Die im Jahr 1929 errichtete Bronzefigur „Der letzte Handweber“ in Hilden erinnert an die in Hilden noch lange gepflegte alte Handwerkskunst des Handwebens.
Das Handwerk der Handweberei Im Rheinland gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch viele Handweber. Sie arbeiteten mit Handwebstühlen von zu Hause aus und woben Seidentücher und Baumwollstoffe. Üblicherweise halfen alle Familienmitglieder bei der Arbeit. Verkauft wurde die Ware an einen Kontoristen in der nächsten größeren Stadt, der dem Handweber auch die Rohstoffe für den Fortgang der Arbeit lieferte. Handweber waren keine Angestellten. Sie konnten sich ihre Arbeitszeiten frei einteilen und nebenher ein wenig Landwirtschaft oder Nutzviehhaltung betreiben. In Hilden lebten geschickte, erfahrene Handweber, die einen erheblichen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufstieg Hildens leisteten. 1849 arbeiteten 100 von ihnen für den Textilunternehmer Johann Wilhelm Kampf (1799-1875).
1886 kamen bei der Textilfirma Kampf & Spindler die ersten mechanischen Webstühle zum Einsatz. Bereits 1896 war das mechanische Verfahren so weit verbessert, dass Produkte in einer Qualität produziert werden konnten, die vorher nur handwerklich möglich war. Die industrielle Produktion verdrängte zunehmend die alte Handwerkskunst.
Das Hildener Handweber-Denkmal 1913 lieferte Carl Hasbach, der letzte Handweber Hildens, sein letztes in Heimarbeit angefertigtes Webstück ab. Der damalige Firmendirektor Paul Spindler (1872-1949) war sich der historischen Bedeutung dieses Augenblicks bewusst und war entschlossen, die traditionelle Handwerkerkultur würdigen. Carl Hasbach wurde von allen Seiten fotografiert. Nach dieser Vorlage schuf der Düsseldorfer Bildhauer Rudolf Zieseniss (1885-1959) ein naturalistisches, 140 Zentimeter hohes Bronzedenkmal. Der Sockel misst ca. 40 Zentimeter Höhe. Es zeigt Hasbach „Pfeife schmauchend, angetan mit dem guten Rock, den Warenbaum mit dem daran hängenden Bobinensack (Spulen für Garn oder Tuch wurden Bobinen genannt) geschultert.“ (Ulrike Unger) Der Bildhauer Rudolf Zieseniss studierte an den Kunstakademien in Karlsruhe und Düsseldorf als Schüler von Hermann Volz (1847-1941) und Karl Ludwig Rudolf Janssen (1855-1927, auch Carl Janssen). Nach seinem Kriegsdienst 1914-1918 arbeitete Zieseniss in Düsseldorf als Porträtmaler und Bildhauer. Sein Stil war überwiegend naturalistisch. Bevorzugte Themen seines Werks waren Darstellungen aus dem Arbeiterleben und weibliche Akte. In einigen seiner Arbeiten erkennen Fachleute den Einfluss des bedeutenden Bildhauers, Grafikers und Medailleurs Wilhelm Lehmbruck (1881-1919), der zur gleichen Zeit wie Zieseniss an der Kunstakademie Düsseldorf studierte.
Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die Unsicherheiten der Nachkriegsjahre verzögerte sich die Aufstellung des Denkmals. Erst 1929 fand es seinen Platz vor dem Eingang des neuen Verwaltungsgebäudes in der Hofstraße und wurde enthüllt, begleitet von einem Festakt. Carl Hasbach hat die Errichtung des Denkmals selbst nicht mehr erlebt: Er starb 1922.
Heute steht seine Figur am Tucherweg an der Kreuzung Berliner Straße / Hochdahler Straße. Hier befanden sich bis 1970 ebenfalls Produktionsstätten der Paul-Spindler-Werke.
(Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz, im Auftrag des Kulturamts der Stadt Hilden, 2024)
Internet www.zeitspurensuche.de: Die Weber in Hilden, 19. Jahrhundert (abgerufen am 04.07.2024) geoportal.hilden.de: Geoportal Hilden, Kunst im öffentlichen Raum, „Rudolf Zieseniss, Der letzte Handweber (Bronze, 1929)“ (PDF-Dokument, 137 kB, abgerufen 02.07.2024) de.wikipedia.org: Rudolf Zieseniss (abgerufen 02.07.2024) de.wikipedia.org: Kampf & Spindler (abgerufen 02.07.2024) de.wikipedia.org: Liste der Denkmäler in Hilden (abgerufen 02.07.2024)
Literatur
Ebert, Michael; Unger, Ulrike (1986)
Dönekes und Heimatkunde. Geschichte und Geschichten aus Hilden. S. 32-33, Düsseldorf.
Wennig, Wolfgang / Stadt Hilden (Hrsg.) (1974)
Geschichte der Hildener Industrie von den Anfängen gewerblicher Tätigkeit bis zum Jahre 1900. (Niederbergische Beiträge, Bd. 30.) Hilden.
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Empfohlene Zitierweise
Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz: „Bronzefigur „Der letzte Handweber“ in Hilden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-354146 (Abgerufen: 5. Dezember 2024)
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