Hier, auf der Höhe dieser sich im Norden fast zu einem Kreis verengenden Flußschlinge, erhob sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine der gewaltigsten Festungen ihrer Zeit, die später dem ganzen Berg den stolzen Namen geben sollte, den sie im Juli 1687 vom französischen König, Ludwig dem XIV., erhalten hatte.
Die kurze Geschichte der Festung
Mont-Royal war eine Gipfelfestung in Feindesland, eine Festung, die zwischen der schon 1674 eingenommenen kurfürstlichen Festung Trier und der nie eroberten Koblenzer Ehrenbreitstein lag und so „das obere vom niederen Erzstift trennte und beide beherrschte“.
Durch eine unglückliche Formulierung im Vertrag von Münster (1648) fühlte sich Ludwig XIV. berechtigt, nicht nur alle ehemaligen Lehen der Bistümer Metz, Toul und Verdun, sondern auch deren „dépendances“ oder „appartenances“ zu vereinnahmen und wieder mit Frankreich zu „vereinen“.
So wurde die Grafschaft Veldenz, als Lehen des Bistums Verdun, am 12.4.1680 reuniert – und obwohl die Grafen von Veldenz im 15. Jahrhundert für nur sieben Jahre - gemeinsam mit dem Markgraf von Baden - die Grafschaft Sponheim beerbt und verwaltet hatten, reichte dies dem Kriegsminister Louvois und der Reunionskammer in Metz , um Ansprüche auch auf Trarbach zu erheben.
Am 17.5.1681 wurden der sponheimische Oberamtssitz Trarbach und die Grevenburg kurzerhand von französischen Truppen besetzt – und obwohl diese Maßnahme bei den deutschen Kurfürsten Protest und vor dem Regensburger Reichstag wegen offensichtlicher Fälschung der Datierung wichtiger Beweisstücke die sog. „Affaire de Trarbach“ auslöste, wurde Trarbach und Umgebung als französisches Territorium vereinnahmt, und das bereits sechs Jahre bevor man mit dem Bau des Mont Royal begann.
Dies geschah im Jahre 1687 ganz offensichtlich im Hinblick auf zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen. Die mächtige Festungsanlage wurde innerhalb von 5 Jahren (1687–1692) so weit fertiggestellt, daß sie, verteidigungsbereit, eine ganze Armee mit den nötigen Lebensmitteln, Waffen und Munition ausrüsten und versorgen konnte.
Aber schon bald nachdem sich (1692/93) das Kriegsglück Ludwigs des XIV. wendete, wurde die militärische Notwendigkeit der Moselfestung mehr und mehr in Frage gestellt.
In einer Denkschrift vom Januar 1694 bezeichnete ihr Erbauer Vauban selbst den Mont-Royal als Stein des Anstoßes („pierre de scandale“) , den man im Hinblick auf zukünftige Friedensverhandlungen aufgeben und als Tauschobjekt nutzen sollte. (Vauban, S. 53)
1697, im Friedensvertrag von Rijswijk, wurde im § 25 das Todesurteil der Festung Mont Royal gefällt und besiegelt – Straßburg wurde französisch und dafür sprengten im Frühjahr 1698 die in diesen Dingen hinreichend erfahrenen französischen „mineurs“ ihre eigene Festung.
Der Bau der Festung
Mit dem Bau der Festung war in den Sommermonaten des Jahres 1687 begonnen worden – und sie wurde schon kaum 11 Jahre später im Frühjahr 1698 wieder geschleift.
In dieser kurzen Zeit wurde eine der acht „Neuen Festungsstädte“ Vaubans ex nihilo, d.h. auf der grünen Wiese und in einem Guß, aus dem Boden gestampft, eine gigantische Musterfestung mit ungewöhnlich weiträumigem verschanztem Feldlager (camp retranché) errichtet, die gesamte Anlage auf dem Halbinselberg mit einer wehrtüchtigen Uferbefestigung versehen und das mittelalterliche Trarbacher Schloß zu einer modernen Bergfeste umgestaltet, mit Wehrtürmen, Kasematten und kleinen Forts ausgestattet und als Vorfeste des Mont Royal in das Befestigungswerk einbezogen.
Die Festung war nicht nur eine überdimensionale Garnisonsstadt mit mehr als 8.000 Soldaten – und für die Versorgung ganzer durchziehender Armeen bestens gerüstet. Mont-Royal war auch das Verwaltungszentrum eines Departments der 1685 gegründeten Saarprovinz mit einer ansehnlichen zivilen Bevölkerung, die „mehrenteils aus Franzosen und Welschen“‘ bestand und „aus gar wenig Teutschen“.
Erbaut in extrem kurzer Zeit, in Kriegszeiten und auf dem Höhepunkt und Wendepunkt der Macht Ludwigs XIV. wurde sie schließlich als Faustpfand gehandelt und für den Frieden ‘„geopfert“‘, zerstört und dem Erdboden gleich gemacht.
Die einstmalige Bedeutung und Größe der Festung als riesige Operationsbasis der Rheinarmee und als mächtiges Versorgungsdepot geriet bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fast völlig in Vergessenheit. Es ist dem Heimatbildner Dr. Ernst W. Spies aus Traben-Trarbach zu verdanken, daß der Mont-Royal in den dreißiger Jahren eine Art Wiederauferstehung erfuhr. Auf der Grundlage seiner Recherchen in Pariser Militärarchiven unternahm er, zusammen mit freiwilligen Helfern aus den umliegenden Ortschaften, die Freilegung noch recht gut erhaltener Relikte : Brunnen, Gewölbekeller, Wehrgänge, Flankenbatterien etc. - mit der erklärten Absicht, den Tourismus an der Mittelmosel durch ein spektakuläres Alleinstellungsmerkmal zu beleben.
In dieser Zeit erfuhr der Mont-Royal allerdings auch durch die Förderung der Ausgrabungen durch hochrangige Vertreter des NS-Regimes eine verhängnisvolle Instrumentalisierung als „Symbol der gescheiterten französischen Rheinlandpolitik“ und als „Ausfalltor französischen Machthungers“.
Für eine lange Zeit nach dem Krieg wurden die Ausgrabungen dann mehr oder weniger dem allmählichen Verfall preisgegeben. Als touristische Attraktion spielte die ehemalige Festung keine ihr angemessene Rolle mehr.
Erst seit der Aufnahme von 12 Vauban-Festungen ins Weltkulturerbe der Unesco im Jahre 2008 glaubte man hoffen zu dürfen, daß diese Entscheidung auch für die Festungruine Mont-Royal neue Perspektiven eröffnen könnte. In den letzten Jahren haben sich demzufolge Vereine und Heimatforscher mit neuem Schwung der Inwertsetzung der Festungsruine angenommen, durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen, durch Vorträge und Ausstellungen und durch fachmännische Führungen durch die Ausgrabungen. Kontakte wurden geknüpft zu internationalen Netzwerken und anderen Vauban-Festungen im In- und Ausland. Ein reger Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit ausgewiesenen Fachleuten in Frankreich führte zur Teilnahme an zahlreichen Tagungen und zur Ausrichtung internationaler Treffen.
Die Festungsruine heute
Der derzeitige Zustand der Ruine der ehemaligen französischen Festung (ebenso wie der der Grevenburg) stellt allerdings die Stadt als Eigentümer vor fast unlösbare Probleme. Aus eigenen Mitteln ist ihr die dauerhafte Erhaltung der sehenswerten Relikte, der riesigen Gewölbekeller, der freigelegten Flankenbatterien, der Wehrgänge und Festungsmauern kaum möglich.
So kann man nur hoffen, dass der besondere Wert dieses einzigartigen Denkmals deutsch-französischer Geschichte erkannt wird und mit Fördermitteln des Landes, des Bundes und der EU dem Verfall des Mont-Royals ( und der Grevenburg ) Einhalt geboten werden kann.
Aber sehenswert sind die Ausgrabungen allemal und der Besucher wird bei einem geführten Rundgang von den Dimensionen der Befestigungsanlage beeindruckt und von der einzigartigen Lage der ehemaligen Festung und der wunderschönen Mosellandschaft begeistert sein - zumal nun auch noch am rechten Moselufer der sog. „Franzosensteig“ fertiggestellt wurde, der im engen Zusammenhang mit der Festung Mont-Royal steht.
(Lutz Reichardt, Traben-Trarbach, 2024)
Quellen
Registres des Baptemes, Mariages & Mortuaires de la Parroisse de Sainct Louis Patron du Mont Royal (1687-98)
Kopie in der Bibliothek des Mittelmosel-Museums in Traben-Trarbach (Reg.Nr.HTT 259) - Original im Stadtarchiv in Saarlouis
Internet
res.deskline.net: Flyer ehemalige Festung Mont Royal (abgerufen am 27.05.2024)