Der Ort Hammah selbst liegt am nordöstlichen Rand der Geestkante, die in vorgeschichtlicher Zeit intensiv besiedelt und genutzt war. Die Grabanlagen befinden sich in rund 400 Metern Entfernung von der Geestkante. Zwischen Geest und der Sandinsel mit den Grabanlagen erstreckt sich eine Rinne, die bis zu vier Meter tief ist.
Die Sandinsel hat eine Länge von rund 1,2 Kilometern parallel zur heutigen Groß Sterneberger Straße. Das Gelände war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vom Kehdinger Moor bedeckt. Naturwissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass die Moorbildung vor mehr als 7.000 Jahren begann. Um 750 v. Chr. war die Sandinsel vom Moor umgeben, die Grabanlagen waren noch sichtbar. In der Folgezeit dehnte sich durch ansteigenden Meeresspiegel das wachsende Hochmoor über den Grabanlagen aus.
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Um 1897 legte man im Bereich der Sandinsel eine Moorkolonie an, aus der das heutige Groß Sterneberg hervorging. Ziel der Ansiedlung war es, das Moor zu entwässern und für eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung herzurichten. Dabei wurden im Jahr 1913 durch das Absinken der Mooroberfläche drei dicht beieinander liegende Findlinge sichtbar. Archäologische Untersuchungen konnten in der Zeit des Ersten Weltkrieges nicht durchgeführt werden. Nach Kriegsende verhinderte Lehrer Wilhelmi aus Groß-Sterneberg, dass einer der Findlinge als Kriegerdenkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen verwendet wurde. Es konnte jedoch eine Untersuchung des Provinzialmuseums in Hannover veranlasst werden.Die ersten Gräber untersuchte 1921 Karl Hermann Jacob-Friesen, weitere wurden 1948 und vor allem 1983 von der Universität Hamburg unter Leitung von Helmut Ziegert erforscht. 2011 fanden geomagnetische Untersuchungen statt, die Hinweise auf noch weitere Grabanlagen und andere Fundstellen ergaben.
Sicher nachgewiesen wurden bislang vier Grabhügel mit Großsteingräbern der Trichterbecherzeit (3.500–2.800 v. Chr.) und 18 Grabhügel, die überwiegend in die Bronzezeit datieren (2. Jahrtausend v. Chr.). Nicht alle dieser Anlagen sind erhalten geblieben.
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Die archäologischen Untersuchungen ergaben, dass in der Trichterbecherzeit die Großsteingräber 1, 9, 12 und 13 angelegt wurden, sicherlich auf trockenem Boden. Dabei erstreckte sich zwischen der Sandinsel und der Geestkante bereits ein flaches Moor. Vermutlich gab es zwischen den Siedlungen auf der Geest und den Grabanlagen einen befestigten Bohlenweg, für dessen Existenz es erste Hinweise gibt. In der Mittleren Bronzezeit (1.500–1.200 v. Chr.) errichtete man die weiteren Grabhügel. In der Jüngeren Bronzezeit (nach 1.000 v. Chr.) räumte man das Großsteingrab 1 aus und belegte es neu mit einer Brandbestattung. Weitere jüngerbronzezeitliche Nachbestattungen sind an anderen Grabhügeln belegt. Eine Nachbestattung im Grabhügel 1 zeigte die Nutzung noch in der Älteren Eisenzeit (um 750 v. Chr.). Danach konnte sich das Hochmoor über die Grabhügel ausbreiten.In einigen Fällen gab es Pflugspuren unter den bronzezeitlichen Hügelanschüttungen. Mit einem Alter von mehr als 3.200 Jahren gehören sie zu den ältesten Belegen für Ackerbau mit Pflug im Landkreis Stade. Unklar ist, ob es sich um Relikte der Landwirtschaft handelte, die später von den Grabanlagen überdeckt wurden, oder ob sich hier eine rituelle „Reinigung“ der Flächen zeigte, auf denen dann die Grabanlagen angelegt werden sollten.
Die Grabanlagen auf der Sandinsel können grob einer nordwestlichen und einer südöstlichen Gruppe zugewiesen werden. Die beiden am südöstlichen Ende des Grabhügelfeldes sichtbaren Großsteingräber 12 und 13 wurden 1921 untersucht. Grab 12 liegt westlich, Grab 13 östlich im Verlauf des heutigen Rundweges, der Grabhügel 14 unmittelbar bei der Wanderhütte.
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Grabhügel 12 (Großsteingrab Hammah 3) ist eine schlichte Steinkammer, ungefähr Ost-West ausgerichtet, aus vier Jochen bestehend. Die zehn Träger sind sämtlich vor Ort erhalten, die Decksteine fehlen. Die großen Zwischenräume zwischen den Tragsteinen waren sorgfältig durch Trockenmauerwerk aus plattigen Feldsteinen ausgefüllt. Die lichte Weite der Kammer beträgt 1,5 Meter auf 6 Meter. Die Kammer liegt in einem Hügel von 20 Metern Länge und 16 Metern Breite. In der Grabkammer wurden vier Feuersteinbeile, ein Klingenbruchstück, ein Feuersteinmesser und das Bruchstück eines Riesenbechers gefunden. Dies ermöglicht eine Datierung in das Jüngere Neolithikum, die Trichterbecherzeit (3.500 bis 2.800 v. Chr.).1978 wurde die Kammer unter Leitung des Kreispflegers B. Weiß restauriert. Die ehemalige Überdeckung aus Erde über der Steinkammer fehlt heute. Man muss sich die Grabanlage wie einen geschlossenen Hügel vorstellen, bei dem das eigentliche Grab nicht sichtbar war.
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Grabhügel 13 (Großsteingrab Hammah 2) ist eine schlichte Kammer in ungefährer Ost-West-Richtung. Obwohl der Abschlussstein im Osten fehlt, darf angenommen werden, dass die Kammer aus vier Jochen bestand. Die übrigen neun Träger sind vor Ort erhalten. Bei der Untersuchung 1921 waren nur zwei im östlichen Teil aufliegende Decksteine erhalten. Die lichte Weite der Kammer misst 1,5 Meter auf 5,5 Meter. Der Hügel, in dem sie liegt, war in Längsrichtung der Kammer 21 Meter lang und 18 Meter breit.In der mit Sand gefüllten Grabkammer fanden sich mehrere Gefäße, mehrere Feuersteinklingen und ein Feuersteinbeil. Diese Funde datieren in die Zeit der Trichterbecher (3.500 bis 2.800 v. Chr.).
1978 wurde die Grabanlage durch den Heimatpfleger B. Weiß rekonstruiert. Wissenschaftlich nicht unumstritten ist die Rekonstruktion der Decksteine, die in diesem Zustand nicht vorgefunden worden waren.
Grabhügel 14 liegt direkt am Waldrand in der Nähe der Wanderhütte am Beginn des Rundweges. Der Durchmesser beträgt rund 24 Meter bei einer erhaltenen Höhe von zwei Metern. Der Hügel ist gestört, der ursprüngliche Durchmesser betrug wohl 30 Meter. Große Teile der Hügelschüttung waren schon für Sandgewinnung abgefahren worden. Das Hügelinnere ist geplündert.
Der Grabhügel und die beiden Großsteingräber sind durch einen Rundweg im Wald zu begehen (nicht barrierefrei). Der Zugang erfolgt von der Groß Sterneberger Straße bei den Häusern 9 C und D. Der Zugang an der Straße ist ausgeschildert. Vor Ort finden sich eine Wanderhütte und Beschriftungstafeln. Die übrigen Grabhügel sind im Gelände nicht mehr sichtbar. Im Nordwesten des Grabhügelfeldes liegt das Großsteingrab Hammah 1, das ebenfalls zu besichtigen ist.
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Das Kehdinger Moor
Die Entstehung des Kehdinger Moores geht auf die letzte Eiszeit zurück. Vor 14.000 Jahren waren die Gletscher der letzten Eiszeit in Norddeutschland abgeschmolzen. Die Wassermassen formten das Elbe-Urstromtal, der Meeresspiegel stieg deutlich an. Mit nachlassendem Schmelzwasserabfluss entstanden verschiedene Rinnen – Oste und Elbe bildeten auch im Unterlauf getrennte Flussläufe. Es kam daher im tidebeeinflussten Bereich der Kehdinger Halbinsel häufig zu Überschwemmungen. Die Sturmfluten der Nordsee rissen einerseits tiefe Rinnen in den Untergrund (Priele und Nebenelben), hinterließen aber andererseits eine gewaltige Fracht an Schwebstoffen. Sande, Tone und organische Teilchen wurden vor allem im Bereich der Ufer abgelagert. Diese Sedimente bildeten die heutige Kehdinger Marsch mit einer Mächtigkeit von bis zu 18 Metern.
Zwischen den Uferwällen von Elbe und Oste liegt das Sietland – eine abflusslose Senke, in der sich Niederschlagswasser, das Süß- und Brackwasser nach Sturmfluten und das Hangquellwasser der Geest im Süden stauten. Der Wasserstand war recht niedrig und das Nährstoffangebot sehr hoch. Es entstanden daher weite Schilfröhrichte im mittleren und südlichen Teil. Im Norden förderte der Salzgehalt des Wassers das Wachstum der Meerstrandsimse. Auf Grund der dauernden Staunässe wurden abgestorbene Schilfwurzeln nicht zersetzt und es entstand in der Zeit von 5.000 bis 2000 v. Chr. eine Schilftorfschicht von bis zu drei Metern Mächtigkeit.
Um 2.000 v. Chr. trat eine entscheidende Wende in der Nährstoffversorgung des Niedermoores ein. Auf Grund der Höhe der Schilftorfschicht wurde das Kehdinger Moor nicht mehr mit nährstoffreichem Oberflächen- und Grundwasser versorgt. Nährstoffarmes Regenwasser speiste von nun an das Moor. Den Niedermoorpflanzen wurde die Lebensgrundlage entzogen und es siedelten sich die ersten Torfmoose an (Übergangsmoor). Diese hochspezialisierten Hungerkünstler prägten bis vor wenigen Jahrhunderten das gesamte Kehdinger Moor. Aus den abgestorbenen Torfmoospflanzen entwickelte sich eine Moos-Torfschicht von bis zu sechs Metern Mächtigkeit.
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Vor etwa 250 Jahren begannen Landarbeiter, die am Rande des Moores siedelten, unter allergrößten Mühen die Moorflächen zu kultivieren. Heute werden 90 Prozent der ursprünglichen Moorfläche in Kehdingen landwirtschaftlich genutzt. Dank moderner Mineraldünger können Nährstoffarmut und der extreme Säuregrad des Bodens heute zu Gunsten guter Erträge ausgeglichen werden. Durch die weitere Kultivierung von Moorflächen und den Zukauf von Nachbarflächen sind moderne landwirtschaftliche Betriebe entstanden, die unabhängig von den Marschenhöfen wirtschaften. Meist handelt es sich um Milchviehbetriebe. Die Flächen dieser Höfe werden überwiegend als Intensivgrünland zur Silagegewinnung oder als Weide, zunehmend auch für den Maisanbau genutzt. Die intensive Nutzung der Moorflächen gelingt nur dank moderner Schöpfwerke, der unterirdischen Entwässerung über Drainagerohre und der Kalkung und Düngung der ehemaligen Hochmoore. (nach Textbeiträgen des Vereins zur Förderung von Naturerlebnissen e.V.: verein-naturerlebnisse.de)
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(Claus Weber, Redaktion KuLaDig, 2024)Hinweis
Das Grabhügelfeld ist geschütztes Bodendenkmal.
Internet
www.wikiwand.com: Großsteingräber bei Hammah (abgerufen 22.8.2024)
verein-naturerlebnisse.de: Das Kehdinger Moor (abgerufen 22.8.2024)