Anfänge der Gefallenenehrung in Kaarst
Der lange Weg zur Errichtung des Denkmals
Das Kaarster Kriegerdenkmal
Weitere Entwicklung und heutige Nutzung des Denkmals
Baudenkmal
Quellen, Internet, Literatur
Anfänge der Gefallenenehrung in Kaarst
Bereits nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 hatte die Gemeinde Kaarst der drei in diesem Kriege gefallenen Soldaten mit einer Gedenktafel in der katholischen Pfarrkirche St. Martinus gedacht. Diese wurde allerdings bei einer Renovierung in den 1920er-Jahren entfernt und nicht wieder angebracht (Kirchhoff 1987, S. 383).
Bereits kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs kam in der Kaarster Bevölkerung der Wunsch auf, den 79 Gefallenen des Ortes zu gedenken. Im Jahr 1919 konnte auf Antrag der Vereinigung Kriegsgeschädigter des Deutschen Reiches, Ortsgruppe Kaarst, sowie nach der Genehmigung durch Gemeinderat, Bürgermeister und Pfarrer eine Gedenktafel in der Kirche Alt St. Martinus angebracht werden. Auch diese Tafel wurde anlässlich einer Renovierung entfernt und nicht wieder angebracht.
Der lange Weg zur Errichtung des Denkmals
Weil die Gedenktafel in der Pfarrkirche der Kaarster Bevölkerung nicht ausreichte, beschloss der Gemeinderat unter Leitung von Bürgermeister Ferdinand Bergerfurth, für die gefallenen Soldaten ein würdiges Kriegerdenkmal zu errichten. Man bildete eine Kommission, der Bürgermeister Bergerfurth, Pfarrer Leonhard Joseph Lejoly, der Beigeordnete Carl Wierichs sowie die Gemeinderatsmitglieder Peter Götzen, Heinrich Küppers, Willi Michels und Leo Klövekorn angehörten. Später wurden noch der Schraubenfabrikant Werner Schaurte und Johann Palmen, Vorsitzender der Kriegsbeschädigten-Vereinigung, in das Komitee für das Kriegerdenkmal aufgenommen.
Zwischen Herbst 1921 und Sommer 1922 fragte Bürgermeister Bergerfurth bei zahlreichen Bildhauern Entwürfe für das geplante Kriegerdenkmal an, doch konnte zunächst keine positive Entscheidung getroffen werden. Sämtliche eingereichten Entwürfe fanden entweder nicht die uneingeschränkte Zustimmung des Gemeinderates und der Kommission oder scheiterten an den Kosten.
Gleichzeitig wurden in Kaarst die Bemühungen um die Finanzierung des Denkmals intensiviert und Spenden gesammelt. Am 26. Januar 1922 hinterlegte die Gemeinde Kaarst schließlich einen Betrag in Höhe von 60.584,98 Mark bei der Kreissparkasse Neuss-Land für die Errichtung des Kriegerdenkmals. Wenige Tage später konnte auch die Suche nach einem geeigneten Grundstück für das Denkmal erfolgreich abgeschlossen werden. Am 15. Februar 1922 beurkundete ein Notar den Kauf des Grundstücks für das Ehrenmal an der Ecke Maubis-/ Friedensstraße.
Nach den zahlreichen Entwürfen, denen man entweder nicht zustimmen wollte oder die aus anderen Gründen gescheitert waren, wurde im November 1922 der an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule ausgebildete und in Neuss wohnhafte Künstler Oswald Causin gebeten, einen Entwurf zu erstellen. Mit seiner Vorstellung eines Reliefs, das einen Ritter zu Pferde in altrömischer Rüstung zeigt, wich dieser von den üblichen Darstellungen ab. Der Entwurf Oswald Causins stieß bei den Kaarster Entscheidungsträgern auf Zustimmung.
Am 12. Mai 1925 beschloss die Kriegerdenkmal-Kommission das Modell des Künstlers Oswald Causin umzusetzen. Der Muschelkalkstein sollte von der Firma Stein-Industrie Vetter, Düsseldorf, geliefert und die Steinmetzarbeiten von der Firma Klauke aus Neuss ausgeführt werden. Letztendlich forderte die Firma Vetter für den Stein 4.064 Mark, wegen nicht vorhersehbarer Aufwände. Das große Mittelstück zerbrach wiederholt.
Die Vergabe des Auftrags an Oswald Causin führte zu einem Disput mit dem Arbeitsausschuss der Rheinischen Beratungsstelle für Kriegerehrungen. Der begutachtende Architekt war Gustav Adolf Munzer, der im Vorfeld selbst Entwürfe eingereicht hatte, aber nicht zum Zuge kam. Laut der Stellungnahme Munzers war der Entwurf Causins künstlerisch wertlos. Die Gemeinde holte selbst mehrere Gutachten ein, die den künstlerischen Wert des Causin-Modells bestätigten. Letztendlich wurde der Entwurf Oswald Causins von der Rheinischen Beratungsstelle für Kriegerehrungen genehmigt.
Nach über sieben Jahren Planung und Diskussionen beschloss die Kommission am 1. August 1925 den Auftrag an Causin zu vergeben. Die Finanzierung stand, die erforderlichen Verträge wurden geschlossen.
Am 12. August 1925 wandte sich Bürgermeister Bergerfurth per Bekanntmachung an die Kaarster Bürgerschaft und forderte sie auf, alle Namen der im Ersten Weltkrieg Gefallenen anzugeben:
„Bei Errichtung des Kriegerdenkmals für die Gefallenen der hiesigen Gemeinde soll auch eine Ehrentafel angebracht werden, die die sämtlichen Namen der im letzten Kriege Gefallenen enthält. Um die Gewißheit zu erhalten, daß auch alle gefallenen Krieger genannt werden, bitte ich die Hinterbliebenen (Eltern, Witwen, Geschwister oder Kinder) mir bis zum 22. August die vollen Namen der Gefallenen ihrer Familie auf dem hiesigen Bürgermeisteramte anzugeben.“
Das Grundstück, auf dem das Ehrenmal errichtet werden sollte, gehörte ursprünglich der Familie Schop-Klömpges. Sie überließ es der Gemeinde Kaarst für einen Morgen Land an der Halestraße. Das Denkmal wurde im Oktober durch die Baufirma Bernhard Hoeveler aus Büttgen für 640 Mark aufgestellt. Bis Dezember mussten noch einige kleinere Beschädigungen durch den Steinmetz Klauke behoben werden. Die Schmiede und Schlosserei Lorenz Caris aus Kaarst berechnete für die Umzäunung des Kriegerdenkmals und für das drei Meter breite Tor 250 Mark.
Das Kaarster Kriegerdenkmal
Das Kriegerdenkmal besteht aus Muschelkalkstein aus Unterfranken, seine Höhe beträgt von der Erde des Platzes aus vier Meter.
Ein großes Hochrelief auf der Vorderseite des Denkmals präsentiert, künstlerisch wunderbar dargestellt, einen zielbewusst voranreitenden Ritter in altrömischer Rüstung mit geschultertem Schwert.
Unter dem Relief des Reiters sind die Worte des umstrittenen Dichters Heinrich Lersch aus dem Jahr 1914 eingemeißelt: „Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen“.
An den Seitenwänden sind zwei von Pastor Leonhard Lejoly verfasste Sprüche, die sich auf Karl den Großen und den Heiligen Martin beziehen, zu lesen:
Karl gab uns den Namen,
Der erste große Kaiser
Lasst uns treu dem Reiche,
Das Land der Väter lieben!
St. Martin uns behüt'
Erhalt uns Gottes Furcht'
Treuhelfende Bruderlieb'
Selbstlosen Bürgersinn!
Der erste große Kaiser
Lasst uns treu dem Reiche,
Das Land der Väter lieben!
St. Martin uns behüt'
Erhalt uns Gottes Furcht'
Treuhelfende Bruderlieb'
Selbstlosen Bürgersinn!
Zusätzlich zieren die Seitenwände zwei Zitate aus der Bibel: „Eine größere Liebe als diese hat niemand, dass er nämlich sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Johannes 15, 13) sowie „Sie sprachen: Ist unsere Zeit gekommen, so lasset uns nämlich sterben für unsere Brüder“ (1 Makkabäer 9,37).
Die Inschriften auf der Vorderseite und auf beiden Seitenteilen sowie die Rosetten mit Schwertern und Eisernem Kreuz auf der rechten und linken Seite wurden im Januar 1926 fertig gestellt. Die Namen der 79 Gefallenen wurden auf der Rückseite eingemeißelt.
Frühzeitig machte sich Bürgermeister Bergerfurth Gedanken über den Ablauf der Enthüllungszeremonie und brachte ausführliche Planungen zu Papier. Am 16. Mai 1926 wurde das Kriegerdenkmal schließlich in Anwesenheit von Pfarrer Leonhard Lejoly und Bürgermeister Ferdinand Bergerfurth sowie zahlreichen Ehrengästen und unter reger Beteiligung der Bevölkerung feierlich mit einem Festgottesdienst eingeweiht.
Weitere Entwicklung und heutige Nutzung des Denkmals
Nach dem Zweiten Weltkrieg beauftragte der Büttgener Amtsdirektor Paul Reuber, der auch für die Gemeinde Kaarst zuständig war, am 3. Januar 1947 den Neusser Steinmetz Adolf Klauke, die seitlich am Ehrenmal angebrachten Rosetten und die auf der Vorderseite des Denkmals eingemeißelte Verszeile Heinrich Lerschs zu entfernen. Zu den Änderungen kam es jedoch nicht, da Klauke bereits 1944 verstorben war (Stadtarchiv Kaarst A 5 Nr. 38). Witterungsbedingt in einem schlechten Zustand, sind die Rosetten und die problematische Dichtung Lerschs bis heute erhalten geblieben.
In den folgenden Jahrzehnten war das Ehrenmal fester Bestandteil des Kaarster Gemeindelebens, zu unterschiedlichen Anlässen fanden etwa Kranzniederlegungen statt.
Anlässlich des 550-jährigen Jubiläums der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft im Jahre 2000 wurden das Denkmal und die gesamte Anlage renoviert und restauriert. Die Arbeiten wurden, soweit möglich, von den Schützen selbst erledigt. Das Denkmal wurde gereinigt, die Rohrumrandung entfernt, das Umfeld gepflastert, eine Bronzetafel mit den Namen der Gefallenen beider Weltkriege - allerdings unvollständig und teilweise fehlerhaft - am Fuße der Denkmalrückseite angebracht und Bodenstrahler zur Beleuchtung des Denkmals installiert. Spezielle Arbeiten führten ortsansässige Firmen durch. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgte aus Mitteln der Bruderschaft und durch Spenden.
Auch heute noch versammeln sich die Schützen am zweiten Sonntag im Juni, zu Beginn des großen Volks- und Heimatfestes, am Kaarster Kriegerdenkmal, um der Gefallenen und Verstorbenen der Weltkriege zu gedenken. Im Rahmen einer Kranzniederlegung und eines großen Zapfenstreiches wird auch der Verstorbenen der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft gedacht. Zur traditionellen Jahreshauptversammlung der Bruderschaft im Januar findet jedes Jahr eine Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal statt. Ebenso erfolgt eine Kranzniederlegung am Samstag vor dem Volkstrauertag durch den Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands sowie eine im Auftrag der Stadt Kaarst. Zu unterschiedlichen Anlässen (etwa Vereinsjubiläen) finden im Laufe des Jahres weitere Totenehrungen am Ehrenmal statt.
Baudenkmal
Das „Ehrenmal Kaarst“ ist ein eingetragenes Baudenkmal der Stadt Kaarst (Nr. 42, Eintragung vom 21. November 1986).
(Arbeitskreis Stadtgeschichte im Stadtarchiv Kaarst, Arbeitsgruppe Wegekreuze, 2017)
Quellen
- Stadtarchiv Kaarst A 5 Nr. 38
- Stadtarchiv Kaarst A 1 Nr. 381
Internet
www.kaarst.de: Ehrenmal Friedensstraße / Maubisstraße (abgerufen: 04.07.2024)
www.kaarst.de: Denkmalliste der Stadt Kaarst (abgerufen: 04.07.2024)