Geschichte Die Burgstelle „Vigilienturm“ befindet sich nördlich von Bad Dürkheim am Südhang des Hagelsbergs (halsperge), der heute als Vigilienberg bezeichnet wird. Die Wehranlage befand sich damit „noch innerhalb des 1360 urkundlich erwähnten Burgfriedensbezirks von Burg Alt-Dürkheim“ (Keddigkeit 2007, S. 143). Letztlich spekulativ und vollkommen unbewiesen sind Überlegungen der Standort sei mit dem eines römerzeitlichen Warturmes identisch, bzw. der Vigilienturm sei die letzte Ausbaustufe eines bereits im 14. Jahrhundert erbauten Vorwerks von Burg und Stadt Dürkheim. Bei der Vigilienturm (Vigilien = die 4 Nachtwachen oder Vigilius = ein Märtyrer des 4. Jahrhunderts) genannten Befestigung handelt es sich jedoch weniger um eine Burg, sondern mehr um „den Typus eines abgesetzten Artilleriewerks, das auch als Beobachtungsturm diente“ (Keddigkeit 2007, S. 142). Die mit den Türmen „Trutzkaiser“ bei Heidelberg oder - besser - „Kleinfrankreich“ bei Erlenbach (Burg Berwartstein) sowie dem namenlosen Turm unmittelbar nordöstlich von Burg Falkenstein verwandte Befestigung ließen zwischen 1460 und 1464 die Grafen von Leinigen errichten. Sie bedienten sich dabei eines dafür eigens angeworbenen Baumeisters. Als Standort hatte man ein Areal nördlich der Isenach - wie bereits erwähnt - am Südrand des Hagelsberges ausgewählt., denn die Nutzung dieser Bergkuppe ermöglichte einerseits die artilleristische Vorfeldbeherrschung von Burg und Stadt und hinderte andererseits einen potentiellen Angreifer hier in Stellung zu gehen, bzw. Burg und Stadt aus der Überhöhung zu bedrohen. Nur wenig Jahre nach der Fertigstellung des Vigilenturms folgte im Zusammenhang mit der Belagerung (Bad) Dürkheims im Jahre 1471 die Bewährungsprobe. Damals hatten kurpfälzische Truppen Stadt und Burg eingeschlossen und Pfalzgraf Friedrich I. erwählte damals den Standort des hochmodernen Artillerieturms zum Ausgangspunkt seiner Attacken. Voraussetzung war jedoch die Einnahme des Turms. Der Propagandist des Pfalzgrafen Michel Beheim gewährte später in seiner Reimchronik dem Bollwerk (starckes bollwerck ... heißen Vilgesturm) und seiner Erstürmung viel Raum. Er berichtet von vielen Schießscharten (viel schiessfenster) und unterschiedlichen Geschütztypen der Verteidiger. Friedrichs I. ließ unter Leitung seines bewährten Büchsen- und Geschützmeisters Martin Merz „den Vigilienturm acht Tage lang belagern und mit schweren Steinkugeln (175 kg) heftig beschießen“ (Keddigkeit 2007, S. 143). Am 18. August 1471 traten die Kurpfälzer zum Sturmangriff an. Nach „mehrstündigem, verlustreichem, blutigem Kampf“ (Keddigkeit 2007, S. 143) eroberten die Truppen Friedrichs den Vigilenturm, Burg und Stadt. Die Sieger brannten den Turm nicht nur nieder, sondern man entfestigte die Wehranlage in Gänze. Selbst die umlaufenden Gräben ließ der Pfalzgraf verfüllen. 1529 wurde der Filges thurm samt seinem begriff (Fürstlich leiningisches Archiv Amorbach, Akt Nr. 6) letztmals ausdrücklich erwähnt, vielleicht ein Indiz für einen - wie auch immer gearteten - Wiederaufbau. In den nachfolgenden Jahrhunderten nutzte man die Bezeichnung Viglienturm ausschließlich als Flurnamen, letztlich ein deutlicher Hinweis auf Zerstörung und Auflassung. Der Otterberger Pfarrer Georg Knobloch, der 1835 im Besitz der Turmruine und des umliegenden Geländes war, verkaufte 1837 beides an den Dürkheimer Winzer Johannes Fitz. Letztere ließ das teilweise mit Schutt gefüllte, gleichwohl weitgehend erhaltene Turmuntergeschoss, das damals noch mehr als drei Meter aufragte, 1838 abbrechen und veräußerte die Steine (Vgl. Keddigkeit 2007, S. 144). 1842 ersetze er die Ruine durch das heute noch bestehende neoklassizistische Gebäude. Dieses Weinberghäuschen ging 1860 an den Weingutsbesitzer Johann Georg Zumstein über. Dessen Nachkommen überließen 1978 den repräsentativen Weinbergpavillon dem „Drachenfels-Club Verschönerungsverein Bad Dürkheim e.V“.
Baubeschreibung Der Vigilienturm war ein von Wall und Graben gesicherter, zentraler Wehrbau. Die Hauptfortifikation - der eigentliche Turm - war kreisrund. Der Außendurchmesser des wahrscheinlich mindestens zweigeschossigen Turms betrug sechs, der Innendurchmesser lediglich 3,1 Meter. Den Zugang zum Erdgeschoss ermöglichte eine - 1836/37 noch erhaltene - spitzbogige Pforte. Darüber hinaus wies das Untergeschoss damals lediglich eine schräg nach unten zeigende, feuerwaffentaugliche Schießscharte auf. Von weiteren Scharten im Erdgeschoss wird in „Beschreibungen des frühen 19. Jahrhunderts“ (Keddigkeit 2007, S. 144) berichtet. Das aufgehende Mauerwerk - große Glattquadern - des Turmstumpfs bestand „außen aus zwei, bzw. innen - auf den ersten Blick überraschend - drei Schichten behauener Sandsteinquader“ (Keddigkeit 2007, S. 144). Den Zwischenraum von Außen- und Innenschale hatte man offensichtlich mit Abraum verfüllt. „Die stärkere (dreischichtige) Innenmauer war identisch mit der Außenmauer des nächsthöheren Geschosses“ (Keddigkeit 2007, S. 144). Vor dem aufgehenden Mauerwerk des nun schlankeren Turms (Außendurchmesser von 4,2 Meter) befand sich in Höhe der Decke des 1. Obergeschosses ein (auskragender?) Wehrgang, dessen Bodenbelag in Lehm verlegte Sandsteinplatten aufwies. Eine dem Spitzbogeneingang im Erdgeschoss westlich benachbarte Wendeltreppe ermöglichte den Zutritt zu dem umlaufenden Wehrgang und das erste Obergeschoss. Weitere Aussagen zum Aussehen des Turmes sind letztlich unmöglich, da keinerlei gesicherte Nachrichten überliefert sind. Insbesondere sind die Anzahl weiterer Geschosse und der Turmabschluss unbekannt, „da dieser Bereich offensichtlich bereits im 15. Jahrhundert zerstört oder im Zusammenhang mit der Entfestigung abgebrochen wurde“ (Keddigkeit 2007, S. 144). Den zentralen Artillerieturm auf dem Gipfelplateau schützten tiefergelegene Gräben, künstliche Aufwallungen und eine Ringmauer als Abstandshindernisse. Der vorerwähnte Michel Behaim berichtet darüber hinaus von Palisaden. Der Graben sicherte sicherte „U-förmig lediglich die Nord- und Teile der Ost- und Westseite“ (Keddigkeit 2007, S. 144). Die Südseite blieb dagegen grabenlos, da der Vigilienberg hier recht steil ins Isenachtal abfällt. Die Reste der äußeren Fortifikationen, vor allem die Wälle, die noch 1833 Georg Michael Lehmann und 1836 Michael Frey sahen„ (Keddigkeit 2007, S. 146) wurden offensichtlich im Zuge der Umgestaltung des Areals 1838 eingeebnet.
(Jürgen Keddigkeit, Kaiserslautern, 2024)
Literatur
Dautermann; Feldmann; Klein; Zink (1978)
Chronik einer Salierstadt. Bad Dürkheim.
Heinz, Karl / Drachenfeld-Club (Hrsg.) (1985)
Der Vigilienturm. Bad Dürkheim.
Jürgen Keddigkeit; Ulrich Burkhart; Rolf Übel (2007)
Pfälzisches Burgenlexikon. IV.2, St - Z. S. 142-146, Kaiserslautern.
Lehmann, Johann G. (1834)
Das dürkheimer Thal. In: Geschichtliche Gemälde aus dem Rheinkreis Bayern, Heft 2, S. 37-40, Heidelberg.
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