sempervirens) und Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium). Markante Pflanzen der Weinberge sind Weiße Fetthenne (Sedum album), Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre) und Königskerze (Verbascum speciosum). In den Magerwiesen findet man viele Wiesenkräuter wie Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) oder Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea). In den trockenen, ungenutzten Säumen ragt die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) eindrucksvoll empor. Besonders ist hier das Vorkommen des Zwerg-Holunders (Sambucus ebulus), der gerne entlang von Gehölzrändern wächst.
Im Schluchtwald des Donverbach findet man neben der Rotbuche (Fagus sylvatica) auch Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Sommerlinde (Tilia platyphyllus) und vereinzelt Eschen (Fraxinus excelsior). In der krautigen Schicht fühlen sich verschiedene Farne wie der oben beschriebene Hirschzungenfarn und der Tüpfelfarn (Polypodium vulgare) wohl. Auch eine Vielzahl von Moosen gedeihen in diesem Bereich.
Von sehr hohem Wert für den Naturschutz sind die zahlreichen streng geschützten Orchideen-vorkommen. Selbstverständlich sind das Pflücken und Ausgraben dieser besonderen Pflanzen tabu, zumal diese im eigenen Garten nicht gedeihen würden. Im Rahmen des Life Orchis-Programm werden auf einigen ehemaligen Weinbergterrassen Entbuschungsmaßnahmen durchgeführt und durch Ausbringen von Saatgut sollen verschiedene Sorten wieder angesiedelt werden. Im Bereich Palmberg sind folgende Orchideen-Arten zu finden:
- Helm-Knabenkraut (Orchis militaris)
- Manns-Knabenkraut (Orchis mascula)
- Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea)
- Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)
- Zweifarbige Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera ssp. bicolor)
- Hummel-Ragwurz (Ophrys holoserica)
- Nestwurz (Neottia nidus-avis)
- Ohnsporn (Aceras anthropophorum)
- Zweiblättrige Waldhyazinthe (Plantathera bifolia)
- Grünliche Waldhyazinthe (Plantathera chloranta)
- Breitblättrige Stendelwurz (Epipactus helleborine)
- Bleiches Waldvöglein (Cephalanthera damasonium)
- Großes Zweiblatt (Listera ovata)
Neben den obengenannten seltenen und teilweise geschützten Pflanzen muss hier unbedingt noch die Kopfweide genannt werden, die durch Ein-wirkung des Menschen ihre charakteristische, namensgebende Wuchsform bildet. Es sind entweder Silberweide (Salix alba) oder Bruch-weide (Salix fragilis), die vornehmlich für den Weinbau genutzt wurden. Im zeitigen Frühjahr werden die dünnen Triebe zum Aufbinden der Reben geschnitten. Das Weidenholz war ebenso gut zur Herstellung von Gerätestielen geeignet und wurde auch in der Korbflechterei verwendet. Dicke Äste wurden als Brennholz benutzt. An den Schnittstellen bilden sich häufig Faulstellen, die zu Baumhöhlen werden und so vielen Kleinstlebewesen und Vögeln Unterschlupf und Lebensraum bieten.
Fauna
Landschaftsbild, geologische Formationen und das milde Klima fördern natürlich auch einen großen Reichtum an Tierarten. Hier gilt es, in der Region um den Palmberg die verschiedenen Biotope zu differenzieren.
Der Palmberg mit seinen offenen Weinberglagen und dem Buchsbaum-Wald bildet ein kleines mediterran anmutendes Ökosystem und ist u.a. besonders für Schmetterlinge, Reptilien, Zikaden (z.B. Bergzikade (Cicadetta montana)) und Wanzen der geeignete Lebensraum. In den Fels-spalten und in den Trocken-mauern fühlt sich die Mauer-eidechse (Podarcis muralis) wohl. Sie braucht als wechselwarmes Tier die wärmende Sonne, auch zum „Ausbrüten“ ihrer Eier. Ihre Nahrung besteht vor allem aus Insekten. In direkter Nähe lebt der Jäger der Mauereidechse: die Glatt- oder Schlingnatter (Coronella austriaca). Sie bevorzugt als Lebensraum locker bebuschte Hänge und Geröllflächen in südexponierten Lagen. Im Gegensatz zur Mauereidechse legt die Schlingnatter Eier, aus denen direkt nach der Ablage kleine Nattern schlüpfen (ovovivar). Beide Arten sind europaweit geschützt.
Die Felsnasen und -spalten bieten verschiedenen Fledermausarten Unter-schlupf, so z.B. dem Großen Mausohr (Myotis myotis), der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und der sehr seltenen Mops-Fledermaus (Barbastella barbastellus). Im gesamten Naturschutzgebiet zwischen Palmberg und Kelsbach (Grevenmacher) konnten 20 von 21 in Luxemburg nachgewiesenen Fledermaus-arten beobachtet werden, für die der Palmberg ein bevorzugtes Jagdrevier und z.T. auch Überwinterungsgebiet darstellt.
Immer wieder sieht man verschiedene Raubvögel über den Weinbergflächen kreisen, wobei der Rote (Milvus milvus) und Schwarze Milan (Milvus migrans), der Sperber (Accipiter nisus) und Turmfalke (Falco tinnunculus) regelmäßig vorkommen. Im schlucht-waldähnlichen Bereich des Donverbach sind Wasseramsel (Cinclus cinclus) und Schafstelze (Motacilla flava) anzutreffen. Im Bachlauf selbst fühlt sich die Bachforelle (Salmo trutta fario) wohl.
Wein, Kultur, historische Bauten
Die Mündung des Donverbach bildete in früheren Zeiten ein Delta, wodurch das Land zwischen den einzelnen Mündungsarmen sumpfig und feucht war. Darauf weist auch der Ursprung des Ortsnamens Ahn hin, was so viel bedeutet wie „wasser-reicher und sumpfiger Ort“. Es wird vermutet, dass dieser Name aus vorrömischer oder sogar keltischer Zeit stammt. Heute ist der Donverbach z.T. kanalisiert und führt unterirdisch durch einen Teil des Dorfes.
Der 1766 unter Maria Theresia erstellte Katasterplan zeigt, dass es zu dieser Zeit in Ahn neben der Mühle 19 Häuser gab, in denen 105 Einwohner lebten. Eines der bemerkenswertesten Häuser befindet sich in der Rue de la Resistance Nr. 2. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert und war das erste aus Stein erbaute Gebäude in der Ortschaft. Es hatte keinen Keller, obwohl zu dieser Zeit in Ahn Landwirtschaft und Obstbau betrieben wurde. Im Haus selbst gibt es noch eine uralte offene Küche. Da es sich im Privatbesitz befindet, kann man es leider nicht besichtigen. Die vielen stattlichen Winzerhäuser in der Ortschaft stammen aus der Zeit um 1900.
Nachdem die Bevölkerung in dieser Gegend zunächst von Ackerbau, Viehzucht und Weinbau lebte, hat sich im Lauf der Zeit die Bewirtschaftung weitgehend auf den Weinbau ausgerichtet. Früher waren die Rebflächen sehr klein und stark zergliedert, was mit der zunehmenden Mechanisierung im Weinbau zu schwierigen Bedingungen in der Bearbeitung führte. So kam es in den 1950er Jahren zu ersten kleinflächigen Zusammenlegungen. In den 1970er Jahren wurde dann eine strukturierte Flurbereinigung (Remembrement) durchgeführt, d.h. es wurden größere zusammenhängende Flächen geschaffen, die sich zur maschinellen Bearbeitung besser eigneten. Waren zuvor über die Hälfte der Flächen nicht durch Wege erschlossen, konnten nun alle mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen erreicht werden. Die Flurbereinigung hatte aller-dings auch zur Folge, dass viele Flächen eingeebnet wurden und so zahlreiche der kleinflächigen Terrassen mit den typischen Trocken-mauern verschwanden. Das veränderte das Landschafts-bild stark und hatte gleich-zeitig einen negativen Einfluss auf die ökologische Vielfalt. Dem sollen die in Kapitel 2 beschriebenen Projekte zur Restaurierung von Trockenmauern heute entgegenwirken.
(Jutta Kanstein, Carsten Neß, Bernkastel-Kues, 2024)