Kulturhistorisches
Nachdem in den 1960er Jahren deutlich wurde, dass Bonn als Bundeshauptstadt ein längeres Provisorium werden sollte, wurde 1964/65 die Trabantenstadt „Heiderhof“ in den Kottenforst gebaut. Der Name Heiderhof stammt ursprünglich von dem Hof, der erstmals 1362 als „Hof Zer Heide“ genannt wird. So erhielt der 10 Hektar große, unmittelbar angrenzende, 1982 erbaute Friedhof seinen Namen. Vorab gab es Überlegungen, den Friedhof im Marienforster Tal oder im Stadtwald anzulegen. Diese Flächen erwiesen sich allerdings aufgrund der geologischen Gegebenheiten als ungeeignet.
Nach einer dreijährigen Planungs- und Realisierungsphase durch das Landschaftsarchitektenbüro „Raderschall, Möhrer und Peters“ wurde der erste Bauabschnitt und eine schlicht geklinkerte Friedhofskapelle 1982 eingeweiht. In dieser Zeit entstand eine Fläche für 700 Wahl- oder Reihengräber. Davon waren 175 Plätze als Urnengräber vorgesehen. Das Gelände im Kottenforst ist als Wald im Großen und Ganzen bestehen geblieben und der Friedhof in diese Fläche integriert worden. Die Erhaltung der landschaftlichen Situation war auch das erklärte Ziel des Büros. Darüber hinaus hatte das Areal eine verbindende Funktion zwischen Wald- und Flurlandschaft und den umliegenden Siedlungen. In den alten Baumbestand sind die Grabflächen zum Teil terrassenartig angelegt, die über rampenartig geführte Wege erreichbar sind. Es gibt nur wenige Treppen auf dem Gelände. Das Oberflächenwasser des Friedhofes wird in Kanälen gesammelt und fließt in einen Teich als nutzbringendes Feuchtgebiet.
Es gibt verschiedene Bestattungsformen: Nah am Eingang gibt es den Friedhain, eine Wiese mit Bäumen, in deren Traufbereich Urnenbeisetzungen stattfinden. An einem zentralen Gedenkplatz sind die Verstorbenen namentlich erwähnt, und es besteht die Möglichkeit, Blumen niederzulegen. Auf dem Friedhof sind der Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Waldkrankenhauses, Professor Gerhard Ott (1929 bis 2001), und die Historikerin Irmgard Wolf (1913 bis 2005) beerdigt.
Naturkundliches
Der Waldfriedhof liegt im Landschaftsschutzgebiet (Waldgebiete Lyngsberg, Cäcilienhöhe und Heiderhof Süd) angrenzend an einen strukturreichen Laubmischwald im Südwesten und einem weichholzreichen Bachtal im Osten. Im Süden schließen Obstbauplantagen an. Der Friedhof ist ausgesprochen altholzreich: So finden sich viele ältere und starke Laub- und Nadelbäume (Kiefern, Eichen, Buchen u.a.) mit vielen Baumhöhlen und sogar eine alte Schwarzspechthöhle in einer Buche.
Der Waldfriedhof Heiderhof wirkt durch seine Größe und durch seine Lage mitten im Wald eher wie ein waldähnlicher Park. In vielen Abschnitten gibt es keine Gräberfelder. Unterhalb der Kapelle finden sich magere Wiesen auf denen u.a. Echter Ehrenpreis (Veronica officinalis), Ferkelkraut (Hypochaeris radicata) und Gemeine Braunelle (Prunella vulgaris) wachsen. Im Südosten auf den Terrassen wachsen mäßig artenreiche Fettwiesen. Hier kommen u.a. Pastinake (Pastinaca sativa), Geflecktes Johanniskraut (Hypericum maculatum) oder Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) vor. Eine Besonderheit stellt eine Waldorchidee, die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine), dar. Im deutlich nährstoffärmeren unteren Teil der Terrassen kommen neben Wildem Dost (Origanum vulgare) und der Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) auch Wiesen-Storchschnabel (Geranium pratensis). Insgesamt 58 Wildblumenarten wurden kartiert. Damit gehört der Friedhof zu den mäßig artenreichen Bonner Friedhöfen.
In den Jahren 2021 und 2023 wurden einzelne Bereiche als Wildblumenwiesen aufgewertet. Besonderes die Wildblumenwiese unterhalb der Kapelle ist ein Blickfang.
Im Jahr 2021 brüteten 34 Vogelarten auf dem Friedhof oder nutzten ihn als erweitertes Brutrevier, womit der Waldfriedhof der vogelreichste Bonner Friedhof ist: Es finden sich vor allem höhlenbewohnende Arten wie Buntspecht, Waldbaumläufer, Star und Sumpfmeise. Eine Besonderheit ist der Grauschnäpper, der im Umfeld der Kapelle brütet. Typische Waldbewohner wie Hohltaube, Mittelspecht, Kleinspecht, Habicht und Waldkauz brüteten im angrenzenden Wald und nutzten den Friedhof als Teilrevier. Zudem konnte in räumlicher Nähe auch der Schwarzspecht trommelnd und rufend erfasst werden. Inklusive außerhalb brütender Vögel wurden 2020 127,5 Brutreviere erfasst, die oben genannten Randbrüter eingeschlossen. Das Nistkastenangebot ist außerordentlich hoch, viele Vögel finden allerdings auch Brutstätten in vorhandenen Naturhöhlen.
Auf dem Waldfriedhof kommen zwei Reptilienarten vor: Waldeidechse und Ringelnatter. Für diese beiden Arten haben Friedhofsmitarbeitende auf der untersten Terrasse große Totholzhaufen errichtet.
(Monika Hachtel und Peter Tröltzsch, Biologische Station Bonn / Rhein-Erft; Claudia Feldhaus, Bundesstadt Bonn, 2023)
Internet
www.bonn.de: Waldfriedhof Heiderhof (abgerufen 25.11.2024)