Landschaftliche Besonderheit/Landschaftsbild
Umlaufberge entstehen, wenn sich zwei Prallhänge eines Mäanders durch Erosion soweit annähern, dass es zum Durchbruch des Mäanderhalses durch den Fluss kommt. Während der verkürzte Flusslauf zumeist an der einen Seite des Umlaufberges verbleibt, sind die anderen Seiten des Umlaufberges nunmehr durch das trocken gefallende ehemalige Flusstal umgeben. Einmalig für die Moselregion und wahrscheinlich ganz Deutschland ist, dass drei dieser Umlaufberge so eng benachbart liegen wie an diesem Leuchtpunkt. Zwischen dem Geisberg, umgeben von den Ortschaften Mülheim, Brauneberg, Veldenz und Burgen, sowie dem Maringer Berg, umgeben von den Ortschaften Maring-Noviand und Lieser fließt noch heute die Mosel. Der weiter nördlich gelegene Noviander Hüttenkopf ist der dritte Umlaufberg. Hier nutzen der Fluss Lieser und der Oestelbach den früheren Talraum der Mosel. Die südlich ausgerichteten Hänge der Umlaufberge, aber auch des heutigen Moseltals, sind durch den Steillagenweinbau geprägt. Die nördlich exponierten Hangbereiche sowie die Kuppen sind zumeist bewaldet. Eine Ausnahme bildet der in Nord-Südrichtung verlaufende langgestreckte Geisberg, dessen Flanken rundum mit Rebflächen bestockt sind und nur die schmale Kuppe Gehölzbewuchs aufweist.
Der gesamte Leuchtpunkt liegt im Landschaftsschutzgebiet „Moselgebiet zwischen Schweich und Koblenz“ und ist Teil der Historischen Kulturlandschaft Mosel. Der Moselabschnitt zwischen Braunberg, Mülheim und Lieser liegt im FFH-Gebiet Mosel. Neben den naturnahen Gewässerabschnitten, einem Weiden-Auwald am Moselufer östlich von Brauneberg, sind ursprüngliche Felsbereiche mit Felsfluren, Böschungskanten mit Feinschutthalden und gemäßigte Trockengebüsche nach § 30 BNatSchG pauschal unter Naturschutz gestellt. Dazu kommen einzelne Feucht- und Nasswiesen sowie Trockenmauern in den Weinbergen. Innerhalb des Leuchtpunktgebietes verläuft der Themenweg „Eidechse auf Moselsuche“. Hier wird auf zahlreichen Informationstafeln mit vielen Fotos und Illustrationen die Entstehungsgeschichte der Moselumlaufberge und die Ökologie der Leitart Mauereidechse anschaulich vermittelt. Auf einer größeren Fläche wurde ein Grünes Klassenzimmer angelegt, in dem zukünftig mit Kindern umweltpädagogisch entdeckt, gelernt und geforscht werden soll. Linksseitig der Mosel queren Moselsteig und Mosel-Camino den Leuchtpunkt. Rechtsseitig verläuft mit „Grafen, Gold und Scharzer Peter“ ein weiterer Themenweg teilweise im Leuchtpunktgebiet. Zusätzlich ergänzen Wanderwege des Ferienlands Bernkastel das Angebot.
Entstehung/Geologie
Die heute sichtbare Landschaftsgeschichte rund um die Umlaufberge begann vor etwa 400 Mio. Jahren im geologischen Zeitalter des Devons am Grunde eines flachen Meeres, dem „Rheinischen Trog“. Immer mehr Bodenmaterial wurde vom Land in das Meeresbecken geschwemmt. Nahe der Küste lagerten sich gröbere Sande ab, die feinen Tonpartikel sanken als Schlick in die tieferen Bereiche. Die Sedimentmengen erreichten eine Mächtigkeit von mehreren Kilometern. Enormer Druck und große Hitze verfestigten die Ablagerungen und verwandelten sie in ihrer Struktur. Aus Sand wurde Sandstein oder Quarzit, aus Ton wurde Tonschiefer, der Devon-Schiefer. Dieser Devon-Schiefer bildet heute den geologischen Untergrund, auf dem wir stehen - das Grundgestein unseres Rheinischen Schiefergebirges. Am Ende des Devons näherten sich die beiden Ur-Kontinente Laurussia und Gondwana von zwei Seiten dem „Rheinischen Trog“ an (Plattentektonik), bis sie egeneinander stießen und sich verkeilten. Der verfestigte Meeresboden hob sich an, Gesteinsschichten schoben sich übereinander, falteten sich auf. Eine riesige Gebirgskette, hoch wie die Alpen, türmte sich auf – das Variszische Gebirge. Es vergingen wieder viele Millionen Jahre, in denen das Gebirge intensiver Verwitterung ausgesetzt war und erodierte. Gleichzeitig gab es immer wieder Hebungsphasen. Das Ergebnis ist die Ausbildung einer fast ebenen Rumpffläche - unser Rheinisches Schiefergebirge. Die auf relativ gleichem Höhenniveau liegenden Hochflächen von Hunsrück und Eifel stellen die Reste dieser Rumpfflächen dar. Durch die intensiven Faltungen im Grundgebirge sind sie leicht wellig ausgeprägt. Aber Stillstand gibt es nicht: Die Erosion durch Wasser schuf Täler, die die Rumpffläche zerteilten. Das Eiszeitalter mit mehreren langanhaltenden Kalt- und wärmeren Zwischenzeiten sowie weiteren Hebungen des Rheinischen Schiefergebirges begann vor zweieinhalb Millionen Jahren. Ein wildes, sich stetig veränderndes Flusssystem entstand. Während der Kaltzeiten war die Mosel beinahe das ganze Jahr über zugefroren, es herrschte Dauerfrost. In den wärmeren Zwischenzeiten taute der Strom auf und führte gewaltige Mengen Schmelzwasser und Geröll mit sich. Phasen, in denen er Gestein abtrug (Erosion) und Phasen, in denen er enorme Geröllberge vor sich her schob und anhäufte (Akkumulation), wechselten sich ab. Die kiesigen Flussterrassen entstanden.
Die Mosel grub sich weiter in den Hunsrückschiefer und ihren eigenen Schotter ein, tat das aber nicht linear, sondern in teils deutlich ausgeprägten Mäandern. Im Unterschied zur Hauptterrasse befinden sich Mittelterrassen stets nur auf einer Uferseite, immer an der Innenkurve, also immer am Gleithang. Am gegenüberliegenden Ufer, der Außenkurve, steigt der steile Prallhang empor. Deshalb bezeichnet man das Moseltal als ein asymmetrisches Tal. Mit den nur schmal ausgebildeten Niederterrassen folgt wieder am Gleithang die jüngste Stufe im Moselengtal. Genau dort wurden später die Weinorte erbaut, weil die Niederterrassen von normalen Überschwemmungen verschont blieben. Innerhalb der oben beschriebenen Prozesse kam es im Leuchtpunktgebiet wiederholt zu Durchbrüchen an den immer enger werdenden Mäanderhälsen. Nach und nach verkürzte sich der Mosellauf und zurückblieben die drei Umlaufberge: der Mülheimer Geisberg, der Noviander Hüttenkopf und der Maringer Berg.
Klima
Mit der Brauneberger Juffer liegt einer der heißesten Standorte Deutschlands im Leuchtpunktgebiet. 1998 wurden mit 41,2 °C dort von der inoffiziellen Meteomedia- Wetterstation die bis dato höchste jemals in Deutschland gemessene Temperatur registriert. Durch die Größe und Vielgestaltigkeit des Leuchtpunktes wechseln aber die heißen sonnenexponierten Weinbergshänge mit schattigeren bewaldeten Hängen ab. Im Bereich der Talsohlen können sich auch verstärkt Spätfröste bilden. Das Lokalklima ist also durchaus variantenreich mit entsprechenden Auswirkungen auf die Flora und Fauna.
Flora
Die Pflanzenwelt ist so vielfältig wie die Landschaftselemente. An der Oberkante von Mosel- und Liesertal haben sich entlang von Felsbändern und steilen Böschungen Spezialisten trockener Standorte angesiedelt. Sie gehören den Familien der Mauerpfeffer-, Steinbrech-, Habichtskrautoder Laucharten an. Das Wimpern-Perlgras als Vertreter der Felsfluren ist ebenfalls stetig zu finden. Mit Schwerpunkt am Felsen an der Gemarkungsgrenze Kesten-Monzel sowie im Kammerfelsen oberhalb der Brauneberger Juffer wachsen der Milz- oder Schriftfarn, das Mauer-Felsenblümchen, das Nickende Leimkraut und der Aufrechte Ziest in den
felsigen Bereichen. Zu den natürlichen „Felsengärten“ gehören auch Sträucher wie Wolliger Schneeball, Französischer Ahorn oder Felsenbirne als Charakterarten Gemäßigter Trockengebüsche, die unter Naturschutz stehen. Oberhalb grenzen häufiger urwüchsige Eichen- Trockenwälder auf den flachgründigen Böden an.
Bedroht sind Felsengärten durch Suksession vor allem mit Brombeeren. Daher können diese moseltypischen Naturgärten ihre ökologische Wirksamkeit nur dann ganz entfalten, wenn sie kontinuierlich davon offen gehalten werden. Blühstreifen wurden teilweise entlang der Rebflächen und Wege angelegt. Junge Weinbergsbrachen und regelmäßig gemähte Wegespitzen haben den Charakter von Blumenwiesen. Auch zwischen den Rebzeilen nimmt der Anteil blühender Begrünungen zu. Hervorzuheben sind die Querterrassen in Maring-Noviand, deren Böschungen sich artenreich entwickeln.
Insgesamt sorgen Pflanzen wie Natternkopf, Wilde Möhre, Schafgabe, Dost, Kleines Habichtskraut, Großblütige Königskerzen oder Wilde Karde fast das ganze Sommerhalbjahr über für einen Blühhorizont. Artenreiche Wiesen wechselfeuchter Standorte sind noch in den Moselauen bei Brauneberg oder am Mandelgraben und Frohnbach nördlich von Burgen ausgebildet. An trockenen Standorte finden sich Magerwiesen zum Beispiel am Umlaufberg Geisberg mit Blutwurz, Rauer Segge, Kleinem Wiesenknopf und Schwarzer Flockenblume. Artenreichere Ausprägungen von Glatthaferwiesen gibt es stellenweise auch noch entlang des Wiesengrabens,
der oberhalb von Lieser durch ein Trockental fließt, das ursprünglich von der Mosel ausgebildet wurde. Im Grünen Klassenzimmer am Themenweg „Eidechse auf Moselsuche“ sind typische Nutzgehölze mit mediterranem Ursprung wie Esskastanie, Walnuss, Quitte oder Mispel angepflanzt. Der „Römische Garten“ zeigt die für mitteleuropäische Breitengrade außergewöhnliche Nähe der Moselregion zur Mittelmeerflora auf.
Fauna
Weit verbreitet und auch entlang der größtenteils verfugten Weinbergsmauern zu finden ist die streng geschützte Mauereidechse. In zwei Flurbereinigungen in Maring-Noviand und Osann-Monzel wurden spezielle Steinstrukturen für die Reptilien angelegt, die sowohl die Bestandsdichte als auch die lokale Biovernetzung deutlich verbessert haben. Seltener trifft die Schlingnatter auf, die Mauern mit angrenzende Brachflächen bevorzugt. Zahlreiche, darunter auch seltenere Schmetterlingsarten sind an den Blumenwiesen und Blühstreifen zu finden. Dazu gehören Segelfalter, Mauerfalter, Schwalbenschwanz oder der Russische Bär. Ab Juli ist die
Blauflügelige Ödlandschrecke auf vielen offenen Schotterwegen und Felsfluren zu finden. Gottesanbeterin und Hirschkäfer sind weitere herausragende Insektenarten. Entlang eines Felsbandes südlich der bewaldeten Kuppe des Maringer Bergs wird die Zippammer als Charaktervogel der Weinberge vermutet. Im Grünen Klassenzimmer wurde neben dem Rebhuhn auch die Waldschnepfe beobachtet, die bis in die Rebflächen flog. In den verbuschten Weinbergsbrachen treten Grasmückenarten wie Mönchs- Klapper- oder Dorngrasmücke häufig auf. Rund um Burgen sind Schwarzstorch und Eisvogel anzutreffen. Der Brauneberg bietet Lebensraum für Steinkauz und Uhu. Überall im Leuchtpunktgebiet zieht der Rotmilan seine Kreise. Als besondere Säugerart ist der Gartenschläfer im Leuchtpunktgebiet recht weit verbreitet. Auch die Wildkatze streift hier auf ihrem Weg zwischen Hunsrück und Eifel entlang und hält sich länger nur in den bewaldeten Kuppenbereichen auch der Umlaufberge auf.
Wein, Kultur, historische Bauten
Der Weinbau prägt die südexponierten Hänge sowohl der aktuellen Moselhänge, als auch die der Umlaufberge. Römische Kelteranlagen in Kesten oder Noviand zeigen die Jahrtausende alte Tradition. Alle Orte des Leuchtpunktes können sich somit zurecht als Weinorte bezeichnen. Unter den kirchlichen Gebäuden ragt die Paulskirche hervor. Bis zum 16. Jahrhundert war die wohl älteste Kirche der Region religiöser Mittelpunkt für zahlreiche Dörfer der Umgebung. Auch heute noch ist der kulturhistorische Bau am Oberhang des Tales nördlich von Lieser Anziehungspunkt für Gäste und Einheimische. Im Ort Lieser steht das gleichnamige Schloss mit einer eindrucksvollen Natursteinfassade aus ortstypischem Schiefer mit verspielten Fenstereinfassungen aus braunem Sandstein. Das Schloss wurde Ende des 19. Jahrhunderts von einer Industriellenfamilie errichtet und wird heute als Hotel genutzt. Südöstlich der Ortslage liegt das Schloss Veldenz. Die ehemalige Stammburg der Grafen von Veldenz aus dem 12. Jahrhundert mit renoviertem Rittersaal befindet sich heute im Privatbesitz. Bemerkenswert sind die zahlreichen Projekte zur Förderung der biologischen Vielfalt, die seit einigen Jahren in der Umlaufbergeregion laufen. Ausgehend von zunächst privaten Experimenten zur Entwicklung von Lebensraumhilfen für Mauereidechsen sind weitergehende Maßnahmen im Mandelgraben (Habitatverbund), zwischen Kesten und Monzel (Trittsteinbiotope), Weinlage Maring-Noviander Honigberg (Aufwertung von Weinbergsmauern) durchgeführt worden. Zusammen mit örtlichen Akteuren wurde in der Flurbereinigung im Honigberg der Themenweg „Eidechse auf Moselsuche“ angelegt.
Umweltpädagogisches Zentrum des Weges ist das Grüne Klassenzimmer, in dem bereits zahlreiche Aktionen v.a. mit Grundschulkindern durchgeführt wurden. Dazu gehört auch ein Streuobstwiesenprojekt, bei dem alte Apfelbäume nach Pflegeschnitten wieder in Nutzung genommen und aus dem Schnittgut Totholzbiotope angelegt wurden. Menschen in der Region engagieren sich seit einigen Jahren innerhalb der Naturparkinitiative Moselumlaufberge e.V. für die Unterschutzstellung der Umlaufberge an der Mittelmosel. Sie führen auch viele der oben genannten Maßnahmen durch und wollen sich insgesamt für eine nachhaltige Regionalentwicklung, eine naturverträgliche, landschaftsbezogene Erholung und mehr Öffentlichkeitsarbeit für die biologische Vielfalt in derRegion einsetzen. Weitere Naturschutzmaßnahmen und der Ausbau der umweltpädagogischen Aktivitäten sollen diesen Entwicklungsprozess begleiten.
(Carsten Neß, Mechthild Braun, Sibylle von Schuckmann-Karp, 2024)